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Wissen: Geist braucht Standards

Halbzeit im Jahr der Geisteswissenschaften. Was haben die ersten sechs Monate der Fächergruppe gebracht, die lange in der Krise gesehen wurde?

Halbzeit im Jahr der Geisteswissenschaften. Was haben die ersten sechs Monate der Fächergruppe gebracht, die lange in der Krise gesehen wurde? Mehr Aufmerksamkeit, einen Gewinn an Selbstbewusstsein – und viele Podiumsdiskussionen, wie Christoph Markschies, Präsident der Humboldt-Universität, als Gastgeber der Veranstaltungsreihe „Zukunft? Geisteswissenschaften!“ ironisch anmerkte. Der Philosophische Fakultätentag inszenierte seine Jahrestagung im Wissenschaftsjahr als Perlenkette von Podiumsdiskussionen, in denen aber überraschend nüchtern Zwischenbilanz gezogen wurde.

Bundesforschungsministerin Annette Schavan sieht die „Stunde der Geisteswissenschaften“ gekommen, in der nicht nur sie sich ein „intensives Gespräch zu großen Themen der nationalen und der internationalen Politik“ wünsche. Dass beim G-8-Gipfel der von einem internationalen Forscherteam geschriebene Weltklimabericht zur Grundlage für die künftige Strategie gemacht wurde, zeige, wie stark die Beziehung von Politik und Wissenschaft sei. Da klang ein Appell an die Geisteswissenschaften mit, ihre Stunde nicht tatenlos verstreichen zu lassen. Der Vorsitzende des Fakultätentages, der Jenaer Romanist Reinhold Grimm, ermahnte die Politik, bedrohte Fächer wie etwa die Kaukasistik zu schützen, von deren Absolventen sie beraten werden will.

Mit dem Wohlwollen, das den Geisteswissenschaftlern allenthalben entgegenschlägt, sei nicht viel geholfen, sagte Christiane Gaehtgens, Generalsekretärin der Hochschulrektorenkonferenz. Es gehe nicht darum, ihnen einen Schutzraum zu geben, vielmehr müssten ihre Leistungen anerkannt werden. So berücksichtige der Europäische Forschungsrat bislang nicht die Unterschiedlichkeit von Geistes-, Natur- und Technikwissenschaften. Die Messlatten, die an Forschungsleistungen angelegt werden, sollten fachadäquat sein. Gleichzeitig müssten die Geisteswissenschaften aber auch an ihrer Qualitätssicherung arbeiten. Markschies betonte, dass man fragen müsse, ob Kulturwissenschaften und Philologien noch gemeinsame Standards hätten. Und er forderte das Recht der Geisteswissenschaftler ein, weiterhin an Monographien gemessen zu werden und nicht an Aufsätzen in internationalen Zeitschriften. -ry

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