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Angesichts des maroden Bettenhochhauses in der Berliner Charité wurde schon vor zehn Jahren der Ruf nach Sanierung laut, vor zwei Jahren wurden Bauarbeiten für 185 Millionen beschlossen. Das Bettenhaus soll angeblich im Jahr 2016 wieder in Betrieb gehen.

© dapd

Bilanz 2011 der Charité: Die Berliner Unimedizin hat sich gesundgeschrumpft

Nach langer Finanzkrise macht die Charité erstmals Gewinn, 8,2 Millionen Euro Plus weist die Bilanz für das Jahr 2011 aus. Auch die Sanierung des Bettenhauses soll das Berliner Universitätsklinikum nicht wieder ins Minus führen.

Lange Zeit glich die Berliner Charité einer schwer kranken Patientin. Jahr um Jahr schrieb sie rote Zahlen, immer wieder wurden Standorte infrage gestellt. Die finanziellen Probleme überdeckten oft die wissenschaftlichen Erfolge, die das größte Universitätsklinikum Europas vorweisen kann. Jetzt hat die Charité auch wirtschaftlich einen Schritt nach vorn gemacht. Im Jahr 2011 erzielte sie, wie bereits kurz berichtet, erstmals seit Jahren wieder einen Gewinn – in Höhe von 8,2 Millionen Euro.

Ein Ergebnis, das umso überraschender kommt, weil für 2011 nur eine schwarze Null angepeilt worden war. Ein Plus sollte frühestens 2012 kommen. „Der strukturelle Turnaround ist geschafft“, sagte der Vorstandsvorsitzende Karl Max Einhäupl am Dienstag, als er die Zahlen präsentierte: „Heute ist ein schöner Tag für uns.“ Besonders freue ihn, dass die Charité trotz vieler Kürzungen ihre wissenschaftlichen Leistungen steigern konnte.

Als Einhäupl im Jahr 2008 sein Amt antrat, lag das Defizit noch bei knapp 57 Millionen Euro. Über die vergangenen drei Jahre hinweg habe man die Effizienz um insgesamt 192 Millionen Euro steigern können, sagte Matthias Scheller, der als Klinikumsdirektor über die Finanzen der Charité wacht. Erstmals erwirtschaftete die Krankenversorgung ein Plus, in Höhe von sieben Millionen Euro. Die Charité habe es geschafft, noch mehr schwere Fälle zu behandeln, für die Universitätsklinika von den Kassen mehr Geld bekommen. In der Forschung dürfte der gestiegene Landeszuschuss zum positiven Ergebnis beigetragen haben, sowie eine Steigerung der eingeworbenen Drittmittel um zehn Millionen auf 158 Millionen Euro. Deutschlandweit liegt die Charité damit weit an der Spitze. In der Forschung habe sich das Klinikum in Europa „unter den ersten fünf etabliert“, sagte Einhäupl.

„Ein Strauß an Maßnahmen“ habe zu dem Plus geführt, sagte Scheller. Die Laborkosten konnten nach der Fusion der Labore von Charité und des landeseigenen Klinikkonzern Vivantes um 2,7 Millionen Euro gesenkt werden. Seit 2008 baute die Charité 573 Stellen ab, sie beschäftigt nun 8544 Vollzeitkräfte. Im Einkauf habe man Rabatte mit Lieferanten aushandeln können. Die Charité streicht in diesem Jahr auch 200 Betten.

Charité-Kliniken, die im nationalen Vergleich zu teuer wirtschafteten, hätten Kapazitäten an andere Kliniken abgeben müssen, sagte Einhäupl. Oft seien Abläufe optimiert worden – in der Krankenversorgung wie in der Verwaltung. Die Prozesse seien jetzt „professionalisiert“, sagte Scheller. Bestes Beispiel sei, dass der aktuelle Jahresabschluss bereits Mitte Februar fertig wurde. Für den Abschluss des Jahres 2006 habe die Charité noch ein Dreivierteljahr gebraucht.

Für Einhäupl dürfte das Ergebnis auch deswegen eine Genugtuung darstellen, weil Finanzsenator Ulrich Nußbaum ihn in der Vergangenheit immer wieder scharf angegriffen und ihm unterstellt hatte, der falsche Mann für die Sanierung der Charité zu sein. Die öffentliche Diskussion habe den Druck erhöht, gab Einhäupl zwar zu. Allerdings sei Druck auch hinderlich, „wenn Sie Mitarbeiter bei Veränderungen mitnehmen wollen“. Ohnehin habe sich der Vorstand schon bei seinem Amtsantritt 2008 dazu verpflichtet, die finanzielle Lage „zu drehen“. Das gute Ergebnis sei also „ein Signal für die Zuverlässigkeit der Charité“.

Der Vorstand geht davon aus, dass der Erfolg nachhaltig ist, auch wenn die Prognose für 2012 einen geringeren Gewinn von 4,7 Millionen Euro vorsieht. Das Plus speise sich aus dem operativen Geschäft, betonte Einhäupl – und habe nichts mit Rückstellungen zu tun. Viele Veränderungen wirkten langfristig.

Helfen dürfte künftig, dass sich der Bund für die Fusion der Forschung von Charité und Max-Delbrück-Centrum finanziell engagieren will. Einhäupl wollte sich dazu nicht konkret äußern. In diesem Monat würden sich Vertreter von Bund und Land treffen, um über Geld zu diskutieren. Im Gespräch sind wie berichtet 60 Millionen Euro, die jährlich vom Bund kommen könnten. Eher negativ auf die Bilanz könnte sich zunächst die Sanierung des Bettenhauses in Mitte auswirken, die Mitte 2013 beginnen soll. Patienten könnten abgeschreckt werden. Scheller verspricht, mit den für die Sanierung eingeplanten 185 Millionen Euro auszukommen, auch wenn das „sehr ehrgeizig“ sei.

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