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Genetik: Wie Spermium und Ei eins werden

An der Verschmelzung beteiligtes Protein könnte gezielt angegangen werden, um die Vermehrung von Parasiten zu stoppen.

Junge trifft Mädchen. Spermium trifft Ei. Jetzt sind Wissenschaftler dem Verstehen des Höhepunkts dieser ewigen Liebesgeschichte einen Schritt näher gekommen: wie Spermium und Ei verschmelzen, um ein neues Individuum zu schaffen.

„Es ist wirklich der bestimmende Moment eines Organismus‘“, sagt William Snell, Biologe am University of Texas Southwestern Medical Center in Dallas, der eines der Teams, das die Entdeckung machte, leitete.

Snell entdeckte zusammen mit einem Team in Großbritannien, dass ein Protein mit der Bezeichnung HAP2 bei einer Vielzahl von Spezies an der Verschmelzung von Ei und Spermium beteiligt ist.

Außer dass sie ein neues Licht auf die Befruchtung wirft, eröffnet die Entdeckung möglicherweise neue Wege, Erkrankungen zu bekämpfen, die durch Parasiten übertragen werden, wie die Malaria: HAP2 mit Medikamenten oder Impfstoffen anzugreifen, könnte die Geschlechtszellen der Parasiten möglicherweise daran hindern, ihre Vereinigung zu vollenden, so dass sie sich nicht fortpflanzen könnten.

Zusammenkommen

Grob gesagt verläuft die Befruchtung in zwei Phasen: Zunächst erkennt das Spermium das Ei, haftet sich an seine Oberfläche und entledigt sich Teilen seiner Zellmembran. In der zweiten Phase vereinigen sich die Membranen beider Zellen, bevor sie verschmelzen und beide DNA-Stränge zusammenkommen.

Trotz ihrer Wichtigkeit wissen Forscher relativ wenig über die Moleküle, die die Befruchtung kontrollieren. Ein Punkt ist, dass viele der Proteine, die Spermien und Ei in die Lage versetzen, einander zu erkennen und zu verschmelzen, bei jeder Spezies einzigartig sind. Dies verhindert, dass eine Art unbeabsichtigt eine andere befruchtet, und man geht davon aus, dass die schnelle Evolution dieser Proteine eine Rolle bei der Entstehung neuer Arten spielt.

Snell und seine Kollegen betrachteten das Sexualleben der schleimigen einzelligen Grünalge Chlamydomonas reinhardtii, die einfach genetisch zu manipulieren ist. Sie fanden eine Mutation im HAP2-Gen, die die Fusion der Zellmembranen verhinderte, die Schritte des Erkennens und Anhaftens jedoch nicht beeinflusste.

Von HAP2 wusste man bereits, dass es bei der Befruchtung von Pflanzen eine Rolle spielt. Überraschenderweise fanden die Wissenschaftler es jedoch in einer Vielzahl von Organismen, als sie eine Gendatenbank nach HAP2 durchforsteten: einzelligen Parasiten wie Malaria, Insekten, Seeanemonen und Choanoflagellaten – Einzeller, die die nächsten lebenden Verwandten vielzelliger Tiere sind. „Das allererste Tier wird dieses Gen getragen haben“, sagt Oliver Billker, der eines der Teams am Imperial College London leitete. Bislang haben die Wissenschaftler dieses Gen jedoch nicht in Säugetieren einschließlich Menschen gefunden.

Praktische Umsetzung

Billker, Malariaexperte und mittlerweile am Wellcome Trust Sanger Institute in der Nähe von Cambridge, untersuchte HAP2 in Plasmodium berghei, dem Nager-Malariaparasiten. Sexzellen des Parasiten, denen HAP2 fehlte, konnten nicht verschmelzen und waren daher unfähig, sich in Moskitos zu reproduzieren.

Dies macht HAP2 zu einem möglichen Ziel für Malariaimpfstoffe, auch wenn Snell und Billker betonen, dass es zu früh sei zu sagen, ob dieser Weg wirklich funktioniert. Andere Parasiten, darunter diejenigen, die Toxoplasmose und die Schlafkrankheit verursachen, tragen das HAP2-Gen ebenfalls.

Warum jedoch ist HAP2 unter verschiedenen Spezies so verbreitet, während Proteine, die am Erkennen von Ei und Spermium beteiligt sind, es nicht sind? Eine mögliche Antwort, so Snell, sei, dass es dem Organismus hilft, zwei widerstreitende evolutionäre Notwendigkeiten zu lösen: die Notwendigkeit, Mechanismen der Membranfusion aufrecht zu erhalten, und die Notwendigkeit, artenspezifische Interaktionen zwischen Ei und Spermium auszubilden.

Janice Evans, Biologin an der Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health in Baltimore, Maryland, sagt, das Vorhandensein von HAP2 in so vielen verschiedenen Organismen sei bemerkenswert. „Die Tatsache, dass dieses Gen bereits so lange Zeit im Leben auf der Erde zu finden war, lässt einen denken, dass es etwas Wichtiges tut“, sagt sie.

Literaturhinweis: Liu Y. et al. Genes & Development 22, 1051-1668 (2008).

Dieser Artikel wurde erstmals am 25.3.2008 bei news@nature.com veröffentlicht. doi: 10.1038/news.2008.685. Übersetzung: Sonja Hinte. © 2007, Macmillan Publishers Ltd

Claire Ainsworth

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