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Vernetzt. Weltweit wird am virtuellen Gehirn geforscht, sagt Petra Ritter.

© T. Rückeis

Future Medicine: Das virtuelle Gehirn

Das simulierte Denkorgan soll der Medizin helfen, sagt Petra Ritter. Etwa bei der Behandlung von Epilepsie.

Es ist ein Vorhaben, das auf den ersten Blick ein wenig größenwahnsinnig anmutet. Wissenschaftler wollen komplette, individuelle Gehirne im Computer „nachbauen“, oder besser: simulieren. „Virtual Brain“ nennt sich das Vorhaben einer internationalen Forschergruppe, über das die Neurowissenschaftlerin Petra Ritter von der Berliner Charité auf dem „Future Medicine“-Kongress berichtete. Dabei muss man sich vor Augen halten, dass im Gehirn Milliarden von Nervenzellen über Billionen von Kontaktstellen miteinander kommunizieren.

Auf den zweiten Blick offenbart sich jedoch, dass ein virtuelles Gehirn durchaus im Bereich des Machbaren ist. Man muss jedoch vereinfachen, abstrahieren, in erlaubtem Maß vergröbern. Wie Petra Ritter erläutert, gilt das besonders für mathematische Modelle, die den Informationsaustausch zwischen einzelnen Nervenzellen nachahmen. Sie sind die Basis, die kleinste Einheit des Modells. Natürlich ist es nicht möglich, jede einzelne Nervenzelle im Computer zu simulieren. Hier muss also schematisiert werden, ohne dass dies auf Kosten wichtiger Information geht. So kann man Tausende von Nervenzellen zusammenfassen, wenn sie gleichsinnig aktiv sind.

Viele Arbeitsgruppen benutzen die Plattform bereits

Weiterer Baustein sind Aufnahmen mit der Magnetresonanztomografie. Sie geben Aufschluss über die Architektur des einzelnen Gehirns und den Verlauf der Nervenbahnen. Hinzu kommen Informationsquellen wie Magnetfeldmessungen und das Elektroenzephalogramm, die Aufzeichnung der Hirnströme. Die Software für das virtuelle Gehirn ist frei zugänglich und kann unter www.thevirtualbrain.org heruntergeladen werden. „Viele Arbeitsgruppen benutzen diese Plattform bereits“, sagt Ritter.

Die zukünftige Anwendung sieht die Neurologin vor allem in der Medizin. Am weitesten fortgeschritten ist ein möglicher Einsatz in der Behandlung der Epilepsie. In schweren Fällen, bei denen Medikamente die Krampfanfälle nicht mehr unterdrücken können, kann eine Operation helfen, elektrische Störherde im Gehirn auszuschalten. Das virtuelle Gehirn soll die Vorbereitung des Eingriffs erleichtern und ihn effektiver machen.

- Vor Kurzem fand in Berlin der „Future Medicine“-Kongress des Tagesspiegels und des Berlin Institute of Health statt. Hier stellen wir herausragende Beiträge vor.

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