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Wissen: Darmkeime helfen bei der Krebstherapie Antibiotika könnten sie aber dabei stören

Es waren Klagen, die sie immer wieder hörte. Patienten, die zum Beispiel wegen eines Brustkrebses oder eines Hirntumors das Zellgift Cyclophosphamid bekamen, kämpften bald mit Verdauungsproblemen.

Es waren Klagen, die sie immer wieder hörte. Patienten, die zum Beispiel wegen eines Brustkrebses oder eines Hirntumors das Zellgift Cyclophosphamid bekamen, kämpften bald mit Verdauungsproblemen. Laurence Zitvogel vom Institut Gustave Roussy in Villejuf und ihre Kollegen wollten es genauer wissen und behandelten deshalb Mäuse mit dem Mittel. Wie sie nun im Fachblatt „Science“ schreiben, wurde während der Chemotherapie die Darmwand der Mäuse durchlässiger, so dass einige Bakterien ins Lymphsystem eindringen konnten.

Und das war keineswegs nebensächlich. Die Bakterien riefen eine Entzündungsreaktion hervor, aus unreifen Immunzellen bildeten sich spezielle T-Zellen (TH17). Diese Immunabwehrzellen erkennen den Tumor und sorgen dafür, dass er bekämpft wird. So helfen Darmkeime möglicherweise bei der Krebstherapie, meinen die Forscher. Bei Mäusen, denen die Keime fehlten, wuchsen die Tumoren trotz Therapie weiter.

Im menschlichen Organismus kommen auf jede Zelle etwa zehn Keime, insgesamt machen sie bis zu zwei Kilo des Körpergewichts aus. Wie wichtig dieses Zusammenleben mit Mikroben ist, wurde in den letzten Jahren immer deutlicher. Die Nützlinge im Darm spalten nicht nur Nahrung auf und produzieren Vitamine. Sie wehren auch gefährliche Erreger ab und stärken das Immunsystem.

Dass Darmkeime die Wirksamkeit einer Chemotherapie beeinflussen können, zeigten auch amerikanische Forscher um Giorgio Trinchieri und Romina Goldszmid vom Nationalen Krebsinstitut in Frederick, Maryland. Sie ließen bei Mäusen, die entweder keimfrei aufgezogen wurden oder mit einem Antibiotikacocktail behandelt wurden, der die Darmflora stark beeinträchtigt, Tumoren wachsen. Bei diesen Tieren versagte sowohl die Therapie mit Oxaliplatin als auch mit einer experimentellen Immuntherapie. Bei gesunden Mäusen wirkten beide Mittel. Die Darmkeime waren nötig, um eine Entzündung in der Umgebung des Tumors auszulösen, meinen die Forscher.

Inwiefern sich das auf den Menschen übertragen lässt, ist noch unklar. Schließlich haben wir andere Mitbewohner im Darm. Möglicherweise könne man künftig die Effektivität von Krebsmedikamenten mithilfe der Darmkeime verbessern, schreiben Goldszmid und ihre Kollegen. Eine Behandlung mit Antibiotika – die gerade bei geschwächten Krebspatienten oft nötig ist – könnte für sie allerdings bislang ungeahnte Risiken mit sich bringen, warnt das Team um Zitvogel. jas

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