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Diabetes: Das Auge zeigt, was am Fuß droht

Werden Auffälligkeiten an der Hornhaut früh erkannt, könnte das Diabetiker vor Nervenschäden bewahren. Das dazu nötige Mikroskop wurde auf dem Kongress der deutschen Gesellschaft für Ophthalmologie in Berlin vorgestellt.

Ein Fuß muss amputiert werden. Das ist eine der schlimmsten Folgen des schlecht behandelten „Alters“-Diabetes. Sind die Blutzuckerwerte auf Dauer erhöht, so schädigt das auch jene Nerven, die direkt unter der Haut liegen und für Schmerzempfindungen zuständig sind. Die Ärzte sprechen dann von einer Neuropathie. Sie kann dazu führen, dass Patienten eine Verletzung am Fuß nicht bemerken und eine kleine Wunde zu einer großen wird. Diabetiker müssen deshalb ihre Füße ständig aufmerksam inspizieren. Noch besser wäre es, es gar nicht erst zu einer Wunde kommen zu lassen.

Bei dieser Vorbeugung könnten in Zukunft ausgerechnet die Augenärzte eine entscheidende Rolle spielen. „Das Auge spiegelt Nervenschädigungen am gesamten Körper wider“, sagt Rudolf Guthoff von der Augenklinik der Uni Rostock. Er stellte beim Kongress der deutschen Gesellschaft für Ophthalmologie, der bis Sonntag in Berlin stattfindet, ein Mikroskop mit Spezialaufsatz vor, das gemeinsam mit Physikern seiner Universität entwickelt wurde. Berührt das Gerät die Oberfläche des Auges, baut sich in 800-facher Vergrößerung ein Bild der Struktur des gesamten Nervenfasergeflechtes der Hornhaut auf. „Die Länge der Nervenfasern, ihre Dichte und die Anzahl der Verzweigungen sind ein direkter Gradmesser für das Ausmaß der Neuropathie“, sagt er. Mit digitaler Bildverarbeitung werden sie berechnet und objektiviert.

Das Mikroskop könnte bei der Suche nach neuen Medikamenten helfen

Studien haben ergeben, dass Schäden an der Hornhaut des Auges denen an den Füßen vorausgehen. Das Auge zeigt also, was an den Füßen droht. Das bestätigen auch gemeinsame Untersuchungen der Rostocker Augenheilkundler und des Deutschen Diabeteszentrums Düsseldorf. Demnach ist die Inspektion der Hornhaut mittels der neuen Lebendmikroskopie empfindlicher als eine Analyse zuvor entnommener Hautbiopsien. Ein Wermutstropfen ist, dass bisher keine Medikamente auf dem Markt sind, die im Ernstfall helfen. Wer schweren Schäden vorbeugen will, muss selbst kleinste Verletzungen am Fuß vermeiden oder wenigstens früh erkennen. Und der Blutzucker sollte mit Medikamenten möglichst gut „eingestellt“ sein.

Die Rostocker Forscher hoffen, dass ihre Methode bei der Suche nach neuen Medikamenten nützt: Die amerikanische Food and Drug Administration (FDA) hat bereits signalisiert, dass die Nervenfaserdichte im Auge als diagnostischer Marker eingeführt werden könnte, also als Maßstab für die Wirksamkeit von Testsubstanzen in Studien.

Auch im Auge selbst kann ein Diabetes mellitus Schäden verursachen, und zwar an kleinsten Gefäßen der Netzhaut, der innersten Auskleidung des Augapfels. Die diabetische Retinopathie ist eine gefürchtete Spätfolge des Diabetes. Sie entsteht wahrscheinlich auf anderen Wegen als die diabetische Neuropathie und kann im schlimmsten Fall zur Erblindung führen. „Wir können das gut behandeln, aber den Prozess nicht rückgängig machen“, sagt Gabriele Lang, Leiterin der Sektion konservative Retinologie und Laserchirurgie an der Universitäts-Augenklinik in Ulm. In einer Studie werden jetzt Augentropfen getestet, die Nervenzellen vor dem Untergang schützen könnten und sich in Tierversuchen bereits bewährt haben.

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