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Wissen: „Genießt das Studium!“

Eselsbrücken, Exzerpte, Erasmus: Kenner erklären, wie das neue Semester gelingen kann

Sylvia Stützer, Studentin der Politikwissenschaft am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin

Wenn man noch am Anfang des Studiums steht, hilft es, sich Rat bei älteren Kommilitonen zu holen. Am Anfang sollte man daher alles mitnehmen, was es an Kennenlernfahrten, Bibliotheksführungen, Einführungsveranstaltungen und Semesterpartys so gibt. Mir hat das Engagement in der Fachschaft an meiner alten Universität, in Augsburg, sehr geholfen, um ins Studium zu finden. Dort habe ich mich mit anderen ausgetauscht, auch Dozenten kennengelernt und einen guten Einblick bekommen, was sich hinter den Kulissen abspielt. Meine Schwerpunkte habe ich durch Praktika und Nebenjobs gefunden. Dort findet man am besten heraus, wofür man studiert und welche beruflichen Möglichkeiten es gibt. Im Laufe des Studiums habe ich so gelernt, Wichtiges von Unwichtigem zu trennen und nicht stur alles zu lernen.

Einige Dinge muss man relativ früh planen: Zum Beispiel haben Auslandsaufenthalte und manche Praktika Bewerbungsfristen, die man einhalten muss. Es hilft schon, sich frühzeitig zu überlegen, was man in den Semesterferien machen möchte.

Hans-Werner Rückert, Leiter der Studienberatung der Freien Universität Berlin

Die neuen Strukturen der Bachelor-Studiengänge kommen all denen entgegen, die sich gern sagen lassen, was sie zu tun haben. Denn die Studienverlaufspläne lassen nur wenige Freiräume. Das ist umgekehrt schlecht für solche Studierenden, die sich ihr Studium lieber selbst organisieren und ihr Fach erst mal kennenlernen wollen. Denen können wir nur raten, ihren eigenen Weg zu finden und sich nicht verrückt machen zu lassen. Es ist ja nicht so, dass man nach sechs Semestern Regelstudienzeit von der Uni fliegt. Wer mehr Zeit zur Orientierung benötigt, sollte sich diese nehmen. Wichtig ist es, zu Beginn bereits Techniken des wissenschaftlichen Arbeitens zu erlernen. Wer sich überfordert, kann in die Klemme geraten, Vorhaben aufzuschieben. Aufschieber erleben sich als unzuverlässig, sie plagt ständig das schlechte Gewissen. Deshalb empfehle ich, klare Entscheidungen zu treffen und Prioritäten zu setzen. Das kann auch mal bedeuten, eine Prüfung erst im folgenden Semester anzugehen. Solche Entscheidungen fallen heute allerdings gar nicht so leicht: Man studiert in Kohorten, beinahe wie in Schulklassen: Es gibt „Sitzenbleiber“ – wer den Anschluss verliert, ist dann mit anderen Leuten zusammen. Natürlich ist es wichtig, sich persönliche Ziele zu setzen und nicht nur stur einen Leistungskatalog abzuhaken. Es muss nach wie vor möglich sein, sich zu fragen: Wohin will ich mich entwickeln? Was möchte ich vertiefen? Letztlich ermöglicht das auch ein ernsthafteres Studium.

Philipp Knapp, Medizinstudent an der Charité

Da wir Medizinstudenten im vorklinischen Teil in Seminargruppen eingeteilt werden, lernt man schnell Leute kennen. Das erleichtert auch die Bildung von Lerngruppen, die ich gerade fürs Physikum sehr wichtig finde. Zwar macht man sich manchmal auch gegenseitig verrückt. Aber straff organisiert kann man sich in der Gruppe sehr gut unterstützen und motivieren. Allerdings sollte man sich auch nicht scheuen, die Reißleine zu ziehen, wenn es in einer Gruppe nicht funktioniert. Die erste große Hürde im ersten Semester ist das Anatomietestat, auch Knochentestat genannt. Davor haben viele Angst. Man lernt wochenlang dafür, um nicht durchzufallen. Am Anfang muss man eben viel auswendig lernen, weil man die Antworten noch nicht ableiten kann. Aber dafür gibt es ein paar Kniffe, zum Beispiel Eselsbrücken wie „Theo Lingen fabriziert phantastisch starke Ochsenschwanzsuppe aus toten Mäusen“ für die Äste der äußeren Halsschlagader. Dank der Unterstützung meines Betreuers konnte ich schon in zwei Fachzeitschriften veröffentlichen. Auch ein Erasmus-Auslandsaufenthalt zählt zu den Chancen, die man nutzen sollte.

