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Die Uni im Blick. Schon jetzt sind an Berlins Hochschulen mehr Bewerbungsanträge als im Vorjahreszeitraum eingegangen.

© FUBerlin/Bernd Wannenmacher

Den Numerus Clausus in Berlin überwinden: So kommen Abiturienten an einen Studienplatz

Die Konkurrenz um Studienplätze ist in Berlin besonders hoch - Tipps für Studieninteressierte, wie sie die Hürde Numerus Clausus überwinden.

An der Beuth-Hochschule werden die Studieninteressierten derzeit schon im Foyer persönlich begrüßt. „Der größte Teil der Bewerberinnen und Bewerber kommt in den letzten zwei Wochen vor Bewerbungsschluss“, sagt Michael Kramp, Beuth-Vizepräsident für Studium. Und damit die Abiturienten und andere Studierwillige nicht durch die Hochschule irren, können sie bereits am Eingang ihre Fragen stellen und Unterlagen abgeben. „Die Wartezeit wird so deutlich verkürzt“, hofft Kramp.

Noch bis zum 15. Juli haben Abiturienten Zeit, sich für ein NC-Fach zu bewerben. „Jetzt geht bei vielen die Panik richtig los“, sagt Jochen Ley, Leiter der Studienberatung der Humboldt-Universität. Selten haben seine Mitarbeiter und er so viele Mails bekommen wie in diesem Jahr, sagt Ley. Nervös mache viele offenbar, dass die Abiturzeugnisse in diesem Jahr in Berlin und Brandenburg sehr spät ausgestellt werden. Manche bekommen es sogar erst am Tag nach Bewerbungsschluss. Das müsse Bewerber jedoch nicht bekümmern, wenn der Notenschnitt feststeht, beruhigt Ley: Einreichen muss man das Zeugnis erst nach der Zulassung, die später erfolgt.

Traditionell ist die Konkurrenz um Studienplätze in der Hauptstadt hoch, der Andrang in diesem Jahr ungebremst, heißt es aus den Hochschulen. Bei manchen sind sogar schon mehr Bewerbungen als im Vorjahreszeitraum eingegangen – was allerdings auch daran liegt, dass Bewerber in diesem Jahr mehr Anträge stellen können: An der HU und FU zum Beispiel drei für NC-Fächer anstatt wie bislang einen Haupt- und einen Hilfsantrag. – Hier geben wir Tipps, mit welchen Strategien Abiturienten zum Studienplatz kommen.

Eine gute Note mitbringen

Zwar verzichten die Berliner Unis seit einiger Zeit vor allem in kleineren Fächern auf den Numerus clausus (NC). Doch vor großen und beliebten Fächern steht weiter diese Hürde. Numerus clausus ist lateinisch und steht für „geschlossene Zahl“. Die Hochschulen haben in solchen Fächern eine begrenzte Zahl von Studienplätzen. Die Abiturnote spielt dann immer noch die entscheidende Rolle. Der geforderte Schnitt steht nicht vorher fest, sondern richtet sich nach der aktuellen Zahl der Bewerber und deren Noten.

Einige Unis verrechnen für einen Teil ihrer Plätze andere Kriterien mit dem Abiturschnitt. An der Freien Universität zählen in der Regel Noten aus studienaffinen Leistungskursen extra. Zu viele Hoffnungen sollten sich Bewerber deswegen aber nicht machen. „Da können höchstens ein paar Zehntel gutgemacht werden“, sagt Siegfried Engl, Leiter des Info-Service Studium der FU. Die HU hat dagegen die Verrechnung von Noten einzelner Studienfächer abgeschafft: „Das Verfahren war zu kompliziert und hat nur wenig gebracht“, sagt Ley. An der HU können Bewerber aber weiterhin berufspraktische Erfahrungen einbringen – was indes auch nur „ein Gran“ weiterhilft, wie Ley sagt.

Aufs Studium warten

Einen Teil ihrer Plätze – in der Regel zwischen 20 und 50 Prozent – vergeben Hochschulen an Studierende, die Wartesemester vorweisen können. Das ist eine Chance für diejenigen ohne herausragenden Abiturschnitt. Als Wartezeit gilt jedes Halbjahr nach Ausstellung des Abizeugnisses. Wichtig: Zwischendurch darf man nicht an einer anderen Uni in Deutschland und der EU eingeschrieben sein.

