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Noch Fragen? Nahezu alle Hochschulen erheben für Angebote wie die Studienberatung Gebühren.

© Ulrich Dahl/TU Berlin

Gebühren auch ohne "Campusmaut": Erst zahlen, dann einschreiben

Teure Uni auch ohne Studiengebühren: Für Verwaltung, Soziales und Semesterticket sind bis 300 Euro fällig. Zahlen muss auch, wer den Service nicht in Anspruch nimmt. Doch es gibt bundesweit große Unterschiede.

Wer in Berlin studieren will und sich auf den Homepages der Hochschulen umsieht, stößt bald auf die „Semestergebühren und -beiträge“. Studiengebühren in Berlin? Nein, es geht um die Beiträge, die Studierende für Immatrikulation und Rückmeldung, für das Studentenwerk und die Studierendenschaft (Asta oder Referat) zahlen müssen – zusammen 99,90 Euro. Hinzu kommen 177,60 Euro für das Semesterticket. Insgesamt 277,50 Euro also müssen Studierende zweimal jährlich an ihre Hochschule überweisen, erst dann können sie ihr Studium aufnehmen.

Bundesweit liegt Berlin mit diesen Beträgen im oberen Mittelfeld. Auf ein halbes Jahr gerechnet mögen 200 bis 300 Euro leicht zu verkraften sein, zumal der größte Teil für das gegenüber den normalen Ticketpreisen erheblich verbilligte Semesterticket gezahlt wird. Doch unumstritten sind die Semesterbeiträge nicht.

Den bundesweit höchsten Betrag müssen Studierende der Universität Hannover überweisen, bevor sie ins Semester starten können. Zu den in Niedersachsen noch immer erhobenen Studiengebühren von 500 Euro kommen insgesamt 300,72 Euro hinzu: 75 Euro für Verwaltungskosten, 65 Euro für das Studentenwerk, 10 Euro für den Asta und 150,72 Euro für das Semesterticket.

„Niedersachsen ist eigentlich der schlechteste Ort, um zu studieren“, sagt Amina Yousaf von der Landesastenkonferenz. An den Hochschulen haben die Asten im vergangenen Jahr Unterschriften gegen diese „Bildungsgebühren“ gesammelt, im April übergaben sie 15 000 an Wissenschaftsministerin Johanna Wanka (CDU). Nach dem Treffen kritisierten die Studierenden, Wanka habe „die bundesweit restriktivsten Bildungsgebühren mit Verwaltungskostenbeitrag, allgemeinen Studiengebühren und Langzeitstudiengebühren“ verteidigt und als langfristigen Standortvorteil gepriesen.

Im zweiten deutschen Land, das noch Studiengebühren verlangt, in Bayern, wurden die Verwaltungskostenbeiträge zwei Jahre nach dem Gebührenstart 2009 gestrichen. Die 50 Euro hätte man den Studierenden nicht länger zusätzlich zu den 500 Euro Gebühren zumuten wollen, heißt es an der LMU München. Dass es auch ohne allgemeine Studiengebühren mit niedrigen Verwaltungsgebühren oder ganz ohne geht, zeigen die Unis in Mecklenburg-Vorpommern. In Greifswald zahlt man – neben Beiträgen für die Studentenvertretung und das Studentenwerk – eine Einschreibgebühr von elf Euro oder eine Rückmeldegebühr von sechs Euro. Weitere Gebühren, etwa für Zeugnisse oder Prüfungen, werden einzeln erhoben. Die Universität Rostock erhebt gar keine Verwaltungsgebühren, es sei denn, man meldet sich verspätet zurück.

Wofür aber fließen anderswo Beträge von bis zu 75 Euro, fragen die niedersächsischen Studierenden. Es werde nicht transparent gemacht, „in welchen Kanälen sie landen“, sagt Amina Yousaf. Die Landesastenkonferenz gehe davon aus, dass die Verwaltungsgebühren nicht den tatsächlichen Kosten entsprechen, denn die Immatrikulation laufe ebenso online wie etwa Prüfungsanmeldungen.

