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Der designierte Viadrina-Präsident Alexander Wöll kommt von der Uni Greifswald und forscht zu ost- und westslawischen Literaturen.

© dpa

Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder): Slawist Alexander Wöll wird Präsident

Die Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) bekommt einen neuen Präsidenten: Alexander Wöll, Slawistik-Professor von der Universität Greifswald. Er will weiterhin auf eine starke Osteuropa-Ausrichtung der Uni setzen.

Ein Slawist soll die Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) leiten. Alexander Wöll ist bislang Professor für Ost- und Westslawische Philologie an der Universität Greifswald und Dekan der dortigen Philosophischen Fakultät. Der 46-Jährige wurde am Montag vom Akademischen Senat der Viadrina für eine sechsjährige Amtszeit gewählt – als Nachfolger von Gunter Pleuger (73), der seit 2008 Präsident in Frankfurt (Oder) ist und zum 30. September turnusgemäß ausscheidet. Mit seinem akademischen Profil passt Wöll zweifellos gut zur Viadrina mit ihrer unmittelbaren Nachbarschaft zu Polen. Wöll, der aus Kempten im Allgäu stammt, studierte in München, Berlin und Moskau Germanistik, Geschichte und Slawistik. Zu seinen Forschungsgebieten gehören die Fantastik in der russischen und westeuropäischen Literatur, sowie tschechische, russische, polnische und bosnisch-kroatisch-serbische Lyrik und Prosa der Jahrhundertwende und der Gegenwart.

"Die Viadrina zu einer deutsch-polnischen Uni ausbauen"

Gleichwohl überrascht Wölls Programm für seine Präsidentschaft auf den ersten Blick. „Ich sehe ein spannendes Potenzial, die Viadrina in den nächsten sechs Jahren zu einer deutsch-polnischen Universität auszubauen“, erklärte er unmittelbar nach seiner Wahl. Nun ist Polen seit jeher das Partnerland schlechthin der 1991 neugegründeten Europa-Universität am deutsch-polnischen Grenzfluss Oder. Zehn Prozent der rund 6000 Studierenden stammen aus Polen, in der polnischen Nachbarstadt Slubice betreibt die Viadrina mit der Universität Poznan die gemeinsame Lehr- und Forschungseinrichtung Collegium Polonicum. Was also ist neu an Wölls Programm? Das Collegium Polonicum solle nach den Zielvereinbarungen mit dem Land Brandenburg im kommenden Jahr zu einer deutsch-polnischen Fakultät ausgebaut werden, sagte Wöll dem Tagesspiegel. Er wolle nun ausloten, „ob da noch mehr möglich ist“. Das Konzept könnte auf die ganze Universität ausgeweitet werden.

Hoffnung auf Zusammenarbeit mit der Ukraine

Nun hatte das Land allerdings in jüngerer Zeit kritisiert, die Viadrina sei zu einseitig auf die Partnerschaft mit Polen fokussiert. In der 2013 verabschiedeten Hochschulentwicklungsplanung heißt es, die Uni solle gemäß ihrem Leitmotiv Europa die Entwicklung der gesamten EU und die Folgen der Erweiterung in den Blick nehmen. Wie schon sein Vorgänger Pleuger widerspricht der designierte Präsident: Die Viadrina sei in Osteuropa breit aufgestellt, so studierten etwa 78 Ukrainer in Frankfurt, und pflege enge Kontakte auch zu führenden Universitäten in Frankreich und Großbritannien. „Aber die Universität liegt nun einmal an der polnischen Grenze, deshalb kommt Polen eine besondere Bedeutung zu.“

Auch für den Ausbau der Beziehungen zur Ukraine sei Polen als deren „erster Fürsprecher in Europa“ ein Schlüsselland, sagt Wöll. Hier sieht er ebenfalls großes Potenzial für die Viadrina, die seit 2008 Stiftungsuniversität ist: Die demokratie- und europabewegten ukrainischen Studierenden und Wissenschaftler seien vom deutschen Wissenschaftsbetrieb begeistert. Gleichzeitig seien etliche Förderprogramme aufgelegt worden, mit denen der deutsch-ukrainische Austausch unterstützt werden soll. „Da hat die Viadrina alle Joker in der Hand, um neue Drittmittel einzuwerben“, sagt Wöll. Als weiteres „großes Ziel der Präsidentschaft“ sieht er den Ausbau des Forschungszentrums „Borders in motion“ (Grenzen in Bewegung), das die Viadrina im vergangenen Jahr eröffnet hat. Vom Land wird das Zentrum mit einer Million Euro im Jahr gefördert – als ein Weg, das internationale Profil der Universität weiter zu schärfen.

Schwierige Suche nach einem neuen Präsidenten

Die Suche nach einem Nachfolger für Gunter Pleuger hatte sich zunächst schwierig gestaltet. Das Findungsverfahren war zwischenzeitlich abgebrochen worden, nachdem kein geeigneter Kandidat in Sicht war. Die Stelle wurde daraufhin neu ausgeschrieben. Er habe sich in der zweiten Runde beworben, sagt Wöll. Der Vorsitzende des Stiftungsrats, Theodor Berchem, erklärte, die Uni schätze sich glücklich, mit Wöll "einen so hervorragenden Kandidaten" gewonnen zu haben. Wölls Ernennung durch Berchem muss formell noch erfolgen, er soll sein Amt am 1. Oktober antreten.

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