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Gefäßleiden vorbeugen. Statine senken den Cholesterinspiegel - und damit das Risiko von Herzinfarkt und Schlaganfall.

© AFP

Cholesterinsenker: Gut für Herz und Hirn

Cholesterinsenker sind nützlicher als oft angenommen. Nebenwirkungen werden dagegen laut einer britischen Untersuchung überschätzt.

Cholesterinsenker verringern das Risiko von Herzinfarkten und Schlaganfällen. Kein Wunder, dass die Wirkstoffe aus der Gruppe der Statine zu den am häufigsten verordneten Arzneimitteln gehören. In Deutschland bekommen fünf Millionen Menschen Statine verschrieben. Doch ist fraglich, ob alle die Mittel auch einnehmen. Denn Cholesterinsenker haben wegen ihrer Nebenwirkungen eine schlechte Presse, wie ein Blick ins Internet offenbart. Vor allem in englischsprachigen Ländern wie Großbritannien und Australien veranlassten negative Medienberichte Patienten massenhaft dazu, die Mittel abzusetzen.

Eine Gruppe von Forschern um Rory Collins von der Universität Oxford holt nun zum Gegenschlag aus. Im Fachblatt „Lancet“ (Online-Ausgabe) haben die Wissenschaftler auf 30 eng bedruckten Seiten eine umfassende Nutzen- und Risikoeinschätzung der Statine veröffentlicht, die eindeutig zugunsten der Medikamente ausfällt. Danach überwiegt ihr Nutzen den möglichen Schaden durch Nebenwirkungen bei weitem.

Je größer das Risiko, umso größer der Nutzen der Medikamente

Statine (verbreitet sind Atorvastatin, Pravastatin, Rosuvastatin und Simavastatin) hemmen die Bildung des Cholesterins in der Leber. In der Folge sinkt die Konzentration des „bösen“ gefäßschädigenden LDL-Cholesterins im Blut. Dabei gelten zwei Faustregeln: Je ausgeprägter die Cholesterinsenkung, umso größer der Nutzen. Und: Je höher das Risiko eines Patienten, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden, umso mehr profitiert er von den Statinen. Ihre Wirkung entfalten sie bei Männern wie Frauen, Rauchern und Nichtrauchern, Jüngeren und Älteren sowie bei normalem wie erhöhtem Cholesterinspiegel. Da die meisten Wirkstoffe keinen Patentschutz mehr haben, ist die Behandlung preiswert und beläuft sich auf wenige Euro Tablettenkosten im Monat.

Wird das LDL-Cholesterin mit einem Statin bei 10000 Personen über fünf Jahre dauerhaft und deutlich gesenkt (um zwei mmol/l oder 80 mg/dl), dann können damit in diesem Zeitraum 1000 größere Herz-Kreislauf-„Ereignisse“ (Herzinfarkt, Schlaganfall, BypassOP) bei bereits Gefäßkranken verhindert werden. Jeder zehnte herzkranke Patient profitiert also. Werden Personen behandelt, die ein erhöhtes Risiko für ein Gefäßleiden haben, aber noch nicht erkrankt sind, dann entgehen 500 von 10000 einem Infarkt, Schlaganfall oder einer Operation. Der Nutzen ist also um die Hälfte geringer. An dieser Risikoeinschätzung können sich Patienten und Ärzte orientieren und eine gut informierte Entscheidung treffen, hoffen die Forscher.

Die meisten Nebenwirkungen verschwinden nach dem Absetzen des Medikaments

Deutlich seltener kommt es zu bedenklichen Nebenwirkungen. Bei fünf von 10000 Patienten kann ein Muskelleiden (Myopathie) auftreten, bei fünf bis zehn eine Hirnblutung und bei 50 bis 100 Personen eine Zuckerkrankheit (Diabetes). 50 bis 100 Patienten haben weitere Symptome, zum Beispiel Muskelschmerzen. Allerdings sind die meisten Nebenwirkungen durch Absetzen oder Wechsel des Medikaments aus der Welt zu schaffen. Ein Herzinfarkt oder Schlaganfall hinterlässt dagegen unumkehrbare Schäden und kann im schlimmsten Fall auch tödlich enden.

Statinen werden noch weitere gute wie schlechte Wirkungen zugeschrieben. So sollen sie das Krebsrisiko und die Gefahr von Infektionen senken. Auf der anderen Seite drohen angeblich Gedächtnisverlust, Augenlinsentrübung (grauer Star), Nieren- und Leberschäden, Schlafstörungen, Impotenz, Aggression, Nervenleiden und mehr. Für all diese Behauptungen gibt es keine gesicherten Belege für einen ursächlichen Zusammenhang mit der Einnahme von Statinen.

Dass die Häufigkeit von Nebenwirkungen überschätzt wird und Statine oft zu Unrecht bezichtigt werden, hat seinen Grund auch in der begrenzten Aussagefähigkeit und falschen Interpretation bestimmter wissenschaftlicher Studien, argumentieren die Forscher. Die Wirksamkeit der Statine ist durch hochwertige Untersuchungen belegt, in denen eine Medikamentenbehandlung mit der durch ein Scheinmedikament verglichen wird. Diese Studien erlauben es, einen Zusammenhang von Ursache (Einnahme eines Cholesterinsenkers) und Wirkung (kleineres Infarktrisiko) herzustellen. Bei Beobachtungsstudien und Fallberichten, die oft Meldungen über Nebenwirkungen zugrunde liegen, ist diese Zuordnung oft nicht möglich.

Geschieht das dennoch, sind überzogene Anschuldigungen die Folge – und oft unbegründete Angst beim Patienten.

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