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Einstein-Stiftung: Vorstandschef-Kandidat sagt Zöllner ab

Der angekündigte Neuanfang für die umstrittene Einstein-Stiftung droht zu scheitern. Ernst Theodor Rietschel, bis Juni dieses Jahres Präsident der Leibniz-Gemeinschaft, tritt nicht als neuer Vorstandsvorsitzender der Stiftung zur Förderung der Spitzenwissenschaft in Berlin an.

Die Absage des 69-jährigen Biochemikers erreichte Wissenschaftssenator Jürgen Zöllner (SPD) am Dienstag per E-Mail. Rietschel bestätigte dies auf Anfrage. „Ich habe am Ende nicht die innere Kraft verspürt, mich da zu verkämpfen“, sagte Rietschel dem Tagesspiegel.

Dass Rietschel bereitstand, Zöllners Posten als Vorstandsvorsitzender der Einstein-Stiftung zu übernehmen, war wie berichtet im September bekannt geworden. Rietschel hatte seine Kandidatur jedoch an Bedingungen geknüpft: Vor allem müsse die Stiftung gegenüber der Wissenschaftsverwaltung autonomer werden. Zöllner habe politisch alles getan, was er konnte, sagt Rietschel jetzt. Doch die ihm zugesagte Autonomie der Stiftung sei „nicht groß genug, um sie handlungsfähig zu machen“. Zwar sei es wohl möglich, ihr einen Globalhaushalt zuzubilligen, was er sich gewünscht hätte. Doch insbesondere die Geschäftsstelle könne nicht angemessen ausgestattet werden. Statt der jetzt eingeplanten 360 000 Euro bräuchte sie mindestens 1,5 Millionen Euro pro Jahr, um die Einstein-Projekte wirklich eigenständig betreuen zu können.

Diese Vorstellungen konnte Rietschel beim Wissenschaftssenator nicht durchsetzen. Sie seien „mit den augenblicklichen Möglichkeiten der Stiftung nicht vereinbar“, sagte Senator Zöllner dieser Zeitung. Er hätte sich eine Zusammenarbeit mit Rietschel gewünscht. „Angesichts seines großen Interesses an der Einstein-Stiftung bedauere ich, dass wir nicht zueinander kommen konnten“, kommentiert Zöllner.

Den Präsidenten der Freien Universität, Peter-André Alt, hatte Rietschel in Vorgesprächen überzeugt. „Als Präsident einer großen Wissenschaftsorganisation und renommierter Naturwissenschaftler hätte er ein Gewicht mitgebracht, das der Stiftung jetzt fehlen wird“, sagt Alt. Ein Neuanfang wäre nur möglich, „wenn man eine solche Persönlichkeit gewinnt“.

Rietschel wäre ein Prestigegewinn für die Einstein-Stiftung gewesen, sagt auch Anja Schillhaneck, wissenschaftspolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen im Abgeordnetenhaus. „Aber das hätte die ganze Konstruktion nicht besser gemacht.“ Die Einrichtung werde „nicht gebraucht“, um die Mittel aus dem Elitewettbewerb zu verteilen, neue Exzellenzprojekte anzuschieben oder internationale Wissenschaftler in die Stadt zu holen. Andere Länder hätten dafür sehr viel unkompliziertere Wege gefunden.

Den von Rietschel geforderten Globalhaushalt für die Einstein-Stiftung lehnt Schillhaneck ab. Die Gelder könnten nur in dem Maße freigegeben werden, wie auch Förderentscheidungen getroffen werden. Und die müsse die Wissenschaftsverwaltung zumindest im Ergebnis kontrollieren – „auf Basis eines Vertrages, in dem Zielvorgaben festgeschrieben werden, die weitaus enger wären, als das, was sich Herr Rietschel vermutlich vorgestellt hat“, sagt Schillhaneck. Die Einstein-Stiftung habe schließlich zur Aufgabe, Landesmittel zu verteilen – und diesen Prozess müsse das Land kontrollieren. Das hochverschuldete Berlin dürfe auch gar nicht den 30- bis 40-Millionen-Haushalt der Stiftung pauschal freigeben. Nicht ausgegebenes Geld müsse beim Land geparkt werden, um Kosten für Kredite zu sparen.

Auch Rietschels Budgetforderung für die Geschäftsstelle ruft Unmut hervor. Aus der Senatsverwaltung ist zu hören, dass der von ihm anvisierte Etat stark überzogen sei. Es sei in der Politik und in der Öffentlichkeit nicht zu vermitteln, dass eine Stiftung im Aufbau derart hohe Verwaltungskosten produzieren solle.

Was bedeutet die Absage für die Zukunft der Einstein-Stiftung? Rietschel selber hofft, „dass mein Rückzug der Stiftung nicht schadet, sondern dass ich wichtige Überlegungen angeschoben habe“. FU-Präsident Alt fürchtet, nach Rietschels Nein könnte es könne nun schwer werden, eine neue Integrationsfigur zu finden. Zöllner widerspricht: Er sei sich sicher, „dass schon in Bälde ein geeigneter Vorstandsvorsitzender gefunden werden kann“. Amory Burchard

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