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Gute Aussichten. Die Berliner Universitätspräsidenten fordern finanzielle Sicherheit und mehr Autonomie.

© Sabine Böck/TU Pressestelle

Die Zukunft der Berliner Hochschulen: „Frei planen und gestalten“

Hochschulpolitik in Berlin - Erwartungen an die künftige Regierung: Ein Gastbeitrag der vier Uni-Präsidenten.

1. Mit ihrer Leistungsstärke, Innovationskraft und internationalen Reputation fördern die vier Berliner Universitäten die wirtschaftliche Aufwärtsentwicklung, die Innovationsdynamik und globale Anziehungskraft der deutschen Hauptstadt in Wissenschaft und Kunst auf maßgebliche Weise. Aus ihren vielbeachteten Erfolgen in den Bereichen von Lehre, Forschung, Wissenstransfer, Nachwuchsförderung und Gleichstellung leiten sie einen Gestaltungsanspruch ab, den sie in Zukunft verstärkt über gemeinsame Strategien und Handlungsfelder verwirklichen werden.

2. Damit die Berliner Universitäten ihre vielfältigen Funktionen als herausragende Lehr- und Lernorte, als Innovationstreiber und Think Tanks, als Inkubatoren und Schrittmacher für eine weltoffene wachsende Stadt erfüllen können, bedarf es politischer Rahmenbedingungen, die ihre Entwicklungsdynamik aktiv fördern und nicht behindern. Im Blick auf die Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus und die anschließende Regierungsbildung erwarten die Leitungen der vier Universitäten eine konstruktive Wissenschaftspolitik, die es ermöglicht, die Stärken des Standorts weiter auszubauen.

Die Exzellenz muss finanziell abgesichert werden

3. Für die nächsten Jahre stehen den Berliner Universitäten wichtige Weichenstellungen bevor: In der dritten Runde der Exzellenzinitiative müssen sie ihre bisherigen Erfolge fortsetzen und in größtmöglicher Gemeinsamkeit die Chance auf eine dann dauerhafte Förderung nutzen. Im Rahmen der bald beginnenden Verhandlungen über die neuen, bis 2022 laufenden Hochschulverträge wird es für die Universitäten darauf ankommen, eine höhere Grundfinanzierung zu erreichen, die gestiegene Lehrlasten abfedert, Infrastruktur fortentwickeln hilft und weiterhin Forschungsleistungen auf höchstem Niveau ermöglicht. Wir erwarten von den politisch Verantwortlichen, dass sie den Universitäten die erforderliche finanzielle Sicherung verschaffen, auf deren Basis eine langfristige Planung ihrer Aktivitäten in Lehre, Forschung, Wissenstransfer und Personalentwicklung organisiert werden kann.

4. Die wachsende Stadt verlangt allen erhebliche Leistungen ab. Die Universitäten haben in den vergangenen Jahren ihre gesellschaftliche Verantwortung mit großem Engagement wahrgenommen und ständig steigende Überlasten in der Lehre getragen. Jedoch darf die Immatrikulation zusätzlicher Studierender nicht zu einer Absenkung des hohen Qualifizierungsniveaus führen. Eine Steigerung der Studierendenzahlen kann nur mit einer nachhaltigen Erweiterung der Personalstruktur bewältigt werden. Es geht um qualitatives Wachstum, nicht um die bloße Erhöhung von Zielzahlen. Das erfordert langfristige Investitionen von politischer Seite, damit die Aufgaben der Zukunft überzeugend bewältigt werden können.

"Jeglicher Verzicht auf politische Detailsteuerung"

5. Erfolgreiche Universitäten müssen im Rahmen ihrer sozialen Verantwortung frei planen und gestalten können. Das Gebot der Hochschulautonomie ergibt sich aus dem im Grundgesetz festgeschriebenen Wert der Wissenschaftsfreiheit. Autonomie ist die Basis für unabhängige Forschung, für akademische Lehre und interne Organisation gleichermaßen. Daher fordern die Berliner Universitätspräsidenten mit Nachdruck jeglichen Verzicht auf eine politische Detailsteuerung durch kleinteilige Zielsetzungen, überbordende Berichtspflichten und übertriebene bürokratische Formalisierung. Das Miteinander von Universitäten und Senatsverwaltung muss durch wechselseitiges Vertrauen bestimmt sein. Die Universitäten haben durch ihre Erfolge in der Vergangenheit bewiesen, dass sie mit Freiräumen verantwortungsvoll umgehen können. Es darf daher keinen Weg zurück in bürokratische Kontrolle geben – einzig und allein in Selbstbestimmung können die Berliner Universitäten ihre volle Leistungskraft entfalten.

Keine neue Diskussion über die Zusammensetzung von Gremien

6. Angesichts der Vielzahl von Aufgaben, die in den kommenden fünf Jahren zu bewältigen sind, erwarten die Universitäten, dass ihre erfolgreichen Governance-Strukturen in der jetzigen Form erhalten bleiben. Eine erneute Diskussion über die Zusammensetzung von Gremien oder eine weitere Novellierung des Hochschulgesetzes wären Signale in die falsche Richtung. Sie lösten zeitraubende Anpassungsprozesse aus, die die Institutionen lähmen und den erfolgreichen Ausbau des Wissenschaftsstandorts Berlin behindern würden. Hochschulpolitik muss Gestaltungsmöglichkeiten schaffen und Handlungsbarrieren aus dem Weg räumen.

7. Erfolge, Reputation und Dynamik des Wissenschaftsstandorts Berlin können nur dann fortgeschrieben werden, wenn die politische Verantwortung für die erforderlichen Rahmenbedingungen in einem einzelnen Senatsressort vereinigt ist. Die 2011 vorgenommene Trennung der Zuständigkeiten für Wissenschaft und Forschung, die von den Berliner Universitäten stets kritisiert wurde, hat bremsende Wirkung entfaltet. Geboten ist daher ein einheitliches Ressort für Wissenschaft und Forschung, das angesichts der Wichtigkeit der hier anstehenden Aufgaben nicht mit anderen bildungs- und sozialpolitischen Arbeitsbereichen verknüpft werden sollte. Wissenschaft und Forschung sind gesellschaftliche Schlüsselfelder und müssen in ungeteilter, konzentrierter Zuständigkeit politisch verantwortet werden.

Peter-André Alt (Präsident der Freien Universität Berlin)

Sabine Kunst (Präsidentin der Humboldt-Universität zu Berlin)

Martin Rennert (Präsident der Universität der Künste Berlin)

Christian Thomsen (Präsident der Technischen Universität Berlin)

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