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Petri heil. Steinzeitliche Angelhaken aus Muschelschalen. Foto: Sue O'Connor

© dapd

Wissen: Frühe Hochseefischer

Viel eher als gedacht fuhren Menschen aufs offene Meer, um Thunfische zu fangen.

Bereits vor 42 000 Jahren stand bei den Steinzeitmenschen Thunfisch auf dem Speiseplan. Das schließen Sue O’Connor von der National University in Canberra (Australien) und ihre Kollegen aus Fischknochen, die sie auf der Insel Timor in Südostasien fanden. Wie sie im Fachjournal „Science“ berichten (Band 334, Seite 1117), entdeckten sie in einer Höhle auch zahlreiche weitere Reste von Fischen, die praktisch nie in Küstengewässern unterwegs sind. Demzufolge müssen die Steinzeitfischer bereits auf hochseetüchtigen Booten zum Fang gefahren sein. Bisher hatte man angenommen, dass der Fischfang auf hoher See erst vor 12 000 Jahren begann.

Darüber hinaus liefern die Funde wichtige Anhaltspunkte in der Frage, wie die ersten Menschen vor rund 50 000 Jahren nach Australien gekommen sein könnten. Die Erde sah damals ziemlich anders aus. Es herrschte die Eiszeit, große Mengen Wasser waren in den Gletschern im Norden gebunden, der Meeresspiegel lag bis zu 130 Meter tiefer als heute. Weite Teile des Meeresbodens in Südostasien waren trocken gefallen, was den Bewegungsradius der Menschen deutlich erweiterte. Dennoch konnten sie nicht trockenen Fußes vom asiatischen zum australischen Festland gelangen. Zwar gab es einige Inseln, doch es galt immer noch eine mindestens 70 Kilometer breite Meeresstraße zu überwinden. Wie hatten sie das geschafft? Hatte womöglich ein Sturm die Menschen in einem primitiven Wasserfahrzeug ans andere Ufer getrieben? Australien wäre so eher zufällig besiedelt worden. Die Funde von O’Connor und Kollegen lassen einen anderen Schluss zu.

Bereits zuvor kannten Wissenschaftler eine Reihe von küstennahen Höhlen in Südafrika und Südostasien, in denen sie neben den Fossilien von Steinzeitmenschen und ihren Werkzeugen auch viele Reste von Muscheln, Fischen oder Robben fanden. Alle Arten lebten jedoch in Küstengewässern. Fische der Hochsee entdeckten die Forscher in diesen Fundstätten allenfalls vereinzelt.

In der „Jerimalai“-Höhle, die sich in Kalkklippen im Osten Timors auftut, fanden die Wissenschaftler nicht nur Werkzeuge aus Stein und Knochen, sondern auch die Reste vieler Tiere, die dort von den Steinzeitmenschen verzehrt worden waren. Nur wenige Fossilien stammten von Landtieren wie Riesenratten, Fledermäusen, Vögeln und Python-Schlangen, die meisten gehören zu den Fischen.

Nur die Hälfte der 38 687 Fossilien lassen sich Küstengewässern zuordnen, berichten O’Connor und Kollegen. Die andere Hälfte waren Hochseefische, die vor 38 000 bis 42 000 Jahren erbeutet wurden. Die meisten dieser Knochen deuten allerdings auf Tiere hin, die etwa einen halben Meter lang waren und noch zum Nachwuchs gehörten. Daraus schließen die Forscher, dass die Fische eher ins Netz gingen, als dass sie geangelt wurden.

Außerdem fand das Team wenige Zentimeter große Angelhaken, die die Menschen vor bis zu 23 000 Jahren aus den Schalen von Meeresschnecken hergestellt hatten. Die gefundenen Angelhaken taugen zwar kaum für den Fang von Thunfischen und anderen Hochseebewohnern. Die Forscher vermuten aber, dass die Menschen damals noch andere Typen von Angelhaken herstellten, die sie auf hoher See auswarfen.

Die vielen gefundenen Thunfische und andere Arten der Hochsee zeigen, dass die Steinzeitfischer damals weit vor der Küste ihre Netze und Angelleinen auswarfen. Das geht nur mit hochseetüchtigen Booten und guten Seeleuten.

Die Hochseefischerei lieferte also nicht nur Nahrung, sondern eröffnete auch die Möglichkeit, breite Meeresstraßen zu überqueren und so neues Land zu erreichen. Roland Knauer

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