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Hort der Geisteswissenschaften. Die Freie Universität (im Bild ihre geisteswissenschaftliche Bibliothek) und die Humboldt-Universität sind führend.

© Wannenmacher

DFG-Förderatlas: Neues Ranking: Berlin forscht am besten

Die Berliner Unis sind bestens aufgestellt: Die Hauptstadt hat München als Spitzenstandort der Wissenschaft überholt. Die FU ist bei den Universitäten im Führungstrio, und auch HU und TU konnten sich verbessern.

Die Freie Universität Berlin gehört bundesweit zur Spitze bei den eingeworbenen Fördermitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Das geht aus dem „DFG-Förderatlas“ hervor, der am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurde. Zwischen 2008 und 2010 warben FU-Professoren insgesamt 250,8 Millionen Euro im Wettbewerb ein – die FU liegt damit auf Platz drei hinter der TH Aachen und der LMU München (siehe Grafik). Sogar auf dem ersten Platz bundesweit liegt die FU, klammert man die Mittel aus der Exzellenzinitiative aus.

Wie die FU steigerte sich die Humboldt-Universität um zwei Plätze gegenüber dem letzten DFG-Ranking von 2009 und liegt jetzt auf Platz acht (ohne Exzellenzmittel auf Platz fünf). Die TU Berlin belegt den 26. Rang (ohne Exzellenzmittel den 25. Platz) und steigt damit einen Platz auf. Berlin hat München im DFG-Ranking nun erstmals überholt (Berlin: 631 Millionen Euro, München: 586 Millionen Euro). Noch im letzten DFG-Ranking lagen beide Städte gleichauf. Einen besonderen Anteil am Berliner Erfolg haben Wissenschaftlerinnen. An der FU, der HU und der TU liege ihr Anteil „deutlich über den zu erwartenden statistischen Durchschnittswerten“, sagte DFG-Präsident Matthias Kleiner. Das sei ein Zeichen dafür, wie bestimmte Standorte „durch kluge Gleichstellungspolitik Akzente setzen können“. Wissenschaftssenatorin Sandra Scheeres (SPD) teilte mit: „Berlin kann stolz sein auf seine Hochschullandschaft.“

Insgesamt hat sich die Rangfolge im DFG-Ranking in den vergangenen 20 Jahren nicht dramatisch verändert, erklärte Kleiner. Zu den Hochschulen, die kontinuierlich aufgestiegen seien, gehörten jedoch die Uni Bremen und die TU Dresden, aber auch Regensburg oder die Medizinische Hochschule Hannover. Die Hochschulen im Osten hätten aufgeholt und sich „stabilisiert“.

Die Höhe der eingeworbenen DFG-Mittel gilt als wichtiger Hinweis auf die Forschungsstärke einer Hochschule und spielt auch eine bedeutende Rolle bei der Entscheidung in der Exzellenzinitiative, die am 15. Juni zum dritten Mal ansteht. Große Universitäten haben es dabei leichter, eine „kritische Masse“ von starken Forschern für einen erfolgreichen Antrag zusammenzubringen. Allerdings würden drittmittelstarke Unis in der Regel nicht nur in absoluten Zahlen, sondern auch im Verhältnis zu ihrer Größe (also pro Professor) viel Geld einwerben, heißt es.

Auch Unis mit einem ausgeprägten naturwissenschaftlichen und technischen Profil können leichter auf hohe Summen kommen, weil für Projekte in diesen Bereichen mehr Geld fließt. Welcher Wissenschaftler sich mit seinem Antrag für ein Forschungsprojekt bei der DFG durchsetzt, entscheiden andere Fachvertreter (peer-review). Das Verfahren wird in der Wissenschaft zwar auch kritisiert, aber im Allgemeinen als fair anerkannt.

Allerdings sieht Kleiner ein „Unbehagen in der Wissenschaft gegen einen ausufernden Wettbewerb um Drittmittel“. Dieser werde „zu einem dominierenden Faktor“. Denn die Grundmittel der Hochschulen seien in den vergangenen zwölf Jahren „nur moderat angewachsen“, nämlich von 12,6 Milliarden im Jahr 1998 auf 15,5 Milliarden Euro im Jahr 2009, also um 23 Prozent. Im selben Zeitraum hätten die Hochschulen aber ihre Drittmittel von 2,5 Milliarden Euro auf 5,3 Milliarden Euro mehr als verdoppelt. Der Anteil der Drittmittel an der Finanzierung der Hochschulen sei „geradezu dramatisch angestiegen“: von 16 Prozent im Jahr 1998 auf 26 Prozent im Jahr 2009. Noch Anfang der neunziger Jahre hätten nur 89 Hochschulen DFG-Mittel eingeworben, mittlerweile seien es 186 sowie 433 außeruniversitäre Einrichtungen.

Kleiner forderte die Politik auf, die Grundmittel der Hochschulen zu erhöhen. Der Bund solle in die Grundfinanzierung einsteigen, die Verfassung müsse entsprechend geändert werden. Um vom „Immer-mehr-und-immer-weiter“ wegzukommen und den Blick auf die Forschungsprofile von Hochschulen und Regionen zu lenken, habe die DFG erstmals kein „Ranking“ veröffentlicht, sondern einen „Förderatlas“.

