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Im Test. Die bundesweiten Prüfungen sollen pro Fach 90 Minuten dauern. Foto: dpa

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Bundesweite Schulprüfungen: Einheits-Abi in drei Fächern

Deutsch, Englisch, Mathe: Experten fordern bundesweite Kernprüfungen im Abitur. Sie sollen zusätzlich zu den bereits bestehenden Landesklausuren geschrieben werden.

Im Jahr 2018 könnte es soweit sein, Ende April oder Anfang Mai: Erstmals legen deutschlandweit alle Abiturienten an einem Tag einheitliche Prüfungen ab. Von Rügen bis zum Bodensee sitzen die Schülerinnen und Schülern über denselben Aufgaben, und zwar in den Fächern Deutsch, Mathematik und Englisch. Jedes Fach wird schriftlich abgeprüft, die Tests dauern jeweils 90 Minuten.

Ein solches Szenario – genannt „Gemeinsames Kernabitur“ – schlägt jetzt der von der Bayrischen Wirtschaft getragene „Aktionsrat Bildung“ in einem Gutachten vor. Dem Gremium gehören der Pisa-Forscher Manfred Prenzel und der Präsident der Uni Hamburg, Dieter Lenzen, sowie sieben weitere Wissenschaftler an. Mit einem solchen Kernabitur würde die bundesweite Vergleichbarkeit des Abiturs verbessert, heißt es.

Ein „Bundeszentralabitur“ soll das nach Vorstellungen der Autoren noch nicht sein. Vielmehr sollten die einheitlichen Kernprüfungen nur zehn Prozent der Gesamtnote ausmachen. Alle anderen Bestandteile der bisherigen Abiturprüfungen – wie weitere Klausuren in den Kernfächern, zusätzliche schriftliche und mündliche Prüfungen in anderen Fächern – würden wie bisher landesspezifisch durchgeführt und ebenfalls in den Notenschnitt einfließen. So bleibe den Bundesländern und den einzelnen Schulen „weiter Raum für Flexibilität und Schwerpunktsetzungen“.

Ein deutschlandweites Zentralabitur – in welcher Form auch immer – wird von verschiedenen Seiten immer wieder gewünscht. Einige Länder haben bereits angekündigt, ihre Aufgaben vereinheitlichen zu wollen. Zuletzt gehörten zu diesem Bündnis Bayern, Baden-Württemberg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern. Bisher ist allerdings unklar, wie weit diese Länder wirklich gehen wollen. Ende vergangenen Jahres hieß es lediglich, man wünsche einen gemeinsamen Aufgabenpool, aus dem sich die Länder bedienen könnten. An ein gemeinsames Datum war da gar nicht gedacht. Auf Landesebene haben außer Rheinland-Pfalz inzwischen alle Länder zentrale Abiturprüfungen eingeführt. Einige wie Bayern oder Niedersachsen prüfen alle Fächer zentral, andere die Hauptfächer. Trotzdem „scheint die Aufgabenschwierigkeit doch so weit auseinanderzuliegen, dass von einer Vergleichbarkeit noch nicht die Rede sein kann“, kritisieren die Wissenschaftler.

Sie regen nun an, mit dem bundesweiten Kernabitur vor allem die neuen nationalen Bildungsstandards für das Abitur in Deutsch, Englisch und Mathematik abzufragen. „Zentrale Voraussetzungen für einen Hochschulzugang“ sollten geprüft werden. Den Autoren geht es vor allem um das Verstehen von Sachtexten, wobei die Abiturienten hauptsächlich Multiple-Choice-Fragen beantworten. „Literarische Werke und spezifische Literaten“ sollten die Schüler dagegen in den dezentralen Prüfungen interpretieren, heißt es.

Auf die Entwicklung von bundesweiten Bildungsstandards für das Abitur – neben den drei genannten Fächern sollen auch Standards für Französisch entwickelt werden – hatten sich die Kultusminister 2007 geeinigt. Die Standards sollen die seit den siebziger Jahren geltenden „Einheitlichen Prüfungsanforderungen“ für das Abitur ablösen. Eigentlich sollten die Standards 2010 verabschiedet werden. Jetzt wird es nach Auskunft der Kultusministerkonferenz im Sommer 2012 soweit sein. Die Standards erarbeitet das Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) an der Humboldt-Universität. Die Autoren des Gutachtens setzen sich auch deswegen für das Kernabitur ein, weil bisher gar nicht entschieden sei, ob die Standards nur als unverbindliche Vorgaben dienen oder tatsächlich in Testverfahren umgesetzt werden, wie sie kritisieren. Berlins Bildungssenator Jürgen Zöllner erklärte als Reaktion auf den Vorschlag, dass sich Berlin und Brandenburg mit ihrem länderübergreifenden Zentralabitur in vier Fächern „in einer Vorreiterrolle“ befänden.

Das IQB würde nach den Vorstellungen der Autoren auch die Aufgaben für das Kernabitur entwickeln und auswerten. Bereits im kommenden Jahr sollten die Bundesländer einen Staatsvertrag über die Einführung eines Kernabiturs schließen, damit es im Jahr 2018 gemeinsam losgehen kann. Das Abitur würde so auch „gesellschaftlich deutlich aufgewertet“, heißt es. Den Autoren schwebt vor, die Reifeprüfung künftig öffentlich „zu inszenieren“. Ein Teil der Aufgaben würde nämlich freigegeben, heißt es, „öffentliche Personen und alle Bildungsinteressierten können sich darin üben“: „Dies würde öffentlich die Freude an der Bildung vermitteln.“

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