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Fichten. Sie wurden vielerorts anstelle von Eichen und Buchen gepflanzt. Foto: Imago

© imago/blickwinkel

Forstwirtschaft: Nadelbäume machen Klimabilanz zunichte

Europas Wälder sind in den letzten 150 Jahren zwar größer geworden, doch es wurden viele Nadelbäume gepflanzt. Sie halten die Wärme besser am Boden.

Wälder gelten als wirksames Mittel gegen den Klimawandel, denn sie binden große Mengen Kohlenstoff im Holz – so weit, so einleuchtend. Doch auch die Art der Forstwirtschaft spielt eine entscheidende Rolle. Werden andere Bäume gepflanzt, kann der Klimaschutzeffekt zunichte gemacht werden. Davon berichten Forscher um Kim Naudts vom Laboratoire des Sciences du Climat et de l'Environnement in Paris und vom Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg im Fachblatt „Science“.

Sie haben die Entwicklung der europäischen Wälder seit 1750 genauer analysiert. Damals wurden massenhaft Bäume gefällt. Holz war ein unersetzlicher Rohstoff für Gebäude und Möbel und das wichtigste Brennmaterial. Obendrein brauchte die wachsende Bevölkerung für ihre Ernährung mehr Ackerflächen. Um diese Bedürfnisse zu erfüllen, verlor Europa in den ersten hundert Jahren dieses Zeitraums mit 190.000 Quadratkilometern eine Waldfläche, die mehr als der halben Größe Deutschlands entspricht.

Seit 1850 nahm die Waldfläche beträchtlich zu

Später ersetzten Kohle sowie Erdöl und Erdgas Holz als Energieträger, auch als Baustoff war es weniger gefragt. Obendrein steigerten Kunstdünger und Pestizide die Erträge. Es wurde wieder aufgeforstet. Seit 1850 kamen so 386.000 Quadratkilometer neuer Wald dazu.

Diese zusätzlichen Wälder speichern viel Kohlenstoff. Insgesamt hat die Zunahme der Waldfläche in Europa seit 1750 rund 0,7 Milliarden Tonnen Kohlenstoff aus der Luft geholt, rechnen Naudts und ihre Kollegen aus. In der Gesamtbilanz sei das allerdings wenig. Insgesamt hat die Menschheit bisher rund 247 Milliarden Tonnen Kohlenstoff in Form von Kohlendioxid in die Luft geblasen. Durch die europäische Aufforstung wurden gerade einmal 0,3 Prozent dieser Menge aus der Atmosphäre geholt.

Wegen der Nadelbäume ist es im Sommer wärmer

Doch nicht nur die Fläche der Wälder hat sich seit 1750 geändert, auch ihre Struktur. Es wurden vermehrt Nadelbäume gepflanzt, die schneller wachsen und so auf der gleichen Fläche mehr Holz liefern als Buchen und Eichen. Nadelwälder nehmen Sonnenstrahlen effektiver als Laubbäume auf und halten so mehr Sonnenenergie auf der Erde. Gleichzeitig verdunstet aus Fichtennadeln weniger Wasser als aus Buchen- oder Eichenblättern. „Über Nadelwäldern wird so die Luft etwas trockener und kann Wärme schlechter abstrahlen“, sagt Naudts.

Durch diesen Effekt stieg die Temperatur in den unteren Luftschichten im Sommer über Europa um ein zehntel Grad Celsius an (insgesamt nahm die Sommertemperatur um 1,7 Grad zu). Die Forscher kommen zu dem ernüchternden Resultat: „Die europäische Forstwirtschaft der letzten 250 Jahre hat nicht zur Abkühlung des Klimas beigetragen.“

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