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Chemie: Metallgeruch ist Körpergeruch

Warum riecht Metall? Die verblüffende Antwort auf diese Frage lautet: Metall riecht nicht. Es ist der Mensch, der Eisen und Kupfer zum Miefen bringt.

Wer ein Eisengeländer, einen Türgriff oder Stahlbesteck anfasst, kann danach an seinen Händen oft eine Art metallischen Geruch feststellen. Dietmar Glindemann und seine Assistenten, Chemiker von der Universität Leipzig, behaupten jedoch, dass es gar nicht das Metall ist, das riecht.

Die Forscher haben herausgefunden, dass der muffige Geruch von chemischen Stoffen in der Haut kommt, die bei Kontakt mit Eisen sofort umgewandelt werden. Ihre genauen Ergebnisse wurden in der internationalen Ausgabe von Angewandte Chemie1 veröffentlicht.

Ganz ähnlich verhält es sich mit Kupfer. Das erklärt, warum die Finger nach Metall riechen, wenn man mit Münzen aus Kupferlegierungen bezahlt hat. "Wenn Ihnen ein Verkäufer eine Münze herausgibt," so Glindemann, "dann riechen Sie seinen Körpergeruch."

Die geruchvollen Reaktionen der Metalle vermitteln uns den "Sinneseindruck, dass es das Metall selbst ist, das riecht, gleich nachdem wir es angefasst haben," so die Forscher. In anderen Worten: ein "metallischer" Geruch ist lediglich eine auf Assoziationen beruhende Annahme.

Handschweiß

Der Anfang von Glindemanns Untersuchungen liegt Jahre zurück, als er die Ursache für den knoblauchähnlichen Geruch, den Eisen annimmt, kurz nachdem es von einer schweißigen Hand berührt wurde, ergründen wollte. Dabei fand er heraus, dass verschiedene im menschlichen Schweiß vorhandene Säuren Reaktionen von Kohlenstoff und Phosphorverunreinigungen, die typischerweise in Eisen enthalten sind, auslösen, deren Endprodukte unangenehm riechende flüchtige Moleküle, so genannte Organophosphine (1), sind.

Aber der "Metallgeruch", der auf der Hand zurückbleibt, wenn man Eisen oder Kupfer anfasst, ist anders als der Geruch von Metall, das im Labor mit Säuren in Verbindung kam. "Dieses Problem hat mich fünf oder sechs Jahre lang umgetrieben," sagt Glindemann.

Der Durchbruch kam mit der Zusammenarbeit mit Andrea Dietrich, einer Umweltchemikerin am Virginia Polytechnic Institute and State University in Blacksburg. Sie hatte versucht, herauszufinden, warum sich so viele Menschen über einen metallischen Geschmack im Trinkwasser beschweren.

Ihre Untersuchungen zum Metallgeschmack führten sie zum Metallgeruch. So geriet sie an Glindemann, mit dem sie das Problem gemeinsam löste.

Die Forscher fingen die von der Haut von Menschen, die Eisengegenstände angefasst hatten, entströmenden Dämpfe ein und untersuchten deren chemische Zusammensetzung. Die Gase bestanden unter anderem aus Aldehyden und Ketonen, die oft einen starken und markanten Geruch haben. So ist das beliebte Konservierungsmittel Formalin, eine Formaldehydlösung2, für den charakteristischen Geruch alter Anatomiesäle verantwortlich, während das Keton Aceton den starken Lösungsmittelgeruch von Nagellackentferner hervorbringt.

Diese Stoffe entstehen durch schnelle Reaktionen von Eisen oder Kupfer mit Fettsubstanzen auf unserer Haut.

Gibt's hier Pilze?

Einer dieser Stoffe heißt 1-Octen-3-on3. Es ist in den Dämpfen der Haut enthalten, die mit Eisen in Berührung gekommen ist, und riecht besonders stark. Der Mensch kann es schon in sehr geringer Konzentration wahrnehmen, und zwar als pilzartigen, metallischen Geruch.

Die Wissenschaftler glauben, dass jeder Mensch, sobald er Metall berührt, eine leicht unterschiedliche Mischung dieser Duftstoffe produziert, und dass diese Zusammensetzung sich ändert, wenn er eine Krankheit wie zum Beispiel Krebs hat. Die Analyse der Stoffe im "Eisengeruch" eines Menschen kann also vielleicht eine neue Diagnoseform sein. "Im Augenblick untersuchen wir, ob der Geruch, den Eisen auf der Haut verursacht, Hinweise auf bestimmte Krankheiten liefern kann," so Glindemann.

Die Reaktionen könnten auch die Frage von Andrea Dietrich beantworten, warum man beim Trinken von Wasser manchmal einen metallischen Geschmack im Mund hat: Organische Bestandteile der Nahrung könnten mit Rost im Wasser reagieren und so die unerwünschten Duftstoffe produzieren.

(1) Glindemann, D., et al. Angew. Chem. Int. Ed., 45. 7006 - 7009 (2006).

Dieser Artikel wurde erstmals am 2.11.2006 bei news@nature.com veröffentlicht. Übersetzung: Rainer Remmel. © 2006, Macmillan Publishers Ltd

Philip Ball

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