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Geowissenschaften: Unordentliche Kristalle

Überrraschung: Mineral aus Russland enthält fünfeckige Strukturen. Nach bisherigem Kenntnisstand galt das als unmöglich.

Alle in der Natur vorkommenden Kristalle haben einen strikten, symmetrischen Aufbau – so dachte man bislang. Luca Bindi vom Naturhistorischen Museum Florenz und sein Team haben nun in Gesteinsproben aus Russland winzig kleine Minerale entdeckt, die dieser Ordnung nicht folgen. „Quasikristalle“ nennen Wissenschaftler solche Substanzen. Auf den ersten Blick erscheinen die Atome darin regelmäßig verteilt. Wenn man aber versucht, das Muster in alle Raumrichtungen zu erweitern, tun sich bald Lücken auf oder einzelne Teile überlappen sich. Vor dem gleichen Problem steht auch ein Handwerker, der nur fünfeckige Fliesen zur Verfügung hat.

Vor 25 Jahren wurden bei Laborversuchen erstmals Quasikristalle entdeckt, in einer rasch abgekühlten Schmelze aus Aluminium und Mangan. Heute sind mehr als 100 dieser exotischen Strukturen bekannt, sie wurden ausnahmslos künstlich hergestellt. Bindi und seine Kollegen suchten in Datenbanken nach natürlichen Pendants für die seltsamen Kristalle und stießen bald auf das Mineral Khatyrkit, das neben Aluminium auch Kupfer, Eisen und Zink enthält und bislang nur an einer Stelle im fernen Osten Russlands gefunden wurde. Seine Zusammensetzung, so die Hoffnung, sollte ebenfalls Quasikristalle ermöglichen.

Mit Hilfe von Röntgenstrahlen analysierten die Forscher daraufhin eine Khatyrkitprobe aus dem Florenzer Museum. Wie die Wissenschaftler im Fachblatt „Science“ (Band 324, Seite 1306) berichten, fanden sie dabei winzige Strukturen, die jene ungewöhnliche Fünferordnung zeigen, die auch dem Handwerker Kopfzerbrechen bereitet.

Normalerweise hat Khatyrkit eine Viererordnung, ähnlich den bekannten rechteckigen Fliesen. Doch offenbar haben das Mengenverhältnis der unterschiedlichen Elemente und die Abkühlgeschwindigkeit der Gesteinsschmelze zum Wachsen von Quasikristallen geführt. „In der Natur können viel mehr verschiedene Strukturen gebildet werden, als man bislang dachte“, schreiben die Forscher. Nun gelte es, weitere Quasikristalle zu finden. Und eine Erklärung dafür, wie deren Entstehung genau abläuft.

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