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Eine Unimitarbeiterin führt eine Gruppe von Studieninteressierten über den Campus.

© BTU Cottbus - Senftenberg

Freie Studienplätze: So geht's Last Minute an die Uni

Abi in der Tasche, aber noch keinen Studienplatz? Auch abgelehnte Bewerber oder bislang Unentschlossene haben noch viele Chancen.

„Jetzt einschreiben“, wirbt die Technische Universität Berlin auf ihrer Homepage. Noch bis zum 31. August läuft die Immatrikulationsfrist für NC-freie Studiengänge. Die freundliche Einladung richtet sich nicht nur an Kurzentschlossene, die noch unsicher sind, was sie mit ihrem Abitur anfangen sollen. Die 17 Studiengänge der TU, die nicht zulassungsbeschränkt sind, wo also der Abischnitt keine Rolle spielt – darunter Elektrotechnik, Informatik, Technischer Umweltschutz und Wirtschaftsmathematik – könnten auch abgelehnten Bewerberinnen und Bewerbern Alternativen bieten.

Denn in diesen Tagen werden die Bescheide der Hochschulen und der Stiftung für Hochschulzulassung verschickt. Über diese Serviceeinrichtung vergeben die TU und viele andere bundesweit einen wachsenden Anteil ihrer Studiengänge mit lokalem Numerus clausus (NC).

Schock oder Chance? In jedem Fall gibt es auch im August und September und teilweise bis in den Oktober hinein noch viele Optionen für Studierwillige, die wir hier vorstellen.

Trotz Zeitdrucks klug entscheiden

„Eine Ablehnung ist kein Grund zur Panik“, sagt Sylvi Laschett von der Studienberatung der TU. „Wer in der Situation ist und unüberlegt handelt, sich Hals über Kopf in irgendeinen anderen Studiengang einschreibt, riskiert, nach ein, zwei Semestern frustriert abzubrechen.“ Auf ein anderes Fach umzuschwenken, weil dort noch Kapazitäten in diesem Wintersemester frei sind, sei nur ratsam, „wenn ich dafür wirklich Interesse aufbringe“, sagt Laschett. Vor der Entscheidung sollte man möglichst noch einmal in die Studienberatung gehen und sich über die Alternativen informieren. Und davon gibt es eine ganze Menge.

Aufs Nachrücker- und Losverfahren hoffen

Viele Abiturienten bewerben sich an mehreren Unis und springen eventuell wieder ab, wenn eine bessere Hochschule zusagt. Daher werden Plätze immer wieder für „Nachrücker“ frei: Es kann also sein, dass sich selbst bei denen, die keinen Bescheid haben, letztlich doch noch die Wunschuni meldet. Die Humboldt-Universität etwa führt ihre Nachrückverfahren im Bachelor in diesem Jahr erst Anfang September durch.

Studienplätze, die die Unis am Ende des „normalen“ Zulassungsverfahrens nicht besetzen können, werden zum Schluss verlost. „Dann zählt nur das Glück“, sagt eine Sprecherin von Hochschulstart. Dabei kann jeder mitmachen – egal, ob man sich vorher beworben hatte oder nicht.

Kompliziert für Bewerber: Fast jede Hochschule hat ihre eigenen Fristen und Regeln. Manche nutzen für das Losverfahren das Hochschulstart-Portal (wo man das Losen in „Clearingverfahren“ umgetauft hat) – wie die TU. Hier gibt es zwei Zeitfenster: vom 30. August bis zum 4. September und vom 23. bis 29. September. Andere, wie die Freie Universität und die Humboldt-Universität, verlosen in Eigenregie. An der FU kann man sich online anmelden, und zwar zwischen dem 8. und 14. September. Die HU fordert Interessierte auf, bis 30. September ihren Loswunsch auf einem Formular per Post einzuschicken. Bewerbern hilft da nur, regelmäßig die Uniwebseiten sowie die Seite „Hochschulkompass“ der Hochschulrektorenkonferenz zu prüfen, ob und wo es Vakanzen gibt.

Allzu große Hoffnungen auf beliebte Massenfächern sollten sich Bewerber aber nicht machen. Die HU kann jetzt schon absehen, dass sie für Agrar- und Gartenbauwissenschaften, Biophysik, Skandinavistik und Asien-/Afrikastudien losen wird. Viel mehr Fächer dürften es auch nicht werden, wenn man nach den vergangenen Jahren geht. An der FU wurden in der Vergangenheit ebenfalls nur kleinere Fächer auf diesem Weg vergeben. Aktuell steht dort noch nichts fest.

Die Wartezeit überbrücken

Falls es nicht mit dem Nachrücken klappt, ist die Wartezeit für TU-Studienberaterin Laschett der Königsweg zum Wunsch-Studienplatz. Mit jedem Semester, in dem man seit dem Abitur nicht an einer Hochschule in Deutschland eingeschrieben ist, steigen die Chancen. Für Architektur etwa brauchte man an der TU im vorigen Wintersemester ohne Wartezeit einen Schnitt von 1,8, mit zwei Wartesemestern war nur noch eine 2,1 nötig, um einen Platz zu bekommen, ab drei Semestern war die Note egal. Ähnliches gilt für viele NC-Fächer, denn die TU vergibt 50 Prozent ihrer zulassungsbeschränkten Studienplätze nach Wartezeit. Dieser Prozentsatz variiert von Hochschule zu Hochschule. An FU und HU sind es nur 20 Prozent, dementsprechend geringer sind die Chancen dort.

