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Feuerfische: Flucht in die Karibik

Neue Gefahr für Taucher: Giftige Feuerfische breiten sich vor den Bahamas aus

Wunderschön ist er, der Rotfeuerfisch Pterois volitans mit seinen eleganten weißen und rostroten Streifen. Und er signalisiert Gefahr, wenn er seine Flossen mit den langen Stacheln im gleichen Muster aufstellt. „Jeder Taucher weiß, dass die Stacheln am hinteren Ende ein schmerzhaftes Gift enthalten“, erklärt der Unterwasserfotograf Dieter Wanke aus Mörfelden-Walldorf. An den Riffen der Bahamas dürften Taucher daher häufiger den Rückwärtsgang einlegen, weil der Rotfeuerfisch sich dort zunehmend ausbreitet.

Zu Hause aber ist der Fisch dort nicht. Eigentlich kommt er aus dem Pazifik und dem Indischen Ozean. Sein auffälliges Streifenmuster und die relativ handliche Größe mit gerade einmal 45 Zentimetern Länge machen ihn zu einem beliebten Aquarienfisch. Als der Hurrikan Andrew 1992 ein solches privates Aquarium an der Küste Floridas zerschmetterte, sollen sechs Feuerfische in den Atlantik entkommen sein, in dem sie von Natur aus nicht vorkommen. Vielleicht war auch der eine oder andere Aquarianer seiner Tiere überdrüssig, nachdem er mit deren Gift in Berührung gekommen war, und entließ sie in die Freiheit. Wenn der Atlantik nicht weit ist, liegt die Überlegung nahe, den Tieren dort ihre Freiheit wiederzugeben.

Das ist zwar illegal, lässt sich aber kaum kontrollieren. Seit Anfang der neunziger Jahre tauchen Rotfeuerfische jedenfalls immer häufiger vor Florida auf. Der warme Golfstrom hat sie von dort wohl nach Westen bis zu den Bahamas getragen, wo ihn Meeresbiologen oft an den Riffen finden. Dort unterstützt der Taucher Bruce Purdy die Naturschützer, die das Vordringen der Riffbewohner kritisch beobachten. Er hat bereits mit den Stacheln des Neuankömmlings Bekanntschaft gemacht: „Ich hatte solche Schmerzen, dass ich versucht war, mir die Hand abzuschneiden“, sagt er.

Solche Tauchunfälle sind aber die Ausnahme, denn der Feuerfisch ist nicht aggressiv, sondern verteidigt sich nur gegen Angreifer, die Appetit auf ihn haben. Vorher gibt es eine Warnung in zwei Stufen: Zunächst breitet der Fisch die Stacheln aus; wenn das nicht hilft, schwimmt er rückwärts mit aufgestellten Stacheln auf den potenziellen Angreifer zu. „Dieses Signal versteht jeder Taucher“, sagt Wanke.

Naturschützer beobachten den Eindringling aus anderen Gründen mit Argusaugen, erklärt Karoline Schacht von der Naturschutzorganisation „World Wide Fund for Nature“ (WWF): Als in den sechziger Jahren im Viktoriasee im Herzen Afrikas Nilbarsche ausgesetzt wurden, lösten sie eine ökologische Katastrophe aus. Die bis zu 180 Zentimeter langen und 70 Kilogramm schweren Raubfische hatten keinen Feind in diesem zweitgrößten Süßwassersee der Erde und vermehrten sich rasant. Und das vor allem auf Kosten der kleineren Buntbarsche, von denen mehrere hundert Arten im Viktoriasee zu Hause waren. Inzwischen ist der Nilbarsch ein begehrter Fisch für den Export nach Europa und in die USA, gleichzeitig fehlen den Menschen am Ufer die Fischmahlzeiten, weil der Nilbarsch etliche Arten ausgerottet hat.

Auch Feuerfische ernähren sich von anderen Fischen und haben bei den Bahamas kaum Feinde. Selbst Haie machen einen großen Bogen um die Giftfische. Nur Zackenbarsche, die auch in der Karibik zu Hause sind und die Feuerfische ungeachtet ihrer Giftstacheln gern fressen, könnten den Bestand dezimieren. Solange sie allerdings von Sportfischern geangelt werden, haben die Feuerfische im Ozean freie Fahrt. Roland Knauer

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