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Medizin: Fünf Tassen Kaffee gegen Alzheimer

Koffein bessert das Hirnleiden – im Tierversuch. Genauso wie Tee hat das schwarze Gebräu einige durchaus günstige Auswirkungen auf die Gesundheit.

Kaffeetrinker brauchen schon lange kein schlechtes Gewissen mehr zu haben, weil sie angeblich einem schädlichen Laster frönen. Genauso wie Tee hat das schwarze Gebräu einige durchaus günstige Auswirkungen auf die Gesundheit. Möglicherweise schützt Kaffee – und in geringerem Maße auch Tee – sogar vor Alzheimer. Das ergaben Tierversuche amerikanischer Forscher, bei denen sich die Symptome von alzheimerkranken Mäusen deutlich besserten, wenn die Tiere Koffein in ihr Trinkwasser bekamen.

Würde ein Mensch die seinem Körpergewicht entsprechende Koffeinmenge zu sich nehmen, müsste er täglich fünf Tassen Kaffee oder 14 Tassen Tee trinken, berichten die Forscher um Gary Arendash von der Universität von Südflorida. Darin ist etwa ein halbes Gramm Koffein.

Die genetisch veränderten Tiere waren 18 bis 19 Monate alt, vergleichbar etwa einem Menschen mit 70, und hatten bereits deutliche Zeichen von Gedächtnisschwäche. Die eine Hälfte bekam mit Koffein versetztes Trinkwasser, die andere pures Wasser. Nach zwei Monaten schnitten die Koffein-Mäuse bei Leistungstests deutlich besser ab, ihr Gedächtnisvermögen entsprach sogar wieder dem normal gealterter Mäuse. Bemerkenswert war außerdem, dass der krankmachende Eiweißmüll namens Beta-Amyloid im Hirn der Tiere um die Hälfte verringert wurde.

Die zwei Studien, die online im Fachblatt Journal of Alzheimer’s Disease veröffentlicht wurden, bestätigen frühere Ergebnisse. Die Forscher konnten bereits belegen, dass rechtzeitig gegebenes Koffein das Entstehen von Alzheimer-Symptomen bei Mäusen verhüten kann. Ging es damals um Vorbeugung, so steht bei den neuen Untersuchungen die „Behandlung“ mit Koffein im Vordergrund.

„Die jetzigen Ergebnisse liefern Hinweise darauf, dass Koffein eine sinnvolle ,Therapie’ für eine bereits ausgebrochene Alzheimer-Krankheit sein kann, nicht nur einfach eine Schutzstrategie“, sagt der Studienleiter Gary Arendash. „Das ist wichtig, weil Koffein für die meisten Menschen sicher ist, leicht ins Gehirn gelangt und hier anscheinend direkt den Krankheitsprozess beeinflusst.“

Die Wissenschaftler wollen nun Koffein bei Menschen mit leichter geistiger Beeinträchtigung oder einer Alzheimer-Krankheit im Frühstadium einsetzen. Sie konnten bereits zeigen, dass Koffein bei älteren Menschen das krankmachende Beta-Amyloid im Blut verringert.

Auf das Koffein waren die Wissenschaftler durch eine portugiesische Studie aufmerksam geworden, nach der Alzheimer-Patienten in den letzten 20 Jahren weniger Koffein aufgenommen hatten als Menschen ohne die Krankheit. Laut einer anderen Untersuchung senken drei bis fünf Tassen Kaffee pro Tag im mittleren Lebensalter deutlich das Alzheimer-Risiko im späteren Leben. Drei oder mehr Tassen am Tag sollen zudem mehreren Langzeitstudien zufolge den geistigen Abbau bei älteren Menschen bremsen können.

Auf welche Weise Koffein bei Alzheimer gegensteuert, ist noch nicht bekannt. Die Forscher vermuten, dass der Wirkstoff bestimmte molekulare Scheren im Gehirn „stumpf macht“. Diese Scheren mit Namen Sekretasen zerschneiden das Amyloid-Vorläuferprotein. Die dabei entstehenden Eiweißschnipsel verklumpen dann zu gefährlichem Beta-Amyloid. Es könnte aber auch sein, dass Koffein Entzündungsvorgänge im Gehirn bremst, durch die ebenfalls Beta-Amyloid angehäuft wird.

Koffein sagt man auch bei anderen Krankheiten positive Wirkungen nach. Der entzündungshemmende Effekt könnte Allergien und Asthma dämpfen. Zudem gibt es Indizien dafür, dass die Substanz der Schüttellähmung (Parkinson), Leberkrankheiten, Darmkrebs und Alterszucker (Typ-2-Diabetes) vorbeugen kann. Dagegen hat sich die Behauptung, dass Kaffee den Körper austrocknet, als Mythos erwiesen. Koffein wirkt zwar leicht entwässernd, doch wird das durch die in koffeinhaltigen Getränken enthaltene Flüssigkeit meist mehr als wettgemacht. Hartmut Wewetzer

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