zum Hauptinhalt
Nur ein Bruchteil der 2,8 Millionen Studierenden hat ein Darlehen aufgenommen.

© dpa

CHE-Studienkredite-Test: Darlehen? Lieber nicht, sagen Studierende

Angst vor Schulden: Immer weniger Studierende in Deutschland nehmen ein Darlehen auf. Das zeigt eine Erhebung des CHE.

Studierende nehmen seltener einen Kredit auf, um ihr Studium zu finanzieren. Bundesweit wurden im Jahr 2015 rund 53 000 Studienkredite neu beantragt, 6000 weniger als im Jahr zuvor. Das entspricht einem Rückgang von mehr als zehn Prozent. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Erhebung des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE), das jährlich Studienkredite testet.

Angesichts von insgesamt fast 2,8 Millionen Studierenden in Deutschland finanziert sich somit nur ein Bruchteil über ein Darlehen. Dass trotz steigender Studierendenzahlen sogar weniger einen Kredit in Anspruch nehmen, sei „bemerkenswert“, erklärt Ulrich Müller, Leiter des Bereichs politische Analysen beim CHE, einem marktliberalen Gemeinschaftsprojekt der Bertelsmann-Stiftung und der Hochschulrektorenkonferenz.

Ein Grund für den Rückgang könnten Flexibilisierungen beim Bachelor- und Masterstudium sein, etwa bei den Anwesenheitspflichten, die mehr Raum fürs Arbeiten neben der Uni schaffen, sagt Müller: „Vielleicht ziehen doch viele Studierende den Nebenjob der Verschuldung vor.“ An der Bafög-Erhöhung könne es jedenfalls nicht liegen: Denn die greift erst im Herbst.

Bei Schulden sind Studierende "zurückhaltend"

Insgesamt gehen Studierende laut Müller mit dem Thema Schulden „zurückhaltend und weitsichtig“ um. So würden beim am meisten nachgefragten Studienkredit – dem der staatlichen KfW-Bankengruppe – im Schnitt statt der maximal möglichen 650 Euro pro Monat 521 Euro beansprucht. Das CHE rät Studierenden vor der Aufnahme eines Darlehens zu klären, wie viel Geld sie monatlich wirklich brauchen. Sie sollten zunächst andere Möglichkeiten der Finanzierung ausschöpfen, die mit weniger oder keinen Rückzahlungsverpflichtungen verbunden sind – etwa Stipendien, Unterstützung durch die Eltern oder Bafög. „Auch ein studienfachnaher Nebenjob kann in vielen Fällen ein großes ‚Plus‘ für den Berufseinstieg bedeuten und von daher sinnvoller als ein Kredit sein“, rät das CHE.

Das CHE testete im Rahmen seiner Erhebung 39 Kreditangebote für Studierende (hier geht es zur gesamten Studie). Wie auch bei seinem Hochschulranking verzichtet die Einrichtung darauf, eine Rangfolge der Anbieter aufzustellen. Denn je nachdem, was Studierende von dem Kredit erwarten, seien die Bedingungen unterschiedlich: Wer etwa darauf Wert legt, mit dem Kredit auch ein Auslandssemester finanzieren zu können, muss dafür eventuell höhere Kosten in Kauf nehmen.

"Keine großen Sorgen" um die Qualität der Studienkredite

Gewarnt werden Studierende vor Angeboten mit variierendem Zinssatz. Dabei wird der Zinssatz für die Rückzahlungsphase erst nach dem Studienabschluss festgelegt, der Satz könnte dann überraschend steigen. Gerade angesichts der aktuellen Niedrigzinsphase müssten Kreditnehmer an Klarheit und Sicherheit der Zinssätze von Anfang bis zum Ende interessiert sein. Insgesamt müssten sich Studierende aber „keine großen Sorgen um die Qualität der Angebote machen“, heißt es beim CHE.

Unter den Darlehensangeboten sind zwei mit großem Abstand die beliebtesten: Der Studienkredit der KfW-Bankengruppe, der mit maximal 650 Euro im Monat die gesamte Studienzeit finanzieren kann, sowie der Bildungskredit des Bundesverwaltungsamts, mit dessen Hilfe maximal zwei Jahre vor dem Studienabschluss überbrückt werden können (bis zu 300 Euro im Monat). 94 Prozent der Vertragsabschlüsse fallen auf einen dieser beiden Anbieter.

Manche Banken ziehen sich zurück

Der KfW-Kredit landet in der Bewertung mehrerer Kriterien allerdings nur in der Mittelgruppe. So sind die Zinsen und die Kosten vergleichsweise hoch (derzeit gut vier Prozent); auch können die Zinssätze im Laufe der Zeit verändert werden, wenn nicht vorab ein Festzinssatz vereinbart wird. Auslandssemester sind nicht möglich. Als positiv wertet das CHE unter anderem, dass die Rückzahlung erst ab einem Netto-Einkommen von aktuell 1080 Euro fällig wird.

Der Bildungskredit ist dagegen derzeit deutlich billiger (0,87 Prozent Zinsen) – allerdings kritisiert das CHE, dass der Zinssatz durchgehend variabel sei.

Auffällig ist, dass die meisten Darlehen von öffentlichen Anbietern stammen – wie der KfW, dem Bundesverwaltungsamt oder vielen Studierendenwerken. Private Banken mischen dagegen weniger mit. Und auch für die Sparkassen scheint sich das Geschäft mit Studierenden wenig zu lohnen: Die Sparkasse Hamburg etwa hat in diesem Jahr ihren Studienkredit vom Markt genommen.

Zur Startseite