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Gesundheit: Mit Eisen gegen Herzschwäche

Charité-Studie: Eisenpräparat kann Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit von Betroffenen steigern

Manchmal sind es einfache Gedanken, mit denen in der Medizin vielen Menschen geholfen werden kann. Ein Charité-Forscher und seine Arbeitsgruppe haben es nun mit einer solchen einfachen Idee zur Beachtung durch die internationale Fachwelt gebracht. Ein Eisenpräparat, das im Abstand von einigen Wochen in die Vene gespritzt wird, kann einer großen Gruppe von Patienten mit Herzschwäche zu mehr Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit verhelfen, so das Ergebnis einer Studie, die Stefan Anker aus der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Kardiologie am Campus Virchow leitete. Sie ist jetzt im renommierten „New England Journal of Medicine“ veröffentlicht worden.

An der Studie nahmen 459 Patienten aus elf Ländern teil, die an einer milden bis mäßigen Herzschwäche mit verminderter Pumpfunktion litten (NYHA II und III nach der international üblichen Klassifikation) und zugleich einen dokumentierten Eisenmangel hatten. Anker schätzt, dass etwa jeder vierte Patient mit einer solchen Herzschwäche zugleich unter einem – meist leichteren – Eisenmangel leidet. Zwei Drittel der Studienteilnehmer bekamen von ihrem Arzt zuerst in kürzeren, später, nachdem die Eisenspeicher aufgefüllt waren, in größeren Abständen den Wirkstoff Eisen-Carboxymaltose gespritzt, die übrigen Teilnehmer eine einfache Salzlösung.

Schon nach einem Monat zeigten sich statistisch aussagekräftige Unterschiede zwischen den Gruppen, nach 24 Wochen fühlte sich die Hälfte der Patienten, die das Eisenpräparat bekommen hatte, deutlich besser. In der Gruppe mit der Placebo-Spritze war es nur gut ein Drittel. Die Eisentherapie wirkte sich auch objektiv auf die Fitness der Herzkranken aus: Sie waren in der Testzeit von sechs Minuten in der Lage, 35 Meter weiter zu laufen als die Kontrollgruppe.

Das verwendete Eisenpräparat ist in Deutschland und vielen weiteren Ländern bereits zur Behandlung zugelassen. Bisher spielte die zusätzliche Eisenzufuhr allerdings eher in anderen medizinischen Fachgebieten eine Rolle, zum Beispiel in der Krebsmedizin. Bei Krebserkrankungen mündet ein Eisenmangel oft in einen Mangel an roten Blutkörperchen oder rotem Blutfarbstoff, der mit Eisenpräparaten bekämpft wird. Für die Herzmedizin gibt es noch keine solchen Empfehlungen. Anker geht jedoch davon aus, dass das sich nun ändern wird.

Die Studie zeigt, dass die ergänzende Spritze auch Patienten hilft, bei denen der Eisenmangel nicht zu einer Blutarmut geführt hat. Die Erklärung könnte darin liegen, dass Eisen im Körper mehrere Aufgaben hat. „Wenn es fehlt, dann gibt es neben der Blutarmut, die den Transport des Sauerstoffs erschwert, auch ein Problem mit der Energieproduktion in den Muskelzellen“, so erläuterte Anker bei der Vorstellung seiner Studie am Montag in der Charité. Er empfiehlt Patienten mit Herzschwäche, ihren Eisenspiegel beim Arzt testen zu lassen.

Die chronische Herzinsuffizienz, wie diese Form der Herzschwäche in der Mediziner-Fachsprache heißt, ist in einer alternden Gesellschaft ein wachsendes Problem. Von den über 80-Jährigen ist jeder Zehnte betroffen, und schon mit 65 Jahren leiden zwei von hundert Bürgern an einer chronischen Herzschwäche. Bei einer gestörten Pumpfunktion schafft es das Herz nicht mehr, die Lunge, die Muskulatur und die anderen Organe des Körpers ausreichend mit Blut zu versorgen. Zwar gibt es ein ganzes Arsenal von Medikamenten, die die Folgen abmildern, doch in den letzten zehn Jahren sei kein neuer Wirkstoff hinzugekommen, moniert Anker. In einem Kommentar zur Studie begrüßt deshalb auch der Kardiologe William Dec vom Massachusetts General Hospital in Boston die neue Behandlungsoption. Doch er wünscht sich auch Informationen darüber, wie sich die Eisentherapie langfristig auswirkt, ob die Patienten zum Beispiel dank der Spritzen seltener ins Krankenhaus müssen und ob man vorher abschätzen kann, welche Gruppe einen besonderen Nutzen von der Zusatzbehandlung haben wird.

Vor allem aber wünscht er sich Aufschluss darüber, auf welchen Wegen sich das Eisen für das schwache Herz wirklich nützlich macht. Denn das ist noch weitgehend unklar – und so einfach die neue Therapieoption wirkt: Der Eisenstoffwechsel des Körpers ist eine ausgesprochen komplizierte Angelegenheit.

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