Dieter Lenzen, Vizepräsident der Hochschulrektorenkonferenz und Präsident der Uni Hamburg, erklärte, mit den Grundmitteln alleine sei die Forschung an den Hochschulen nicht mehr aufrechtzuerhalten: „Wie wäre es, wenn ein Malergeselle erst in einen Wettbewerb um Pinsel und Farbe treten muss, bevor er das Badezimmer streichen darf?“, fragte Lenzen.

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GEISTES- UND SOZIALWISSENSCHAFTEN

Berlin ist die Hochburg der Geistes- und Sozialwissenschaften. Besonders gilt das für die FU: Sie dominiert das Feld mit großem Vorsprung und baut diesen im Vergleich zum vergangenen Ranking weiter aus. Die Humboldt-Universität verteidigt ihren zweiten Platz. An keinem anderen Standort sind Unis und außeruniversitäre Institute so gut miteinander verknüpft wie in Berlin. Nicht zuletzt zeigt sich das an den beiden geisteswissenschaftlichen Clustern aus der Exzellenzinitiative, denen die FU ihren Vorsprung mit verdankt. Besonders stechen an der FU die Literaturwissenschaften und die Kunst- und Theaterwissenschaften heraus. An der HU werben die Historiker das meiste Geld ein.

LEBENSWISSENSCHAFTEN

Die drei erfolgreichsten Unis in den Lebenswissenschaften – also in der Medizin und in der Biologie – sind wie gehabt die LMU München, Freiburg und Heidelberg. Berlin schneidet erneut sehr gut ab: Die HU hält ihren fünften Platz. Die FU steigt um einen Rang auf den siebten auf. Die Charité wird dabei je zur Hälfte ihren beiden Mutteruniversitäten zugerechnet. Für sich allein genommen ist die Charité die erfolgreichste Unimedizin. Sie spielte 130 Millionen Euro ein, fast 40 Millionen Euro mehr als die Medizinische Hochschule Hannover auf Rang zwei.

NATURWISSENSCHAFTEN

Drittmittelkönigin in den Naturwissenschaften inklusive Mathematik ist die Uni Bonn. Es folgen die TU München und die LMU München. Von den Berliner Unis am besten ist die TU mit Rang sieben: Das ist ein Aufstieg um gleich sieben Plätze. Die Mathematik ist ihr stärkstes Gebiet; bundesweit steht sie dort auf Platz zwei. Die FU kommt auf den zehnten Rang und verbessert sich um drei Plätze, die HU auf den 17. Platz, zuvor lag sie auf dem 15.

INGENIEURWISSENSCHAFTEN

Spitzenreiterin in den Ingenieurwissenschaften ist die RWTH Aachen mit 160,6 Millionen Euro Fördermitteln. Das ist der höchste in einem Wissenschaftsbereich aus DFG-Mitteln erzielte Betrag. Die TU Berlin landet nach Konkurrentinnen wie der TU München, Dresden und Dortmund auf dem elften Platz – und hält damit ihre Position aus dem vorherigen Förderranking. Die DFG hebt das ostdeutsche Dreieck Dresden-Freiberg-Chemnitz als starke Region in den Ingenieurwissenschaften hervor.

BRANDENBURG

In der Gesamtschau kommt keine der drei brandenburgischen Unis unter die Top 40. Am stärksten ist die Uni Potsdam, sie kann ihr Niveau mit 36,3 Millionen Euro halten. Die BTU Cottbus kann ihre Einwerbungen von 6,7 Millionen auf 10,4 Millionen Euro steigern, in den Ingenieurwissenschaften liegt sie auf Platz 40. Die Viadrina-Universität Frankfurt (Oder) warb lediglich 2,5 Millionen Euro ein, im bundesweiten Vergleich ein ziemlich bescheidener Betrag.

INTERNATIONAL

Berlin bleibt für Forscher aus dem Ausland überaus attraktiv. Bei Gastwissenschaftlern, die mit dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) kommen, sind die FU und die HU mit je 369 Stipendiaten bundesweit mit Abstand die beliebtesten. Auch bei Gästen, die von der Alexander von Humboldt-Stiftung gefördert werden, liegen sie mit der LMU München an der Spitze. Die TU Berlin ist in den Ingenieurwissenschaften bei DAAD-Stipendiaten am beliebtesten.

Im europäischen Wettbewerb muss Deutschland noch aufholen. Offensichtlich wird das bei den millionenschweren Stipendien, die der Europäische Forschungsrat (ERC) vergibt. Hier steht Großbritannien deutlich an der Spitze: 433 von bisher 2021 vergebenen Stipendien gehen an eine britische Einrichtung. Hinter Frankreich (268) liegt Deutschland (261) auf Platz drei. Viele deutsche Forscher gingen mit einem ERC-Stipendium ins Ausland, während umgekehrt vergleichsweise wenige ausländische Wissenschaftler für deutsche Unis gewonnen würden. „Bemerkenswert“ seien dagegen die Erfolge der Niederlande (163) und der Schweiz (144), die ihre Stärke als „kleine, aber international hoch kompetitive Forschungssysteme demonstrieren“.

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