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Demenz: Demenz verursacht im Frühstadium Gewichtsverlust

Ein Jahrzehnt bevor der geistige Verfall einsetzt zeigen Frauen erste körperliche Veränderungen

Forscher haben ein einfaches körperliches Symptom entdeckt, das die ersten subtilen Veränderungen des Gehirns, die zu Demenz führen, begleitet. Frauen, die später an Demenz erkranken werden, beginnen mindestens zehn Jahre vor Stellung der Diagnose Gewicht zu verlieren, erklären Forscher der Mayo Klinik in Rochester, Minnesota.

Gewichtsverlust als Symptom ist zu gewöhnlich und verbreitet, als dass er als Frühwarnsignal für geistigen Verfall dienen könnte, Wissenschaftler hoffen jedoch, dass ähnliche körperliche Veränderungen genutzt werden können, um eine Demenz zu erkennen, bevor der Verlust des Gedächtnisses einsetzt.

David Knopman, Leiter der Studie, die in Neurology (1) veröffentlicht wurde, ist der Ansicht, dass Frauen Gewicht verlieren, weil sie aufgrund des einsetzenden Schadens im Gehirn das Interesse an Nahrung verlieren. Er spekuliert, dass die Krankheit Apathie verursachen oder den Geruchs- und Geschmackssinn abstumpfen lassen könnte, wodurch Nahrung weniger attraktiv erschiene.

Neurologen vermuten seit langem, dass Krankheiten wie zum Beispiel Alzheimer zehn bis zwanzig Jahre vor der Diagnosestellung beginnen. Frühe Veränderungen auszumachen, hat sich allerdings als schwierig erwiesen. Diese ist eine von wenigen Studien, die eine Verbindung zwischen körperlichen Symptomen und beginnender Demenz untersuchten.

"In Bezug auf unser Denken über Demenz ist dies eine interessante Entdeckung", sagt Robert Stewart, Epidemiologe am Londons's Institute of Psychiatry, der bereits früher einen Hinweis auf den Zusammenhang von Demenz und Gewichtsverlust entdeckt hatte (2).

Knopman zufolge besteht das nächste Ziel darin, besser zu verstehen, wieso es zu Gewichtsverlust kommt, und hoffentlich weitere, sensitivere Marker für beginnenden geistigen Verfall zu finden, die sich anhand von Blutproben oder Gehirnscans nachweisen lassen.

Soziale Unterschiede

Die Verbindung zwischen beginnender Demenz und Gewichtsverlust konnte anhand der ungewöhnlich umfangreichen medizinischen Unterlagen hergestellt werden, die die Mayo Klinik als Teil des Rochester Epidemiology Projekt vorhält, das vor über 40 Jahren ins Leben gerufen wurde, um exakte Daten zu nahezu allen schwerwiegenden Erkrankungen zu erhalten. 295 Patienten, bei denen Demenz diagnostiziert wurde, wurden nach dem Zufallsprinzip mit gesunden Personen ihres Alters und Geschlechts verglichen, wobei ihr Gewicht im Laufe der Jahre bis zur Diagnose abgeglichen wurde.

Im Alter von 40 Jahren wogen beide Gruppen dasselbe. Zu dem Zeitpunkt, als der Gedächtnisverlust diagnostiziert wurde, wogen die Demenzpatienten im Durchschnitt 5,4 Kilogramm weniger als die Personen der Kontrollgruppe.

Als Knopman und seine Kollegen die Daten von Frauen und Männern splitteten, erkannten sie, dass die Differenz den Frauen zuzuschreiben war. Und die Gewichtsabnahme begann ein Jahrzehnt vor der klinischen Diagnose der Demenz deutlich zu werden. Im Gegensatz zu Stewarts früherer Studie mit Männern, konnte Knopmans Team keinen Gewichtsverlust bei männlichen Demenzpatienten erkennen.

Dieser Unterschied könnte soziale Ursachen haben, meint Knopman. In den Bevölkerungsgruppen, die er untersucht hat, ist es eher üblich, dass Männer bekocht werden, weshalb das Vergessen oder Desinteresse am Essenkochen kein so großes Problem sei. Im Zuge seiner klinischen Tätigkeit konnte Knopman beobachten, dass an Demenz erkrankte Frauen wieder Gewicht zunahmen, wenn sie in einer betreuten Wohneinrichtung lebten, wo für die Mahlzeiten gesorgt wurde.

Knopman zufolge ist es unwahrscheinlich, dass der Gewichtsverlust die Ursache und nicht die Folge der Erkrankung ist. Der Gewichtsverlust bei Fortschreiten der Erkrankung ist so moderat, dass nicht anzunehmen ist, dass er ernsthafte Probleme nach sich zieht. Darüber hinaus haben frühere Studien erbracht, dass zu hohes Gewicht in mittlerem Alter das Risiko, an Demenz zu erkranken, eher erhöht als zu niedriges Gewicht.

(1) Knopman, D. S. et al. Neurology 69, 739-746 (2007). (2) Stewart, R. et al. Arch. Neurol. 62, 55-60 (2007).

Dieser Artikel wurde erstmals am 20.8.2007 bei news@nature.com veröffentlicht. doi: 10.1038/news070820-2. Übersetzung: Sonja Hinte. © 2007, Macmillan Publishers Ltd

Mary Muers

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