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Volltreffer. So könnte es ausgesehen haben, als die Erde vor rund viereinhalb Milliarden Jahren getroffen wurde.

© Abb.: Nasa/JPL Caltech

Himmlischer Begleiter: Mond und Erde sind Geschwister

Neue Studien stützen die Theorie, wonach der Erdbegleiter die Folge eines gewaltigen Zusammenstoßes ist. Der war womöglich heftiger als bisher gedacht.

Seit den „Apollo“-Missionen ist bekannt, dass der Mond aus ganz ähnlichem Material besteht wie die Erde. Die Gesteinsproben, die der kürzlich verstorbene Neil Armstrong und seine Kollegen mit nach Hause brachten, bestehen aus fast den gleichen Stoffen wie irdischer Fels. Daher vermuten Wissenschaftler schon länger, dass Mond und Erde eine gemeinsame Herkunft haben.

Der gängigen Theorie zufolge sind die beiden Himmelskörper in der Frühzeit unseres Sonnensystems vor gut vier Milliarden Jahren aus einer gewaltigen Kollision hervorgegangen, bei der ein kleinerer Planet namens „Theia“ auf einen größeren knallte. Dabei nahm der größere Planet, der Vorläufer unserer Erde, den Hauptteil der Masse von Theia auf. Die Bruchstücke dieses gigantischen Zusammenpralls kreisten anschließend um unseren Planeten, klumpten Stück für Stück zusammen und bildeten schließlich den Mond.

Diese Kollision ist derzeit die beliebteste These unter Mondforschern. Sie hat aber noch einige offene Punkte. So führen bisherige Crashsimulationen stets zu einem Mond, der eher die Zusammensetzung des „Impaktors“ aufweist sowie zu einer Erde, die aus einem deutlich anderen Material besteht. Doch das ist erwiesenermaßen nicht der Fall: Das Mondgestein ist bis auf kleine, aber entscheidende Unterschiede dem irdischen chemisch sehr ähnlich.

Einen Ausweg weisen mehrere Forscherteams, die ihre Ergebnisse jetzt zeitgleich veröffentlichen. Sie alle stützen die These von der gewaltsamen Entstehung des Erdbegleiters, die womöglich noch heftiger ablief als bislang gedacht.

Wenn der Mond aus den Bruchstücken eines solchen Einschlags hervorgegangen ist, dann hängt seine chemische Zusammensetzung wesentlich davon ab, wie gut sich das Material der beiden Vorläuferplaneten beim Zusammenstoß vermischt hat. Denn die beiden Vorläufer müssen an unterschiedlichen Stellen des Sonnensystems entstanden sein und sollten daher chemische Unterschiede zeigen, schreibt Matija Cuk von der Universität Harvard im Fachjournal „Science“. Die Vermischung des Materials der beiden Planeten wiederum hängt von verschiedenen Faktoren ab: etwa ihrem Größenverhältnis, von der Aufprallgeschwindigkeit, dem Aufprallwinkel und der Rotation der beiden Körper.

Mit diesen Daten lassen Forscher den mutmaßlichen Crash im Computer noch einmal ablaufen, um zu sehen, ob ihre Annahmen sinnvoll sind. Die Simulationen zeigen: Bei einer solchen Kollision werden beide Körper zerrissen und heizen sich bis zu einigen tausend Grad Celsius auf, wobei ein guter Teil ihres Innern verdampft. Aus diesem Dampf kondensieren die schwerer flüchtigen Stoffe schneller wieder aus, die leichteren gehen einfacher ins All verloren.

Falls der Mond sich also aus der heißen Gasscheibe nach einem solchen Aufprall gebildet hat, sollte er einen Mangel an leichten Elementen gegenüber der Erde aufweisen. Es ist allerdings schwierig, aus einigen Kilogramm Gestein von der Mondoberfläche darauf zu schließen, wie es tief in seinem Innern aussieht – aber nicht unmöglich. Wie Forscher um Frédéric Moynier von der Washington-Universität in Saint Louis im Fachblatt „Nature“ berichten, ist Zink ein guter Indikator für den Anteil an leicht flüchtigen Elementen im Mondinnern.

Es gibt unterschiedlich schwere Arten von Zink, Chemiker sagen dazu Isotope. Sie finden sich beispielsweise in Basaltgestein, also dem Auswurf erloschener Vulkane. „Das Gestein ist besonders geeignet, weil es aus dem Innern des Mondes stammt und dessen Zusammensetzung am besten wiedergibt“, sagt Moynier. Die Wissenschaftler untersuchten deshalb 20 Proben, die von den Apollo-Missionen zur Erde gebracht wurden sowie einen Mondmeteoriten. Tatsächlich fanden sie heraus, dass das Zink auf dem Mond im Vergleich zu Erde oder zum Mars einen erhöhten Anteil an schweren Isotopen besitzt. Das spricht für eine heftige Planetenkollision, in deren Folge der Mond aus einer Wolke aus Dampf und Gesteinsbrocken hervorging.

In zwei weiteren Publikationen im Fachjournal „Science“ stellen Forscher Simulationen vor, die zeigen, wie ein solcher Zusammenstoß hätte vonstatten gehen können. Variante 1: Ein kleiner, aber schneller Himmelskörper traf auf eine schnell rotierende Urerde. Bei der Kollision wäre vorrangig Material des Erdmantels ins All geschleudert worden, aus dem sich der chemisch ähnliche Mond hätte entwickeln können, berichten Matija Cuk und Sarah Stewart. Variante 2: Zwei ähnlich schwere Planeten sind deutlich langsamer miteinander kollidiert. Dennoch wäre dabei das Material der Himmelskörper so stark durchmischt worden, dass die Gesteine von Erde und Mond chemisch einander sehr ähnlich sind, schreibt Robin Canup vom Southwest Research Institute in Boulder.

Das schwere Eisen wäre in den Erdkern gesunken, wo es heute noch als Dynamo des Erdmagnetfeldes seine Dienste tut. Aus den leichteren Stoffen hätten sich der Erdmantel und der Mond gebildet. Diese Ergebnisse passen nicht nur zum Mangel an leichtem Zink auf dem Mond, sondern auch zur Verteilung der übrigen Elemente.

Wer also beim nächsten Vollmond seinen Blick in den Himmel richtet, sieht dort nicht nur einen treuen Begleiter, sondern wahrscheinlich auch – zumindest chemisch gesehen – den Bruder unserer Erde.

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