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Herzinfarktregister: Tempo rettet Infarktpatienten

Berliner sind fix, selbst im Hilfeholen beim Herzinfarkt. Und das ist auch gut so, denn sofort nach dem lebensgefährdenden Ereignis sind die Heilungsaussichten am besten.

Mit dem ersten Notarztkontakt öffnet sich das kleine Zeitfenster von anderthalb Stunden, in dem der größte Therapieerfolg erzielt wird. Das gelte nicht nur für den Herzinfarkt, sondern auch für den Schlaganfall und für schwere Mehrfachverletzungen bei Unfällen, sagt Stefan Poloczek, Ärztlicher Leiter des Feuerwehr-Rettungsdienstes in Berlin.

Die Erstversorgung von Herzinfarkt-Patienten in der Stadt ist bereits sehr gut. Das ist ein zentrales Ergebnis, das auf einer Tagung des Berliner Infarktregisters und der Ärztekammer Berlin vorgestellt wurde. Doch die Versorgung könnte noch erfolgreicher werden. Noch immer wird nicht bei jedem Infarktverdacht der Rettungsdienst unter 112 angerufen. (Hier finden Sie eine Liste mit typischen Anzeichen.) Mehr als die Hälfte aller Todesfälle durch Herzinfarkt passieren, ehe der Kranke überhaupt in eine Klinik kommt.

Die Sterblichkeit in der Klinik wurde binnen 15 Jahren halbiert

Die Sterblichkeit in der Klinik hingegen halbierte sich, seit fast alle Berliner Krankenhäuser mit kardiologischen Abteilungen sich vor 15 Jahren entschlossen haben, ihre Infarktbehandlungen freiwillig registrieren und vergleichen zu lassen. Dieser Fortschritt geht vor allem zurück auf einen zügigen Therapiebeginn – dank der raschen Reaktion der Kranken beziehungsweise ihrer Angehörigen sowie der besseren Organisation in Notfällen.

Bei schweren Infarkten wird heute in der Regel das verstopfte Herzkranzgefäß mit einem Ballonkatheter geweitet, damit das Blut wieder ungehindert zum Herzen fließt. In einem Jahrzehnt stieg die Quote dieser „Wiedereröffnungen“ verschlossener Koronargefäße von 19 Prozent (1999) auf 90 Prozent (2010) der Patienten. Zugleich ging die Kliniksterblichkeit am Herzinfarkt von 13,4 auf 6,8 Prozent zurück. Noch besser werden die Ergebnisse, wenn die Therapie sehr schnell beginnt und Umwege – etwa über den Hausarzt oder den ärztlichen Bereitschaftsdienst – vermieden werden.

Bei Frauen ist die Diagnose schwieriger

Wird gleich die 112 gewählt, schickt die Feuerwehr bei Infarktverdacht einen Notarztwagen, in dem der Kranke untersucht und vorbehandelt wird. Deutet das EKG auf einen schweren Infarkt hin (fachlich: ST-Streckenhebungsinfarkt oder STEMI), kann die angesteuerte kardiologische Klinik ihr Katheterlabor bereits auf den Eingriff vorbereiten. Nach den Behandlungsleitlinien sollte er in der ersten Stunde nach Klinikaufnahme stattfinden.

Diese Frist wird meist eingehalten, sofern die Feuerwehr kommt. Das zeigt die „First-Medical-Contact“-Studie des Berliner Infarktregisters. Verzögerungen gibt es oft bei Frauen: Wegen untypischer Infarktzeichen ist die Diagnose schwieriger, wegen zarterer Blutgefäße sind sie schwerer zu behandeln. Länger dauern kann es auch nachts und am Wochenende, wenn weniger Personal vorhanden ist. Ungünstig ist es zudem, wenn der Patient erst in die Rettungsstelle oder auf die Intensivstation kommt statt sofort ins Herzkatheterlabor.

Schlaganfall: Nur jeder Dritte kommt schnell genug in eine "Stroke Unit"

Mit Hilfe solcher Studien will das Berliner Herzinfarktregister die Patientenversorgung weiter verbessern. Das Register wurde auch zum Vorbild für das Schlaganfallregister. Nach wie vor ist das Bewusstsein der Bevölkerung für einen Hirninfarkt mangelhaft. Nur jeder dritte Patient komme schnell genug in eine Spezialstation, eine „Stroke Unit“, sagt Hans-Christian Koennecke, Sprecher des Berliner Schlaganfallregisters. „Das liegt zum Großteil daran, dass bei den ersten Anzeichen nicht schnell genug reagiert und der Rettungsdienst gerufen wird.“

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