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Den Glanz bewahren. Die Unipräsidenten versuchen lediglich, den Status quo zu sichern. Das aber wird schon schwer genug.

© Bernd Wannenmacher

Berliner Unis: Fordern ohne zu jammern

Berlins Unipräsidenten wollen mehr Geld vom Senat: Sie fordern, ihr Zuschuss soll bis 2017 auf zusätzliche 110 Millionen Euro steigen. Die Unis gehen mit breiter Brust in die Verhandlungen.

Berlins Hochschulpräsidenten wollen nicht als Jammerlappen gelten, nur weil sie mehr Geld vom Berliner Senat fordern: „Wir jammern nicht, dass wir gerade mal wieder vor dem Kollaps stehen, sondern wir treten selbstbewusst und zuversichtlich auf“, sagte Jan-Hendrik Olbertz, Präsident der Humboldt-Universität, am Mittwochnachmittag.

Zum Auftakt der Verhandlungen mit dem Senat über die Hochschulverträge für die Jahre von 2014 bis 2017 hatten die Präsidenten Pressevertreter an die HU eingeladen, um sie auf den richtigen Ton einzuschwören. Die Hochschulen Berlins sollen nicht als Fässer ohne Boden dargestellt werden, die im überschuldeten Berlin ständig neue Unsummen schlucken. Vielmehr sollen ihre Leistungen, darunter die Siege in der Exzellenzinitiative, hervorgehoben werden, sowie ihr Nutzen für Berlin, etwa als Garant eines „hochqualifizierten Arbeitskräftepotenzials“: „Wir wissen, dass Berlin in einer schwierigen finanziellen Situation steckt. Darum treten wir als Partner auf“, sagte Martin Rennert, Präsident der Universität der Künste.

Tatsächlich werden die Verhandlungen mit dem Senat „sehr schwierig“, wie Knut Nevermann, Staatssekretär in der Wissenschaftsverwaltung, bereits erklärt hat. Die Hochschulen fordern, dass ihr Zuschuss schrittweise auf zusätzliche 110 Millionen Euro im Jahr 2017. Damit wäre eine Steigerung um zehn Prozent gegenüber dem jetzigen Niveau erreicht, auf über eine Milliarde Euro. Der Haushalt des Landes Berlin soll jährlich aber nur um 0,3 Prozent wachsen dürfen. Finanziert das Land Berlin die zusätzlichen zehn Prozent nicht, müssten Studienplätze abgebaut werden, sagte Olbertz. FU-Präsident Peter-André Alt erklärte, auch die jetzigen Forschungsleistungen würden dann nicht mehr zu halten sein.

Die Uni-Präsidenten haben gute Argumente. Berlins Unis stehen bundesweit an der Spitze der Forschungsrankings und werben heute dreieinhalbmal so viele Drittmittel ein wie noch 1992. Und das, obwohl die Zahl der Professuren in diesem Zeitraum um 48 Prozent abgeschmolzen wurde, im wissenschaftlichen Mittelbau um 39 Prozent, während die Zahl der Studierenden stieg: von 148 426 auf 153 694. Auch nach dem Ende der letzten großen Sparrunde im Jahr 2004 hat der Senat die Unis aber extrem kurz gehalten, müssen die Zuschüsse ständig weiter gestreckt werden.

Viele Studierende – wie viele, konnten die Unipräsidenten am Mittwoch nicht beziffern – werden durchgeschleppt, ohne dass für sie Geld vom Senat fließt, etwa Fachwechsler oder Lehramtsstudierende: Letztere wechseln zu 100 Prozent in den Master, doch das Finanzierungsmodell des Senats geht für alle Studiengänge von einer nur fünfzigprozentigen Übergangsquote aus. Wegen des Zwangs, immer mehr Drittmittel einzuwerben, entstehen den Unis immer neue Zusatzkosten. Denn die Projekte nehmen eine Infrastruktur in Anspruch, die mit den Mitteln nicht gedeckt werden kann.

Die Forderungen der Unis nehmen sich vor diesem Hintergrund maßvoll aus. Mit den zusätzlichen 110 Millionen Euro wollen sie nur die Kosten abdecken, die erwartbar auf sie zukommen: Für die ansteigenden Tarife und die wachsenden Pensionslasten erwarten sie im Jahr 2017 eine Steigerung von 77,6 Millionen Euro. Unklar ist noch, wie die Personalkosten gedeckt werden, die sich aus zwei Gerichtsurteilen ergeben: W-2 Professuren müssen besser besoldet werden, im BAT Beschäftigte dürfen nicht wegen ihres jüngeren Alters schlechter bezahlt werden als ältere Kollegen. Um die Inflation und die steigenden Energiekosten abzudecken, müssten 2017 den Hochschulen zufolge 28,5 Millionen zusätzlich fließen. Mit den 110 Millionen wäre dann lediglich der Status quo gesichert.

Zusätzlich fordern die Hochschulen für die Sanierung und für Neubauten ein Sonderprogramm mit einer Milliarde Euro. Bislang bekommt jede der drei großen Unis jährlich zehn Millionen Euro für Baumaßnahmen – so viel wie schon 1992. Die Folge seien „wegen Baumängeln gesperrte Hörsäle“ und „veraltete Labore und Werkstätten“: „Wir leiden an einem Sanierungsstau“, erklärte Monika Gross, Präsidentin der Beuth-Hochschule. Beim Bauen wünschen sich die Hochschulen mehr finanzielle Autonomie bei größeren Vorhaben.

Die Hochschulen hadern auch mit dem Preismodell, das der ehemalige Wissenschaftssenator Jürgen Zöllner 2010 eingeführt hatte. Danach werden zwei Drittel des Budgets für Leistungen in Forschung und Lehre verteilt, nur ein Drittel über eine „Sockelfinanzierung“. Der Sockel deckt die tatsächlichen Fixkosten nach Aussagen der Unipräsidenten aber nicht ab. Die Querfinanzierung aus den anderen beiden Bereichen kommt aber an ihre Grenzen: Damit die Hochschulen mit immer besseren Leistungen nicht einfach immer mehr Geld vom Senat verdienen können, gibt es einen Deckel. Die Unipräsidenten wünschen eine deutliche Erhöhung des Sockels, neue Preise an den einzelnen Indikatoren – eigentlich aber sogar den Abschied vom als bürokratisch empfundenen Preismodell.

Die Senatsverwaltung will die Verhandlungen über die neuen Hochschulverträge schon Ende März abschließen, berichtete TU-Präsident Jörg Steinbach.

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