Wer an seinem Wunschfach an der Heimatuni festhalten will, sollte sich also über seine voraussichtliche Wartezeit informieren. Reichen ein oder zwei Semester, kann man sich dem Fach mit einem passenden Praktikum, Job oder Engagement im Bundesfreiwilligendienst nähern. Ein Scheinstudium, das das Kindergeld sichert, verbietet sich dann allerdings.

Dem Wunschfach nachreisen

Am Wunschfach festhalten und sofort studieren – auch das geht. Außerhalb von Berlin mit seinen traditionell stark nachgefragten Hochschulen kann man sich vielerorts in zulassungsfreie Studiengängen einschreiben oder auf Restplätze in NC-Fächern bewerben. Eine Orientierung bietet die Studienplatzbörse der HRK (www.hochschulkompass.de). Dort lässt sich das Angebot von aktuell bundesweit fast 1000 Studiengängen mit freien Anfängerplätzen nach Suchkriterien wie Fachgebiet, Stadt und Art des Abschlusses eingrenzen. Treffer gibt es quer durchs Land und in fast allen Fächergruppen. Deutlich unterrepräsentiert sind Medizin- und Gesundheitswissenschaften – wegen der strengen NCs in Medizin, Zahnmedizin und Psychologie.

Beispiel Architektur: Das Fach ist an der BTU Cottbus Senftenberg NC-frei, bis zum 30. September kann man sich noch einschreiben. Das gilt an der BTU für mehr als 20 Fächer von Angewandter Chemie über BWL, Kultur und Technik, Stadt- und Regionalplanung bis Wirtschaftsingenieurwesen. Beim Infotag am 12. September kann man die drei Standorte erkunden, mit Studienberatern, Studierenden und Lehrenden sprechen.

Eine gute Adresse ist auch die Uni Leipzig mit fast ebenso vielen Angeboten und einer Bewerbungsfrist bis zum 15. September. Leipzig bietet freie Plätze in MINT-Fächern wie Mathematik, Informatik und Physik und in geisteswissenschaftlichen Fächern wie Afrikastudien, Archäologie, Geschichte und Digital Humanities an. Ähnlich sieht die Lage an der Uni Rostock aus, zu den begehrten Fächern mit freien Plätzen gehören hier Umweltingenieurwissenschaften und Wirtschaftsinformatik, Geschichte und Philosophie. Doch auch Universitäten in Niedersachsen und Bayern haben noch viel zu bieten, etwa Hannover mit Geowissenschaften oder Mechatronik und Bamberg mit Deutsch, Kommunikationswissenschaft oder Sozialpädagogik.

Wer ernsthaft auf der Suche ist, darf sich nicht allein auf das Angebot im „Hochschulkompass“ verlassen. Ursprünglich war die Börse nur für Restplätze in lokalen NC-Fächern gedacht. Viele Hochschulen stellen dort aber auch zulassungsfreie Fächer ein, viele allerdings auch nicht, darunter die Uni Rostock. Aus Berlin finden sich in der Studienplatzbörse fast ausschließlich gebührenpflichtige Studiengänge an privaten Fachhochschulen. Deshalb lohnt es sich immer, auch auf den Homepages einzelner Hochschulen nach freien Plätzen zu gucken.

Für Berlin zeigt sich: An der Beuth-Hochschule, einer der drei staatlichen FHs, kann man sich noch bis zum 31. August in einige NC-freie Studiengänge einschreiben, darunter in Verfahrens- und Umwelttechnik oder Geoinformation. Die anderen vergeben Restplätze über das Clearingverfahren von Hochschulstart.

Zeit für ein „Collegejahr“ nehmen

Abiturienten, die das alles zu kompliziert und kurzfristig finden und noch gar nicht für ein bestimmtes Fach „brennen“, können auch mit einem Orientierungsjahr anfangen. In der Region Berlin-Brandenburg gibt es dafür zwei Angebote, die derzeit noch Interessenten aufnehmen. Das Programm „MINT grün“ an der TU Berlin bietet Projektlabore in naturwissenschaftlich-technischen sowie in geistes- und sozialwissenschaftlichen Fächern an. Das neue Orientierungsstudium „College+“ an der BTU Cottbus bereitet Anfänger auf nahezu alle Fächer im Studienangebot vor – mit Schwerpunkttraining etwa in Mathematik und Englisch. Beide Programme laufen über zwei Semester und werden von der Studienberatung eng begleitet. Erfolgreich abgeschlossene fachliche Module werden auf ein „richtiges“ Studium an der jeweiligen Uni angerechnet. Auch die FU hat mit "EinS@FU" ein Orientierungsjahr im Angebot - hier sind die Bewerbungsfristen für das kommende Wintersemester aber bereits abgelaufen.

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