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HPV-Impfung: Warten wäre tödlich

Trotz einiger offener Fragen sollte in Deutschland weiter gegen Humane Papillomviren (HPV) geimpft werden. Das sagte der deutsche Nobelpreisträger Harald zur Hausen am Montagabend in der Berliner Urania, wo er einen Vortrag über seine Forschung hielt.

Der Heidelberger Mediziner war im Dezember für den wissenschaftlichen Nachweis geehrt worden, dass Gebärmutterhalskrebs durch HPV ausgelöst werden kann. Auch andere Viren, wie zum Beispiel die Erreger von Hepatitis B und C können Krebserkrankungen verursachen. Insgesamt geht jede fünfte Krebserkrankung auf eine Infektion zurück, schätzt zur Hausen. Mehr als 200.000 Frauen sterben jedes Jahr alleine an Gebärmutterhalskrebs. Es ist die zweithäufigste Krebserkrankung von Frauen weltweit nach Brustkrebs. In den reichen Ländern, wo eine wirkungsvolle Früherkennung angeboten wird, bleibt es oft bei den Vorformen. Sie werden erkannt, wenn der Frauenarzt einen Pap-Abstrich vornimmt. Die Früherkennung kann Leben retten, dafür wird jedoch häufig eine Operation nötig. 140.000 Konisationen, bei denen der Arzt Gewebekegel aus dem Muttermund herausschneidet, werden jedes Jahr in Deutschland vorgenommen.

Die Impfung gegen HPV wird inzwischen in Deutschland von den Krankenkassen für alle Mädchen zwischen 12 und 17 Jahren bezahlt, nachdem die Ständige Impfkommission (STIKO) beim Robert Koch Institut sie empfohlen hat. Wie berichtet, hatte Anfang Dezember eine Gruppe von 13 deutschen Wissenschaftlern in einem Manifest zur Überprüfung dieser Impfempfehlung aufgerufen.

Der Schutz erreiche annähernd 100 Prozent

„Bisher ist noch nicht bewiesen, dass durch die Impfung Krebs verhindert wird“, sagte auch zur Hausen. Er fügte jedoch sofort hinzu: „Wollen wir wirklich so lange warten?“ Innerhalb von 20 Jahren könnten dann in Deutschland 120.000 neue Fälle auftreten und 2,8 Millionen Konisationen nötig sein, rechnete er vor. Trotz vieler offener Fragen hält er das nicht für akzeptabel. Was die Vorstufen betreffe, so erreiche der Schutz für Frauen die noch nicht mit HPV vom Typ 16 oder 18 infiziert sind, annähernd 100 Prozent.

Das Manifest kritisiert zur Hausen als „nicht sehr sorgfältig durchgearbeitet“. Dort war unter anderem erwähnt worden, dass in einer Studie nur bei 17 Prozent der geimpften Frauen ein positiver Effekt in den Zellen beobachtet worden sei. „Diese Zahl ist irreführend, weil die Teilnehmerinnen schon sexuelle Kontakte hatten.“ Kritik übt er jedoch selbst an vereinfachten Werbeslogans und am Preis des Impfstoffs. Nur wenn die Impfung deutlich billiger und auch technisch einfacher werde, könne sie in der Dritten Welt Leben retten.

Am Tag der Nobelpreisverleihung hatte die Information für Unruhe gesorgt, dass ein Jurymitglied des Preiskomitees zugleich im Aufsichtsrat der Pharmafirma Astra-Zeneca sitze. Das Unternehmen hält die Patente für die beiden auf dem Markt befindlichen Impfstoffe. Auch zur Hausen erfuhr davon erst am Tag der Preisverleihung, wie er jetzt in einem Interview mit dem „Deutschen Ärzteblatt“ mitteilte. Das Votum sei dadurch aber nicht beeinflusst worden. „Mir gegenüber wurde geäußert, dass die Entscheidung nahezu einstimmig gefallen ist.“

Adelheid Müller-Lissner

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