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Gesundheit: Bessere Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs

Sollen sich alle jungen Mädchen zwischen 12 und 17 Jahren gegen HPV impfen lassen, wie es die Ständige Impfkommission seit 2007 empfiehlt? Über neue Methoden der Prävention diskutieren Forscher aus aller Welt im Berliner ICC.

Nach den erregten Debatten des Jahres 2008 um den Nutzen der von den Krankenkassen bezahlten Impfung, ist es still geworden um HPV. Jedenfalls in der Öffentlichkeit. In der Forschung zu den Humanen Papillomviren und den Krankheiten, die sie verursachen, hat sich in den vergangenen Jahren einiges getan. Noch bis Donnerstag tauschen sich 2000 Wissenschaftler aus 90 Ländern im Berliner ICC bei der 27. Internationalen Papillomavirus-Konferenz darüber aus.

Präsentiert werden dort zum Beispiel erste Auswertungen des flächendeckenden Impfprogramms für Mädchen in Australien, das mit einer „catch-up“-Aktion für junge Frauen bis 26 Jahre begann. „Bereits drei Jahre nach Beginn der Impfkampagne ist die Zahl der behandlungsbedürftigen Vorstufen von Gebärmutterhalskrebs um die Hälfte zurückgegangen“, sagte Lutz Gissmann, Leiter der Abteilung Genomveränderungen und Karzinogenese des Deutschen Krebsforschungszentrums in Heidelberg, in einem Pressegespräch zum Auftakt der internationalen Tagung. Auch auf das Vorkommen von Warzen im Genitalbereich, die von den Virustypen 6 und 11 hervorgerufen werden, habe die Impfung erkennbaren Einfluss: „Während sich bei älteren, nicht geimpften Frauen nichts verändert hat, sind sie bei den Geimpften um 60 Prozent zurückgegangen, und auch bei heterosexuellen Männern ist ein Rückgang um 30 Prozent zu verzeichnen, im Unterschied zu homosexuellen Männern.“ Für Gissmann sind diese Ergebnisse der bevölkerungsbezogenen Untersuchung ein Beweis dafür, dass die Impfung wirkt: „Es sind weniger Viren im Umlauf, solche messbaren Erfolge werden wir aber nur bei ordentlichen Impfraten sehen.“

Andreas Kaufmann, Leiter des Labors für Gynäkologische Tumorimmunologie der Charité, berichtete über Forschungsprojekte, mit denen die Effektivität der Impfung gesteigert werden soll: Eine Strategie besteht darin, bei einem der beiden verfügbaren Präparate den Impfschutz auszubauen. Es würde dann nicht mehr nur vier HPV-Typen abdecken sondern neun. „Studien müssen allerdings belegen, dass der Schutz dann nicht durch Überlastung des Immunsystems abnimmt“, sagt Kaufmann.

Eine zweite Strategie: das Eiweiß aus der Virushülle, das dem Immunsystem als Angriffspunkt präsentiert wird, auszutauschen oder den neuen Eiweißkandidaten L2 mit dem bisher verwendeten L1 zu kombinieren. „Das könnte eine schlaue Strategie sein. Im Laborversuch zeigte sich jedenfalls, dass ein solcher Impfstoff auch breite Kreuzreaktionen mit anderen HPV-Typen entfaltet“, sagt Kaufmann. L2 könne zudem in Bakterien billiger hergestellt werden als L1, für das eine Zellkultur nötig ist. Nicht zuletzt der hohe Preis des Dreifachimpfstoffs hatte in den letzten Jahren Kritik hervorgerufen.

Wie Gynäkologen versuchen, bei Operationen die Fruchtbarkeit zu erhalten, lesen Sie auf der zweiten Seite.

Eine niederländische Arbeitsgruppe um Cornelis Melief von der Universität Leiden testet inzwischen auch einen „therapeutischen“ Impfstoff mit künstlich hergestellten Abschnitten von HPV-Eiweißen. Er soll bei Frauen, die bereits Vorstufen von Krebs haben, das Immunsystem aktivieren. Erste Ergebnisse an 20 Frauen mit Krebs an den äußeren Geschlechtsorganen sind vielversprechend. „Bei fünf von ihnen gingen die Veränderungen vollständig zurück, bei insgesamt zwölf zeigte sich eine Verbesserung der Symptome“, berichtete Kaufmann. Eine Alternative zur echten Schutzimpfung stelle das aber auch im besten Fall nicht dar, warnen die Experten.

Derzeit erkranken in Deutschland in jedem Jahr rund 6000 Frauen an Gebärmutterhalskrebs. Jede fünfte ist weniger als 40 Jahre alt. Viele dieser jungen Frauen wünschen sich nicht nur, gesund zu werden. Sie möchten auch ihre Fruchtbarkeit nicht verlieren. An der Klinik für Gynäkologie der Charité kann einigen von ihnen mit einer Operationsmethode geholfen werden, die in den 90er Jahren vom französischen Gynäkologen Daniel Dargent entwickelt wurde. Dafür werden nur etwa zwei Drittel des Gebärmutterhalses entfernt. „Die Chancen für eine Schwangerschaft sind danach praktisch gleich“, versichert Klinikleiter Achim Schneider. Durch die Verkürzung des Gebärmutterhalses komme es aber häufiger zu Frühgeburten. In Deutschland werde der komplizierte Eingriff derzeit nur an der Charité angeboten, in Frankreich in drei Kliniken. Schneider findet es sinnvoll, ihn nur auf einige wenige Zentren zu beschränken, aber alle Patientinnen, für die die Methode in Frage kommt, darüber zu informieren. „Das wird leider immer noch versäumt“, kritisiert er.

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