Florian Jeßberger, Professor für Internationales Strafrecht und Strafrechtsvergleichung an der Humboldt-Universität

Gerade das Jurastudium ist inzwischen ungeheuer verschult. Es gibt Stundenpläne, Pflichtveranstaltungen in bestimmten Semestern und kaum Freiheiten. Die Studierenden begegnen dem mit viel Fleiß und Zielstrebigkeit. Das Organisatorische haben sie im Griff. Mein Rat ist daher, das Studium auch als eine Zeit zu begreifen, die in sozialer Hinsicht Neues bringt. Es gibt auch ein Leben neben Vorlesungen, Lernen und Prüfungen. Viele Studenten ziehen zum Studieren nach Berlin, leben zum ersten Mal selbstständig. Dass diese Zeit fürs Leben wichtig ist, sollte man nicht vergessen. Mein Plädoyer ist daher: Genießt die Zeit des Studiums – innerhalb und außerhalb des Hörsaals.

Ich weiß natürlich, dass das leicht gesagt ist. Der Stoffumfang ist enorm. Für die Vorbereitung auf Prüfungen empfehle ich daher, Vorlesungen nicht nur zu konsumieren, sondern die Inhalte möglichst schnell in irgendeiner Weise zu Papier zu bringen, zu exzerpieren. Das hängt natürlich vom Lerntyp ab, aber mir selbst hat das immer sehr geholfen. Beim Jurastudium geht es – gerade in den ersten Semestern – ganz wesentlich darum, Techniken zu erlernen. Die nackten Gesetze, ohne Kommentierung, darf man ja in Prüfungen als Hilfsmittel verwenden – auswendig lernen spielt eine geringere Rolle. Aber das juristische Handwerkszeug lernt man nur im Umgang mit den Gesetzen, dafür ist die Teilnahme an den vorlesungsbegleitend angebotenen Kleingruppenveranstaltungen sehr wichtig.

Abraten würde ich davon, sich für die Studienarbeit einen Schwerpunkt zu suchen, in dem im vorhergehenden Semester angeblich besonders gute Ergebnisse erzielt wurden. Im nächsten kann es dann umgekehrt sein. Außerdem erreicht man am ehesten gute Ergebnisse, wenn man seinen Neigungen folgt.

Regine Hengge, Professorin für Mikrobiologie an der Freien Universität Berlin

Die Anzahl der Prüfungen, die die Studierenden Semester für Semester absolvieren müssen, ist heute deutlich höher als früher. Daher kann ich nur raten, regelmäßig die Lehrveranstaltungen zu besuchen, um sich vorzubereiten. Wir können und wollen die Anwesenheit nicht kontrollieren. Aber ich prüfe zum Beispiel nur jene Bereiche, die ich auch in der Vorlesung behandelt habe. Dort mitzudenken, auch zusammenfassend mitzuschreiben, erleichtert die Prüfungsvorbereitung ungemein. Das erspart allerdings nicht die Vor- und Nachbereitung. Abraten würde ich davon, diese nur durch Googeln im Netz zu erledigen – die Angaben dort sind nicht gesichert. Ich empfehle nach wie vor, Geld in Lehrbücher zu investieren. Sie können ja auch später noch als Nachschlagewerke dienen.

Zu den verschulten Bachelor-Studiengängen gehört an der FU auch die Verteilung von Kursplätzen über das Campus Management. Es empfiehlt sich daher, früh in das Internetsystem hineinzuschauen und sich anzumelden. Allerdings muss man nicht in Panik verfallen, wenn man mal eine Frist verpasst oder keinen Platz bekommen hat. Erstens gibt es nach wie vor Veranstaltungen, in denen wir die Verteilung von Laborplätzen abschließend regeln. Und zweitens lohnt es sich immer, zum ersten Kurstermin zu gehen und mit dem jeweiligen Dozenten zu sprechen. Wo Spielräume vorhanden sind, werden diese auch genutzt.

Wer sich eine wissenschaftliche Karriere vorstellen kann, sollte dazu im Hauptstudium, spätestens aber bei der Abschlussarbeit die Weichen stellen. Der persönliche Kontakt zu Professoren und ihren Arbeitsgemeinschaften ist dabei sehr wichtig. Dafür muss man natürlich überdurchschnittlich gut und aktiv sein. Das heißt allerdings nicht, dass Studenten keine Freizeit mehr haben können. Ein Studium ist heute sicherlich ein Vollzeitjob. Aber wer tagsüber konzentriert arbeitet, kann durchaus freie Abende genießen.

Protokolliert von Günter Bartsch.

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