zum Hauptinhalt
Mama, Mama, Kind. Ein Verlag will in Schulbüchern das Leben von Regenbogenfamilien schildern. Foto: AFP

© AFP

Holland: Homosexualität in Schulbüchern?

Der Bürgermeister Amsterdams fordert, Schulen sollten Homosexualität als Selbstverständlichkeit behandeln und entsprechend thematisieren. Ein Schulbuchverlag signalisiert Zustimmung, religiöse Gruppen protestieren.

Lesbisch und schwul sein – das ist doch heute längst normal und gesellschaftlich breit akzeptiert, heißt es oft. Doch in Schulbüchern ist von dieser vermeintlichen Normalität nicht viel zu spüren. Schwule und Lesben tauchen dort im Gegenteil nur äußerst selten auf, wie Studien zeigen. Auch Lehrer thematisieren Homosexualität kaum. Die Folge: Lesbische und schwule Jugendliche empfinden die Schule oft als homophoben Ort, sie fühlen sich allein gelassen.

Das soll sich jetzt ändern, zumindest in den Niederlanden. Der neue Bürgermeister Amsterdams, Eberhard van der Laan, hat nun gefordert, Schulen müssten Lesben und Schwulen endlich als Selbstverständlichkeit behandeln. „Kindern muss einfach beigebracht werden: Es ist in den Niederlanden normal, dass zwei Männer auf der Straße Hand in Hand laufen“, zitiert die „Volkskrant“ van der Laan. Bereits in der Grundschule sollten Schülerinnen und Schüler lernen, dass es über die heterosexuelle Kleinfamilie hinaus andere Lebensentwürfe gebe.

Ein großer Schulbuchverlag Hollands, Noordhoff Uitgevers, signalisiert Zustimmung. „Wenn es in Lesebüchern zum Beispiel um den Familienurlaub geht, sieht man auf Zeichnungen Kinder mit Vater und Mutter. Das geht doch auch anders“, sagte Verlagsdirektor Frans Grijzenhout laut „Spiegel Online“. Künftig solle bei der Gestaltung der Schulbücher darauf geachtet werden, dass auch Familien vorkommen, in denen Kinder Mama und Mama oder Papa und Papa haben.

Schulen müssten sich umso mehr um das Thema kümmern, als Überfälle auf Homosexuelle in Amsterdam in den letzten Jahren zugenommen hätten, sagte van der Laan, der mit einer Frau verheiratet ist und fünf Kinder hat. Die Gewalt ginge zumal von Jugendlichen mit marokkanischen Wurzeln aus. Vor diesem Hintergrund sei es „deprimierend“, dass sechs von zehn Schülern der Mittelstufe in einer Umfrage angaben, in ihrer gesamtem Schulzeit noch nie etwas über Homosexualität gehört zu haben. Bereits in der Grundschule sei der richtige Zeitpunkt, Kinder über Schwul- und Lesbischsein aufzuklären. Anders als in der Pubertät würden Schülerinnen und Schüler dann noch vorurteilsfrei über Werte und Normen diskutieren.

Religiöse Gruppen protestieren. „Der Schule darf nicht die Homo-Emanzipation aufgezwungen werden“, heißt es. Mit diesem Argument hatte vor einigen Jahren die damalige CDU-/FDP-Regierung Nordrhein-Westfalens ein Lehrer-Handbuch zur Homosexualität aus den Schulen verbannt. Tilmann Warnecke

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false