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Eisschmelze: Geröllhügel schützen Antarktis-Gletscher

Nicht nur der Klimawandel, auch der steigende Meeresspiegel ist für die Gletscher der Antarktis eine Gefahr. Doch natürliche Geröllablagerungen am Ende der Gletscher könnte das Abschmelzen des ewigen Eises zumindest abbremsen.

Diese Geröllhügel schützen die Gletscher wie ein Wall von natürlicher "Sandsäcke" vor dem steigenden Meeresspiegel. Dies ergab die Untersuchung eines der wichtigsten Eisströme des Kontinents. Sollte dies häufiger der Fall sein, könnte dieses Phänomen dazu beitragen, das Schmelzen des antarktischen Eises aufzuhalten.

Eine Forschergruppe um Sridhar Anandakrishnan von der Pennsylvania State University in University Park führte eine Radarvermessung der letzten 25 Kilometer des Whillans-Eisstroms durch, eines 500 Kilometer langen Gletschers, der zum Ross-Schelfeis in der Westantarktis fließt. Die Forscher legten ihr Hauptaugenmerk auf die Stelle, an der der Eisstrom vom Land zum schwimmenden Schelfeis übertritt. Unter diesem Übergang fand man einen Geröllberg mit einem Durchmesser von bis zu 31 Metern. Auf dessen Spitze wiederum befindet sich eine zehn Meter dicke Eisschicht.

Ohne den Hügel, so vermuten die Forscher, würde das ansteigende Meerwasser den Flachhang an der Unterseite der Eisschicht zum Schmelzen bringen. Die Folge davon: die Gletscherzunge würde sich vom Land abheben und schneller abschmelzen.

Doch stattdessen scheint eine Art Sandsack die Unterseite des Eises vor dem Eindringen von Wasser zu schützen, erklärt Anandakrishnan und ergänzt: "Bevor der Meeresspiegel nicht über die zusätzliche Höhe angestiegen ist, wird der Gletscher nicht zurückgehen."

Schotten dicht

Der Hügel entstand durch das Geröll, das die Gletschermuränen zu einem Berg aufgetürmt haben, erklärt Anandakrishnans Mitarbeiter Richard Alley, dessen Projektgruppe gerade ein Computermodell zum besseren Verständnis der Vorgänge erstellt hat. Beide Studien wurden online in Science veröffentlicht. (1),(2)

"Der Schutzwall ist nicht perfekt, aber er wirkt relativ stabil." so Alley. Da der Sandsack leicht durchlässig ist – an den Seiten kann immer noch Wasser eindringen – glauben die Forscher, dass der Gletscher einen Anstieg des Meeresspiegels um bis zu zehn Meter verkraften könnte, bevor er anfängt zu schmelzen.

Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) hat vor Kurzem eine Prognose abgegeben, in der von einem Anstieg von maximal 59 Zentimetern in diesem Jahrhundert ausgegangen wird. Gleichzeitig wird jedoch darauf hingewiesen, dass unvorhersehbare Eisschmelzen diesen Anstieg drastisch erhöhen können.

Auf dem Boden des Rossmeeres wurden ebenfalls Geröllberge entdeckt, die denen des Whillans-Eisstroms sehr ähnlich sind. Daher geht man davon aus, dass viele frühere Gletscher solche 'Sandsäcke' hatten, die heute vor der aktuellen Küstenlinie liegen. Dies gibt Anlass zur Hoffnung, dass viele heutige Gletscher durch die Ablagerungen geschützt werden könnten.

Gute und schlechte Nachricht

Die Forscher wissen noch nicht genau, wie viel Eis vom Geröllkeil des Whillans-Eisstroms geschützt wird. Aber der Gletscher ist eines der Hauptcharakteristika der Westantarktis – er ist 500 Kilometer lang, 100 Kilometer breit und an manchen Stellen einen Kilometer tief.

Alley warnt jedoch vor zuviel Optimismus wegen der Schutzhügel: "Auf den ersten Blick ist man geneigt, darin ein ermutigendes Zeichen zu sehen, aber sie geben auch Anlass zum Pessimismus."

"Wir wissen, dass die Eisplatten in der Vergangenheit viele Veränderungen durchgemacht haben. Wenn das Eis also weniger stark auf Wasser reagiert als wir dachten, dann muss es stärker für Temperatureinflüsse empfänglich sein," erklärt Alley. Da wir in der Zukunft mit veränderten Temperaturen rechnen müssen, vielleicht mehr als mit veränderten Wasserspiegeln, sieht es wahrscheinlich nicht so gut aus wie angenommen."

(1) Anandakrishnan S., et al. Science, doi:10.1126/science.1138393 (2007). (2) Alley R. B., et al. Science, doi:10.1126/science.1138396 (2007).

Dieser Artikel wurde erstmals am 1.3.2007 bei news@nature.com veröffentlicht. doi:10.1038/news070226-12. Übersetzung: Rainer Remmel. © 2007, Macmillan Publishers Ltd

Michael Hopkin

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