Grundsätzlich infrage gestellt wurden die Rückmeldegebühren vor knapp zehn Jahren vom Bundesverfassungsgericht. 2003 hatten die Karlsruher Richter den in Baden-Württemberg erhobenen Betrag von 51 Euro für verfassungswidrig erklärt. Tatsächlich entstünden den Hochschulen bei Immatrikulation und Rückmeldung nur Kosten in Höhe von 4,25 Euro. Daraufhin änderten die Länder bundesweit ihre Hochschulgesetze, die Gebühr wird seitdem allgemeiner für den Verwaltungsaufwand bei der Immatrikulation und der Beratung der Studierenden erhoben – und neu begründet. In einer Erklärung zum Hamburgischen Hochschulgesetz von 2005 heißt es etwa, der Beitrag diene damit der „teilweisen Kostendeckung“ und einem „Vorteilsausgleich für die potenzielle Inanspruchnahme von Leistungen“. Ob die Studierenden Beratungsleistungen tatsächlich in Anspruch nehmen, spiele keine Rolle.

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Die Berliner Hochschulen nennen den obligatorischen Beitrag noch immer „Immatrikulationsgebühr“, doch die 50 Euro sollen weit mehr als den Verwaltungsaufwand für die Einschreibung abdecken. Laut Berliner Hochschulgesetz können Unis und FHs „Gebühren für die Benutzung ihrer Einrichtungen und für Verwaltungsleistungen“ erheben, sofern es nicht um die „fachliche Betreuung“ durch Hochschullehrer und andere Dozenten in Seminaren und Vorlesungen geht. Dazu zählen etwa die Angebote der Akademischen Auslandsämter, der Studienberatung und der Prüfungsämter.

Wie vertragen sich die Verwaltungskostenbeiträge mit dem – außer in Bayern und Niedersachsen – vertretenen Grundsatz, das Erststudium solle gebührenfrei sein? Dieser Grundsatz beziehe sich auf den Lehrauftrag der Hochschulen, sagt Dieter Kaufmann, Kanzler der Universität Ulm und Vorstand am Zentrum für Wissenschaftsmanagement in Speyer. Doch daneben nähmen alle Studierenden ein breites Spektrum von Verwaltungsleistungen in Anspruch. Die Höhe der dafür erhobenen Gebühren sei gerechtfertigt, nach dem Urteil von 2003 seien sie bundesweit so kalkuliert worden, dass sie allenfalls kostendeckend seien und sicher keine Gewinne brächten. In Hamburg heißt es, mit 50 Euro „werden die niedrigsten ermittelten Kosten noch unterschritten“.

Auf dem Solidaritätsprinzip – alle zahlen, auch wenn nicht alle dieselben Leistungen abrufen – beruhen auch die Beiträge für das Studentenwerk. Berliner Studierende zahlen derzeit 41,20 Euro pro Halbjahr, zum Wintersemester 2013/14 sollen es vier bis sechs Euro mehr werden. Damit würde die Gebühr für vielfältige Beratungsangebote sowie den Betrieb von Mensen und Wohnheimen noch immer unter dem bundesweiten Schnitt 51,52 Euro liegen. Gleichzeitig will der Berliner Senat den Landeszuschuss für das Studentenwerk um 446 000 Euro senken.

Bundesweit haben die Studentenwerke kürzlich mehr Geld für ihre Beratungsleistungen gefordert. Mit wachsenden Studierendenzahlen seien auch die Angebote etwa in der psychologischen- und Sozialberatung stärker nachgefragt, erklärte das Deutsche Studentenwerk (DSW). In der Pflicht sieht DSW-Generalsekretär Achim Meyer auf der Heyde den Staat. Bund und Länder hätten es versäumt, bei den Hochschulpakten für den Aufbau zusätzlicher Studienanfängerplätze auch in soziale Infrastrukturen zu investieren.

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