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Auf dem Laufsteg der Forschung. Mäuse stehen Modell für Menschen – trotz genetischer Ddifferenzen.

© picture alliance / dpa

Genomforschung: Wie viel Maus im Menschen steckt

Medikamente, die bei Mäusen Krankheiten wie Krebs heilen, scheitern immer wieder beim Menschen. Jetzt haben Forscher die Gene der beiden Säugetierarten verglichen - und wichtige Unterschiede entdeckt.

Sie ist all das, was sich Forscher von einem Supermodel erträumen: Sie ist genügsam im Unterhalt, braucht wenig Platz und ist fortpflanzungsfreudig, man kann an ihren Genen herumspielen und vor allem ähnelt sie dem Menschen. Mus musculus, die Hausmaus, steht seit mehr als hundert Jahren in Forschungslabors Modell, damit die Entstehung von Krankheiten, die Wirkung von Medikamenten oder die grundlegenden Fragen der Biologie geklärt werden können.

Viele identische Gene - aber anders reguliert

Aber nicht immer macht die Maus eine gute Figur, denn viele Medikamente, die bei ihr wirken und Krankheiten wie Krebs heilen, scheitern in Tests am Menschen. Jetzt hat das "Encode"-Konsortium amerikanischer Forscher Maus- und Mensch-Gene verglichen, um Gemeinsamkeiten und Unterschiede der beiden Säugetierarten besser zu verstehen, deren letzter gemeinsamer Vorfahr vor etwa 75 Millionen Jahren lebte. Die Ergebnisse präsentieren sie in mehreren Artikeln in den Fachmagazinen „PNAS“, „Science“ und „Nature“.

„Eine große Zahl der Gene von Mensch und Maus ist identisch“, sagt Michael Snyder von der Stanford-Universität in Kalifornien, einer der beteiligten Forscher. Das sind etwa 70 Prozent der Gene, die in Proteine übersetzt werden. „Aber sie sind sehr unterschiedlich reguliert.“ Etwa die Hälfte der Steuereinheiten der Mausgene (Enhancer) kommen beim Menschen nicht oder verändert vor, und ein Viertel sitzt an anderen Positionen im Erbgut. Diese Unterschiede sind nicht zufällig, sondern ändern bestimmte Signalwege, die zum Beispiel das Immunsystem oder die Entwicklung von Organen und Geweben steuern.

Karte der Unterschiede und Gemeinsamkeiten

Damit muss das Konzept überdacht werden, nach dem Forscher Gene von Mausorganen untersuchen, um dann auf die Funktionsweise menschlicher Organe rückschließen zu können. Zumal das Konsertium entdeckte, dass sich die Aktivitätsmuster vieler Gene in den 124 untersuchten Mausgeweben stärker ähneln als zum Beispiel die Genaktivität einer Mausniere und einer menschlichen Niere. „Die Evolution hat die regulatorischen Erbgutabschnitte für die grundlegenden Prozesse in Zellen zwischen Maus und Mensch erhalten, aber den Rest offen gelassen für Veränderungen, wie sie der jeweilige Organismus braucht“, sagt Michael Beer von der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore.

„Die Unterschiede der Regulation von Maus- und Menschgenom sollten berücksichtigt werden, wenn mit Mausmodellen biologische Funktionen oder die Wirkung von Medikamenten untersucht werden“, schreibt Piero Carninci vom japanischen Riken-Zentrum in einem „Nature“-Kommentar.

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