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Evaluation: Historiker boykottieren Forschungsranking

"Grundsätzliche Bedenken": Der Historikerverband hat jetzt endgültig abgelehnt, am neuen Forschungsrating des Wissenschaftsrats teilzunehmen.

Der Verband, der die deutschen Historiker vertritt und etwa 2250 Mitglieder hat, würdige zwar grundsätzlich das Bemühen des Wissenschaftsrats, „gemeinsam disziplinspezifische Kriterien für Forschungsqualität zu erarbeiten“, heißt es in einer Erklärung. Der Verband könne dem neuen Ranking dennoch nicht zustimmen, weil die Mehrheit der befragten historischen Seminare und Institute „grundsätzliche Bedenken“ geäußert habe. So seien die Kriterien „unklar“, die Konsequenzen des Ergebnisses „nicht absehbar“.

Mit seinem Forschungsrating will der Wissenschaftsrat eigentlich neue Maßstäbe bei der Bewertung von Forschung setzen. Jede Disziplin soll nach unterschiedlichen Kriterien evaluiert werden, Wissenschaftler sollen die Bewertungsmaßstäbe für ihr Fach selbst ausarbeiten. In einem ersten Durchgang wurden die Soziologie und die Chemie bewertet. Die Geschichte wählte der Wissenschaftsrat als nächstes Gebiet bewusst aus: An einem großen Fach wollte man zeigen, dass man auch in den Geisteswissenschaften ein gutes Ranking aufstellen kann. Denn Vertreter der Geisteswissenschaften beklagen immer wieder, dass ihre Disziplinen mit den gängigen Kriterien nicht angemessen zu bewerten sind.

Doch die Historiker stellen sich seit längerem quer. Ein Hauptargument aus ihren Reihen lautet, in der Zunft sei eh bekannt, wer brillant ist – ein aufwendiges Ranking sei da überflüssig. In der Erklärung heißt es, „Repräsentativität und Reichweite“ des Ratings könnten nicht exakt bestimmt werden. Ungelöst seien Fragen, wie Gutachter gewonnen werden und wie die Wissenschaftler den zeitlichen Mehraufwand schultern können. Die Besonderheiten von Teildisziplinen würden nicht angemessen gewürdigt.

Welche Konsequenzen hat der Boykott des Historikerverbandes? Dessen Vorsitzender Werner Plumpe sagte gestern, der Wissenschaftsrat müsse „Alternativen zum Forschungsrating“ anbieten: „Niemandem ist gedient, wenn das Rating im Konflikt doch durchgesetzt wird.“ Gleichwohl sei der Verband nicht daran interessiert, „den Konflikt eskalieren zu lassen“. Die Historiker wollten weiter gemeinsam mit dem Wissenschaftsrat die Forschungsbewertung in den Geisteswissenschaften „voranbringen“. Eine Sprecherin des Wissenschaftsrats sagte, das Gremium werde am 22. Juli über das weitere Vorgehen entscheiden. Tilmann Warnecke

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