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Wissen: Fremde Zeichen sensibel deuten TU- Studenten können sich in Kursen zu „Interkultureller Kompetenz“

aufs Ausland vorbereiten

Ob beim Praktikum in Japan oder dem Ingenieursjob in Brasilien: Interkulturelle Kompetenz erleichtert die Verständigung ungemein. Sie wird mehr und mehr zu einer Schlüsselkompetenz. Doch was ist überhaupt interkulturelle Kompetenz?

17 Studierende aus sechs Nationen erlebten im ersten TU-Seminar zu diesem Thema, was passieren kann, wenn man unsensibel mit der Kultur des anderen umgeht. Den Begriff „Kultur“ definieren sie nun anders. Sehr viel breiter als bisher. Denn er reicht über die Zugehörigkeit zu einer ethnischen Gruppe oder Religionsgemeinschaft hinaus. „Kultur ist ein Orientierungssystem, auf das sich eine Individuengruppe geeinigt hat“, erklärt André Morawski. Er konzipierte zusammen mit Rüdiger Schalla das Modul bei den Erziehungswissenschaftlern. Das fängt im Kleinen, bei einer Studiengruppe, an und hört beim internationalen Konzern noch lange nicht auf.

Wie erkläre ich einem Kooperationspartner mein Projekt? Ohne ihn zu sehen, nur am Telefon? Emmanuel Montier, BWL-Student aus Paris und derzeit im Studienaustausch an der TU, merkte schnell, wie schwierig das ist, wenn einem nur die Worte bleiben. Übungshalber musste eine Gruppe der anderen erklären, wie sie eine „Skulptur“ aus fünf Personen arrangieren soll. Die Teams waren durch Stellwände voneinander getrennt. „Es war schwierig, so ganz ohne die Hände oder eine Skizze.“ Videokonferenzen zwischen weit entfernten Partner sind ein Mittel, um solche Schwierigkeiten zu überbrücken. Aber nur, wenn Zeichen und Gesten richtig gedeutet werden.

„Alle Zeichen und Symbole sind kulturellen Ursprungs – doch der kann in jeder Kultur ein anderer sein.“ Morawski und Schalla demonstrierten es den Studierenden in einer Simulation. Jede Gruppe entwickelte ihre eigene „virtuelle Kultur“. Anweisungen auf Kärtchen – aus Sport, Mythologie, Natur und Arbeitswelt – werden in entsprechende Rituale umgesetzt. Wurde etwa in einer „Kultur“ der Ball immer mit beiden Händen gespielt, durfte er in einer anderen nur mit dem Fuß berührt werden. In der dritten galten Bälle als Tabu. Beim Treffen der „Kulturen“ trat Ratlosigkeit ein: Keiner konnte die Zeichen des anderen verstehen.

Interkulturelle Probleme werden üblicherweise durch Heranziehen eigener Standards interpretiert. Aber weder das, noch die Übernahme eines fremden Rituals sind die Lösung. „Akkulturation ist gefragt, die Erweiterung des persönliche Kulturbegriffs“, sagt André Morawski. Im nächsten Seminar will er via Chat mit der Uni Shanghai zusammenarbeiten.

Das Modul „Interkulturelle Kompetenz“ wurde nun als Projekt in das TU-Förderprogramm für Studienreformprojekte aufgenommen. Es wird Studierende auf Auslandsaufenthalte vorbereiten, aber auch die Kommunikation an der multikulturellen TU verbessern. Und nicht zuletzt die interdisziplinäre Arbeit. Denn jede Fachdisziplin lässt sich als Kultur verstehen – im weiteren Sinne.

Kontakt: andre.morawski@tu-berlin.de

Catarina Pietschmann

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