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Genetik: Stammzellen geklonter Affen produziert

Stammzellen wurden aus geklonten Primatenembryonen gewonnen.

Zum ersten Mal haben Wissenschaftler geklonte Primatenembryonen geschaffen und sie genutzt, um embryonale Stammzelllinien zu gewinnen. Diese Errungenschaft führt zu Spekulationen darüber, wann ein ähnlicher Erfolg beim Menschen den Weg zu therapeutischem Klonen eröffnen könnte. Embryonale Stammzellen können sich in nahezu jede Zelle des Körpers differenzieren und bergen daher ein enormes Potenzial für die therapeutische Nutzung. Würden sie aus einem Embryo entnommen, der aus einem Patienten geklont würde, so wie in diesem Fall aus den Affen, wären sie genetisch übereinstimmend und es würde keine Abstoßungsreaktionen geben. Einmal hatte die Wissenschaftlergemeinschaft gedacht, dass embryonale Stammzellen aus Menschen geschaffen worden seien: Im Februar 2004 behauptete Woo Suk Hwang, damals an der Seoul National University, Stammzelllinien geklonter menschlicher Embryonen geschaffen zu haben. Hwang Ergebnisse erwiesen sich jedoch später als Fälschung. Das einzige andere Tier, von dem geklonte embryonale Stammzellen gewonnen wurden, sind Mäuse. Diese Leistung bei Primaten ist "wie die Schallmauer zu durchbrechen", sagt Robert Lanza, Advanced Cell Technology in Los Angeles. Obwohl die schnelle Aufeinanderfolge von Klonierungen nachdem Dolly das Schaf 1997 vorgestellt worden war das Zutrauen in das Klonen stärkte, führte wiederholtes Versagen bei dem Versuch menschliche oder Affenembryonen zu klonen zu einigem Pessimismus. Gerald Schatten, als Forscher im Bereich Primatenklonierung tätig, bekannte 2003 nachdem er 716 Eizellen von Affen untersucht hatte, die keinen Klon produziert hatten (1), dass ein solches Vorhaben unmöglich sein könnte. "Mir den derzeitigen Ansätzen könnte sich der Zellkern-Transfer zur Produktion embryonaler Stammzellen in Primaten als sehr schwierig erweisen - und das reproduktive Klonen als unmöglich." 2004 verkündete Schatten einige Erfolge mit Primatenembryonen, Stammzelllinien oder erfolgreiche Schwangerschaften resultierten jedoch nicht daraus.

Vom Versagen zum Erfolg

Ein Team unter der Leitung von Shoukhrat Mitalipov an der Health and Science University in Portland hat sich seit beinahe einem Jahrzehnt mit dem reproduktiven Klonen von Primaten beschäftigt und dabei etwa 15.000 Eier verbraucht. Nachdem sich Hwangs Ergebnisse als gefälscht erwiesen, entschied die Gruppe, sich vom reproduktiven Klonen abzuwenden und zu versuchen, eine geklonte embryonale Stammzelllinie zu etablieren - theoretisch ein erreichbareres Ziel. Im letzten Herbst erwischte das Team einen Fehlstart, als ein geklonter Embryo, der aus einer Hautzelle eines Affen, die in die Eizelle eines Affen, die zuvor entkernt worden war, eingepflanzt worden war, etwas produzierte, das wie eine brauchbare embryonale Stammzellen erschien. Nach einer Woche beobachteten sie mit Bestürzung, dass die Zellen begonnen, sich unkontrolliert zu differenzieren und ihre Eigenschaften als embryonale Stammzellen verloren. Im Februar 2007 verfügten sie jedoch über eine neue Zelllinie, die ihre Eigenschaften bewahrt hatte, und einige Monate später hatten sie eine weitere geschaffen. Ihre Ergebnisse wurden in Nature veröffentlicht (2). David Cram, Wissenschaftler an der Monash University in Victoria, Australien, und seine Kollegen bestätigten unabhängig davon die Resultate (3). Die Teams benutzten ein System mit der Bezeichnung Oosight, dass es erlaubt, Strukturen innerhalb der Zelle wie zum Beispiel die DNA zu erkennen, wodurch es leichter wird, sie zu extrahieren - der erste Schritt für einen DNA-Transfer. Bislang benutzten Wissenschaftler einen Farbstoff mit der Bezeichnung Höchst und ultraviolettes Licht, um die DNA in einer Eizelle auszumachen und zu extrahieren. Mitalipovs Team fand jedoch heraus, dass sowohl das UV-Licht wie auch der Farbstoff die Eizelle beschädigen.

Hunderte Eizellen

Schatten bezeichnet die Arbeit als "bedeutsame Errungenschaft". Er warnt jedoch, dass "die Erfolgsrate immer noch sehr niedrig ist". Mitalipovs Team produzierte lediglich zwei embryonale Stammzelllinien aus 304 Eizellen. Die Forscher haben bislang kaum Ideen, was den Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg ausmacht.

Ein langer Weg zum Klonen

Mitalipov sagt, dass es noch zu früh sein, Hoffnungen in Erfolge im reproduktiven Klonen von Primaten zu setzen, von Menschen ganz zu schweigen; die Forschergemeinschaft lehnt das reproduktive Klonen von Menschen generell ab. Bislang hat das Erfolgsrezept, das Mitalipov bei der Entwicklung embryonaler Stammzelllinien angewendet hat, beim reproduktiven Klonen nicht funktioniert. Im April dieses Jahres versuchte das Team, etwa einem Dutzend Affen-Leihmüttern 77 Embryonen einzupflanzen. Die Embryonen unterschieden sich in ihrem Entwicklungsstand: Einige waren zwei Tage alt, einige waren fünf Tage alte Blastozysten. "Aber keine Schwangerschaft entwickelte sich über den 25. Tag hinaus", sagt Mitalipov. Mitalipov sagt, das reproduktive Klonen von Primaten erscheine schwieriger als bei anderen Tierarten, weil der Zyklus des geklonten Embryos perfekt auf den Zyklus der künftigen Mutter abgestimmt sein muss. "Wir haben 30 bis 40 Tiere. Das eine relativ große Kolonie, aber wir müssen sie über Wochen screenen und die Chance, dass wir den passenden Zeitpunkt treffen, ist sehr gering."

(1) Simerly, C. et al. Science 300, 297 (2003). (2) Byrne, J. A. et al. Nature advance online publication, doi:10.1038/nature06357 (2007). (3) Cram, D. S., Song, B. & Trounson, A. O. Nature advance online publication, doi:10.1038/nature06456 (2007).

Dieser Artikel wurde erstmals am 14.11.2007 bei news@nature.com veröffentlicht. doi: 10.1038/news.2007.245. Übersetzung: Sonja Hinte. © 2007, Macmillan Publishers Ltd

David Cyranoski

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