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Forscherin am Mikroskop

© picture-alliance/ dpa

Charité und MDC: Das BIG will größer werden

Das Berliner Institut für Gesundheitsforschung (BIG) wurde am Dienstag mit einem Festakt eröffnet. Der Vorstandsvorsitzende Rietschel warb sogleich für einen zentralen Neubau.

„Die Nöte der Menschen“ sollen im Mittelpunkt der Arbeit am Berliner Institut für Gesundheitsforschung (BIG) stehen. Das betonte der Vorstandsvorsitzende des BIG, Ernst Theodor Rietschel, als er das Institut am Dienstag feierlich eröffnete. Mit dem Festakt auf dem Charité-Campus ist das bundesweit aufsehenerregende Projekt nun auch offiziell gestartet. Am BIG wird die medizinische Forschung der Charité mit der Grundlagenforschung des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin (MDC) der Helmholtz-Gemeinschaft zusammengeführt.

Aus Berliner Sicht liegt der Coup darin, dass es dem ehemaligen Berliner Wissenschaftssenator Jürgen Zöllner (SPD) gelungen ist, den Bund als Hauptfinanzier ins Boot zu holen. Er wird 90 Prozent der Mittel übernehmen, 300 Millionen Euro sollen bis 2018 in das BIG fließen. Bundesweit gilt das BIG als Modell für eine Institution, über die der Bund sich dauerhaft für eine Hochschule finanziell engagieren kann – die Charité ist die medizinische Fakultät von Freier Universität und Humboldt-Universität. Zugleich wollte Zöllner dem Berliner Senat das Versprechen abringen, im Gegenzug die Berliner Projekte aus der Exzellenzinitiative nach 2017 weiterzufinanzieren. Das gelang nicht in vollen Umfang – das Land verpflichtet sich aber, den Landesanteil von 25 Prozent fortzuschreiben.

Bundesministerin Johanna Wanka (CDU) erwartet vom BIG nun „bahnbrechende Impulse für die Gesundheit der Menschen“. Wissenschaftssenatorin Sandra Scheeres (SPD) hofft, dass ein „Zentrum von Weltrang“ entsteht, von dem die Wissenschaftsregion Berlin stark profitiert. „Es geht darum, Grundlagenforschung schneller in Diagnosen und Therapien umzusetzen, mit denen Ärzte arbeiten können“, sagt Rietschel, Chemiker und ehemaliger Präsident der Leibniz-Gemeinschaft. Die beiden Bereiche hätten sich auseinander entwickelt, auch weil der ökonomische Druck auf Klinikärzte so groß geworden sei, dass kaum noch Zeit für Forschung bleibe. Zudem ziehe sich die Pharmaindustrie mehr und mehr aus der Forschung zurück. Diese Lücken solle nun das BIG mit seinem großen Projekt der translationalen Medizin schließen.

Verschiedene Krankheiten - eine Ursache

Gemeinsam überwinden sollen die Grundlagenforscher und die Ärzte auch die klassische Betrachtung von Krankheiten als Fehlfunktion von Organen. Nach dem neuen integrativen Ansatz der Systemmedizin werden übergreifende Prozesse und gemeinsame Komponenten von Krankheiten und ihrer Heilung in den Blick genommen. Gelegentlich sei nur ein einziger Reaktionstyp für vermeintlich unterschiedliche Krankheitsbilder verantwortlich, erklärt Rietschel. Das sei etwa bei der Entzündungsreaktion der Fall, die bei Rheuma und chronischen Darmerkrankungen ebenso bedeutsam ist wie bei Neurodermitis und dem Alterungsprozess. Aus solchen Erkenntnissen sollen am BIG Therapien entwickelt werden.

Zusammenkommen werden die Forscherteams in Klinischen Forschungseinheiten (clinical research units), die an allen Standorten der Charité und am MDC-Standort in Berlin-Buch entstehen. Ausgestattet werden sie mit Untersuchungsräumen, Betten für die Patienten, Laboren und Dokumentationssystemen für Patientendaten.

Mit dem Neubau soll ein neuer Name kommen

Die erste Ausschreibung sei für Herbst dieses Jahres geplant, sagt Rietschel. Daneben werde ein Ausbildungs- und Rekrutierungsprogramm für junge Ärzte in der Forschung und junge Forscher in der Medizin entwickelt. Für die Berufung von Professoren und Gastwissenschaftlern sowie für die Nachwuchsförderung stehen dem BIG zusätzlich 40 Millionen aus dem Vermögen von der Unternehmerwitwe Johanna Quandt zur Verfügung, die auch die Charité-Stiftung finanziert. Rietschel warb beim Festakt auch für einen zentralen Neubau, der den Titel „Berlin Center for Translational Medicine“ tragen könnte.

Nachdem der Gründungsvertrag des BIG steht und der Vorstand bestellt ist, „sind wir beschluss- und arbeitsfähig“, sagte Rietschel dem Tagesspiegel. Im Vorstand sind neben Rietschel die Chefs der Charité, Karl Max Einhäupl, und des MDC, Walter Rosenthal, sowie Charité-Dekanin Annette Grüters-Kieslich vertreten. Vorsitzender des Aufsichtsrats ist Staatssekretär Georg Schütte im Bundesforschungsministerium. Die ersten zwei Jahre gelten als Übergangsphase der Teilfusion von Charité und MDC, bis 2015 soll das Institut per Landesgesetz als Körperschaft des öffentlichen Rechts etabliert werden. In den ersten beiden Jahren finanziert die Helmholtz-Gemeinschaft das BIG mit 12 Millionen Euro für 2013 und 26 Millionen für 2014. In diesem Jahr könne er sicher noch nicht so viel Geld ausgeben, sagt Rietschel. Aber die Mittel seien übertragbar.

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