In der U-18-Quote durchkommen

Für alle Berliner und Brandenburger, die am Stichtag der Bewerbung noch nicht 18 Jahre alt sind, müssen die Hochschulen fünf Prozent ihrer Studienplätze reservieren. Solange es weniger Bewerber als Plätze gibt, kommen alle durch. Ansonsten werden auch hier wieder die mit dem besten Abiturschnitt genommen. An der FU lag der bislang aber eher nicht so hoch wie in der regulären Quote, sagt Engl: „Minderjährige brauchten für BWL im letzten Jahr rechnerisch mindestens eine 2,5, Volljährige eine 1,8.“ An der Technischen Universität rechnet Claudia Cifire, die Leiterin der Allgemeinen Studienberatung, damit, dass die Minderjährigenquote stark nachgefragt sein wird. Viele Unter-18-Jährige würden sofort an die Uni gehen, weil sich ihnen kaum Alternativen bieten: „Work und Travel ist für sie noch nicht erlaubt, und mit dem Jobben ist es auch nicht so einfach.“

Den Numerus clausus umgehen

Unabhängig von der Note einschreiben: Das geht in Fächern, die gar keinen NC haben. Die TU bietet inzwischen fast die Hälfte ihrer Bachelor-Studiengänge NC-frei an, die Beuth-Hochschule elf von 70. Allerdings handelt es sich meistens um kleinere Fächer – wie auch bei den NC-freien Studiengängen an FU und HU.

Lohnt es sich, erst einmal ein NC-freies Fach zu belegen und darauf zu hoffen, parallel im Wunschfach Seminare zu belegen und dort dann später quereinzusteigen? Das halten Studienberater für keine gute Idee. „Faktisch ist das meistens gar nicht möglich“, sagt Engl. Das geht damit los, dass sich fachfremde Studierende gar nicht für Lehrveranstaltungen in NC-Fächern anmelden können, sobald diese voll sind. Viele Studiengänge sind zudem durchgängig bis zum letzten Semester zulassungsbeschränkt. Man muss also auch bei einer Bewerbung für ein höheres Fachsemester erst einen Platz bekommen.

Woanders studieren

Schon kurz hinter Berlin kommen Bewerber oft leichter an einen Studienplatz – sei es, weil der NC in sehr viel mehr Fächern wegfällt, oder weil der geforderte Notenschnitt nicht so hoch ist. „Viele pendeln zum Beispiel an die Viadrina“, sagt Engl. Die Uni in Frankfurt/Oder bietet die in Berlin sehr nachgefragten Fächer Jura und Kulturwissenschaften ohne NC an, und die Notenhürde für BWL ist erfahrungsgemäß auch nicht so hoch. An der BTU Cottbus sind praktisch alle Studiengänge zulassungsfrei.

Anderswo ist die Lage ebenfalls entspannter: Selbst an den Münchner Unis sind im Bachelor nur 39 Prozent der Studiengänge zulassungsbeschränkt (an den Berliner Unis sind es immer noch mehr als 70 Prozent). Das geht aus einer Auswertung des Centrums für Hochschulentwicklung hervor (hier die gesamte Studie). Überhaupt gehört Bayern zu den Bundesländern, in denen Hochschulen vergleichsweise selten Zulassungsbeschränkungen haben – ebenso wie Sachsen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen, wo nur gut knapp jeder zehnte Studiengang mit einem NC belegt ist.

Sich erst mal an der Uni orientieren

Wer sich noch nicht sicher ist, welches Fach es sein soll und ob ein Studium überhaupt das Richtige ist, könnte einen Praxistest vor Ort machen. Die TU bietet ein einjähriges Orientierungsstudium unter dem Titel „MINTGrün“ an, das im vergangenen Jahr 400 Studierende wählten. Sie belegen Kurse verschiedener Fächer und arbeiten in extra für sie konzipierten Laboren an eigenen Projekten. „MINT“ steht für Mathematik, Informatik, Natur- und Technikwissenschaften, inzwischen stehen Studierenden auch geisteswissenschaftliche Labore offen. Ein ähnliches Schnupperstudium kann man an der TU München sowie an der privaten Uni Witten-Herdecke belegen, wobei letztere Gebühren nimmt. Gemeinsam ist den Angeboten, dass Studienleistungen später im „richtigen“ Fach anerkannt werden.

Die TU habe bisher sehr gute Erfahrungen mit „MINTGrün“ gemacht, sagt TU-Studienberaterin Cifire: „Rund die Hälfte setzt dann auch ihr Studium an der TU fort.“ Die anderen würden doch lieber etwas anderes machen: etwa mit einer Ausbildung starten, an eine FH wechseln oder ein nicht technisches Fach wählen. Wer sich gründlich orientiere, komme sehr wahrscheinlich besser durchs Studium oder die Ausbildung, sagt Cifire: egal welchen Weg man dann einschlägt.

Ruhe bewahren

Nicht ist ärgerlicher, als wenn man eine Bewerbung einreicht, in der aus Versehen der eigene Name falsch geschrieben oder die Note falsch angegeben ist. Doch das passiert überraschend oft, sagt Jochen Ley von der HU – was Bewerbern wie auch Uni Zeit und Nerven für Berichtigungen kostet. Er empfiehlt Studieninteressierten daher: „Nehmt euch Zeit für die Bewerbung – und lest alle Angaben vor dem Absenden noch einmal durch.“

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