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Wer hat's erfunden? Die Photosynthese entwickelte sich nur einmal in Milliarden von Jahren Evolution in Cyanobakterien (hier ein Oxyphotobakterium), auch Blaualgen genannt. Höhere Pflanzen haben sich diese Fähigkeit nur "einverleibt".

© Fischer LaboratoryCaltech

Evolution: Motoren des Lebens

Seit gut 2,3 Milliarden Jahren pumpen Cyanobakterien, die Erfinder der Photosynthese, Sauerstoff in die Luft.

Leben entstand wohl relativ bald nach der Entstehung der Erde vor rund 4,5 Milliarden Jahren. Allerdings war der Planet aus heutiger Sicht während vieler hundert Millionen Jahren nicht sonderlich einladend, weil es in der Luft kaum Sauerstoff gab, ohne den kein Tier leben kann. Das änderte sich erst vor etwa 2,3 Milliarden Jahren, als Cyanobakterien (auch Blaualgen genannt) eine revolutionäre Erfindung gelang, berichten Rochelle Soo von der University of Queensland im australischen St. Lucia und ihre Kollegen im Fachblatt "Science". Die Mikroorganismen hatten gelernt, mit der Energie aus Sonnenlicht Wasser in seine Bestandteile zu zerlegen und dabei lebenswichtige Biomoleküle herzustellen. Als Abfall entsteht bei diesem Prozess auch heute noch Sauerstoff, der sich damals mit der Zeit in der Luft anreicherte. Erst danach konnten sich also Tiere entwickeln. Die Cyanobakterien hatten so die Bahn für die Entwicklung höheren Lebens auf der Erde freigemacht.

Bakterien veränderten die Welt

Diese Mikroorganismen waren keineswegs die ersten Zellen, die ihre Lebensenergie aus Sonnenlicht bezogen. Nur hatten alle Vorgänger dazu einfachere Prozesse verwendet, bei denen statt Sauerstoff andere Substanzen wie zum Beispiel elementarer Schwefel als Abfall entstehen. Weil auch keine anderen Prozesse bekannt waren, die damals große Mengen Sauerstoff in die Atmosphäre hätten liefern können, fehlte dieses Gas bis vor 2,35 Milliarden Jahren in der Luft und auch im Wasser weitgehend. Danach aber sammelte sich immer mehr Sauerstoff in Luft und Wasser an, bis vor rund 600 Millionen Jahren das heutige Niveau von rund 21 Prozent Sauerstoff in der Luft erreicht war.

Schon vor einigen Jahren hatten Forscher Cyanobakterien als Lieferanten dieses Sauerstoffs in Verdacht. Schließlich sind bisher aus dieser Zeit keine Spuren von höherem Leben aufgetaucht. Die einzigen Mikroorganismen, die mithilfe von Sonnenlicht Wasser zerlegen und dabei Sauerstoff produzieren, aber sind heute noch die Cyanobakterien. Von diesen wiederum gibt es sehr viele verschiedene Gruppen, von denen alle den bis vor Kurzem untersuchten „oxidative Photosynthese“ genannten Prozess der Spaltung von Wasser beherrschen.

Nicht alle Blaualgen können Photosynthese

Im Jahr 2013 aber entdeckten Mikrobiologen eine erste Gruppe von Cyanobakterien, die keine Photosynthese betreiben und die oft in dunkler Umgebung wie im menschlichen Darm oder im Grundwasser leben. Eine zweite solche Gruppe ohne Sauerstoff-Produktion haben jetzt Rochelle Soo und ihre Kollegen aufgespürt. Mehr noch: Bei einer genauen Inspektion des Erbgutes von Vertretern dieser beiden Bakterien-Typen fanden die Forscher keine einzige Spur von Komponenten, die andere Cyanobakterien für die oxidative Photosynthese brauchen. Daraus schließen sie, dass die Mikroorganismen die biologischen Prozesse zur Spaltung von Wasser samt Sauerstoff als Abfall-Gas erst erworben haben, als sich ihre Wege bereits von den anderen beiden Bakteriengruppen getrennt hatten. Das aber war vor 2,5 bis 2,6 Milliarden Jahren geschehen, schreiben Patrick Shih vom Joint BioEnergy Institute in Emeryville in Kalifornien und seine Kollegen in der Januar-Ausgabe der Zeitschrift Geobiology. Anhand winziger Veränderungen im Erbgut, von denen sich im Laufe der Jahrmillionen immer mehr anhäufen, konnten die Forscher abschätzen, seit wann sich die beiden Bakteriengruppen in verschiedene Richtungen entwickelten. Dieser Chronometer aber lässt vermuten, dass die Cyanobakterien die oxidative Photosynthese kurz vor dem Auftauchen von Sauerstoff in der Atmosphäre lernten.

Damit war die Bahn für höheres Leben frei: So nahmen andere Zellen solche Cyanobakterien in sich auf. Aus diesen verschluckten Bakterien entwickelten sich mit der Zeit die Chloroplasten, die in Pflanzen und Algen noch heute für die Verwertung von Lichtenergie zuständig sind. In der Luft reicherte sich der von diesen Organismen produzierte Sauerstoff an und machte so auch den Weg für Tiere frei, die Sauerstoff atmen.

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