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Hochschulen: Nachwuchsforscher verlässt Deutschland - trotz Millionenstipendium

Hilferuf von der Uni Augsburg: Das Institut für Physik hat einen exzellenten Nachwuchswissenschaftler an die Universität Boston (USA) verloren – trotz eines Startkapitals von 1,3 Millionen Euro. Ein Präzedenzfall für Missstände im Wissenschaftssystem?

Matthias Schneider sei in kurzer Zeit sein zweiter Habilitand, der nach Auslaufen seines Vertrags ins Ausland gegangen sei, klagt Achim Wixforth, Professor für Experimentalphysik. Der Fall Schneider sei exemplarisch für Missstände im Wissenschaftssystem. Universitäre Bürokratie, schlechte Bezahlung und ungewisse Zukunftsaussichten ließen viele Nachwuchsforscher abwandern.

Als Schneider ein Starting Grant des Europäischen Forschungsrats (ERC) erhielt, schien gesichert, dass der Physiker in Europa bleibt. Doch gleichzeitig mit dem 1,3-Millionen-Euro Stipendium bekam er ein Angebot aus Boston: Die Universität trug ihm eine Assistenzprofessur mit der Aussicht auf eine ordentliche Professur an. Schneider griff zu, denn Augsburg konnte ihm in absehbarer Zeit keine Professur anbieten. Und an anderen deutschen Unis hatte es Schneider zwar schon auf Berufungslisten geschafft, aber noch keinen Ruf erhalten. „Ich hätte mir gewünscht, dass man mir hier im Lande ein klein wenig mehr Vertrauen schenkt“, erklärt Schneider. Die Boston University habe ihm von sich aus das attraktive Jobangebot gemacht.

Mit Schneider verliere Deutschland einen hoch qualifizierten Nachwuchswissenschaftler, sagt sein ehemaliger Chef. Das ERC-Geld geht jetzt ebenso verloren wie sein prämiertes Forschungsthema „Nano Blood“: Schneider wollte die Ursache für die Bildung von Blutklumpen finden und helfen, Behandlungsmöglichkeiten zu entwickeln; ein Projekt an der Schnittstelle von Biologie, Medizin und Halbleiter-Nanotechnologie.

Auch dem Europäischen Forschungsrat in Brüssel wirft Wixforth vor, bürokratisch zu handeln. Die Bostoner Institutsleitung hätte sich einverstanden erklärt, dass Schneider sein ERC-Projekt gemeinsam mit einem eigenen Team in einem Viertel seiner Arbeitszeit bei den Augsburger Physikern startet. Die Brüsseler Forschungsverwaltung habe dies aber nicht zugelassen und auf einem mindestens fünfzigprozentigen Engagement Schneiders in Europa bestanden. Amory Burchard

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