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Nervenzellen

© Heather de Rivera

Fehler beim Hirn-Umbau: Gendefekt verursacht Schizophrenie

Während das Hirn eines Teenagers reift, werden unnütze Nervenzellverbindungen gekappt. Doch manchmal ist das Ausmisten zu gründlich, legt eine Genanalyse nahe. Dann kann eine Schizophrenie entstehen.

„Wegen Umbau geschlossen.“ Mit einiger Berechtigung könnten genervte Eltern ihren pubertierenden Teenagern ein Schild mit einer solchen Aufschrift auf die Stirn pappen. Denn tatsächlich findet in dieser Zeit im Gehirn ein Umbau und Reifeprozess statt – wenigstens im biologischen Sinne: Viele Verbindungen zwischen Nervenzellen werden gefestigt, andere werden gekappt. Schon lange vermuten Forscher, dass Fehler in diesem Prozess zur Entwicklung von Schizophrenie beitragen könnten. Denn die ersten Symptome der psychischen Erkrankung treten bei den Patienten im Alter zwischen 15 und 25 auf. Jetzt hat ein Forscherteam um Steve McCarroll von der Harvard-Universität in Boston entdeckt, dass eine häufig bei Schizophreniekranken beobachtete strukturelle Veränderung der Genregion C4A mit einen verstärkten Kappen von Nervenzellverbindungen einhergeht.

Die Forscher untersuchten zunächst Gewebeproben aus den Gehirnen von 255 frisch Verstorbenen, von denen 50 an Schizophrenie erkrankt waren. Dabei maßen sie die Aktivität des C4A-Gens in den Hirnzellen und stellten fest, dass es in Zellen von Schizophreniepatienten stärker aktiv ist als bei psychisch unauffälligen. Auch die Erbgutanalysen von 28 799 Schizophreniepatienten und 35 986 nicht erkrankten Probanden ergaben, dass Schizophrenie umso stärker ausgeprägt ist, je aktiver das C4A-Gen ist, schreiben sie im Fachblatt „Nature“.

Nicht der einzige Auslöser von Schizophrenie

Dass Veränderungen in der C4A-Genregion eine Rolle bei der Entstehung von Schizophrenie spielen könnten, ahnen Forscher schon länger. Doch bislang galt der Genkomplex als ein Regulator des Immunsystems. Und die Idee, das Immunsystem könne Schizophrenie auslösen, erschien nicht plausibel. Das ist auch nicht nötig, denn C4A hat offenbar noch eine andere Aufgabe. McCarroll konnte bei Mäusen nachweisen, dass das von dem Gen gebildete Eiweiß an den Synapsen sitzt, den Verbindungsstellen zwischen den Nervenzellen. Dort ist es wohl in den Kappungsprozess eingebunden. Und werden zu viele oder die falschen Verbindungen unterbrochen, scheint das zur Schizophrenie beizutragen.

„Das allein erklärt die Entstehung von Schizophrenie aber nicht“, sagt Stephen Warren von der Emory-Universität in Atlanta, der an der Studie nicht beteiligt war. „Genvariationen sind sicher beteiligt, aber nicht der einzige Auslöser der Schizophrenie.“

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