zum Hauptinhalt

Hubble-Teleskop: Kosmischer Pannendienst

Riskante Mission: Das Teleskop "Hubble" wird noch einmal repariert – in 600 Kilometer Höhe.

Wann immer es darum geht, die Faszination des Weltraums zu illustrieren, wird auf Aufnahmen des Weltraumteleskops „Hubble“ zurückgegriffen. Seit 19 Jahren kreist das fliegende Observatorium nun schon um die Erde und schickt uns atemberaubende Bilder. Wie bei jedem Gerät ging auch bei Hubble immer mal wieder etwas kaputt – oder wurde schlicht vom technischen Fortschritt überholt. Bereits viermal sind Astronauten der US-Raumfahrtagentur Nasa zu Hubble geflogen, um den Späher wieder flott zu machen. Am heutigem Montag um 20 Uhr 01 (MESZ) soll zum fünften und letzten Mal ein Spaceshuttle vom Kennedy Space Center in Florida abheben, um Kurs auf Hubble zu nehmen. Die Mission ist umstritten, denn das Kollisionsrisiko mit Weltraumschrott ist doppelt so groß wie bei einem Flug zur Raumstation ISS.

Die siebenköpfige Crew der „Atlantis“ hat zahlreiche Ersatzteile im Gepäck, unter anderem neue Akkus und Gyroskope. Diese Geräte helfen dabei, das Teleskop zu stabilisieren. Dafür werden im Inneren der Gyroskope Scheiben in eine Drehung versetzt. Wie bei einem Brummkreisel sind die rotierenden Massen träge und lassen sich nur schwer in ihrer räumlichen Orientierung verändern. Dieses Prinzip verhilft Hubble zu noch schärferen Bildern. Weiterhin ist ein neuer Sensor vorgesehen, mit dem die Ausrichtung auf bestimmte Himmelsobjekte vereinfacht werden soll. Auch eine neue Kamera und ein Spektroskop befinden sich im Frachtraum der Atlantis.

Die Mission ist für eine Dauer von elf Tagen geplant, wobei der Shuttle neun Tage lang das Teleskop mit seinem Roboterarm festhalten wird, um den Astronauten die Arbeit zu erleichtern. Bei insgesamt fünf Ausstiegen in den Weltraum wollen sie die Ersatzteile montieren.

Als besonders schwierig gilt die Reparatur des „Space Telescope Imaging Spectrographs“. Dabei müssen die Astronauten mit rund 100 kleinen Schrauben hantieren – in der Schwerelosigkeit und mit dicken Handschuhen. Sollten die Handwerker einige verlieren, könnten sie in das Teleskop fliegen und es beschädigen. Sollten diese Reparatur und die übrigen Wartungsarbeiten jedoch gelingen, könne das Weltraumteleskop mindestens bis 2014 weiterbetrieben werden, sagen die Experten der Nasa. Dank der neuen Teile würde die Leistungsfähigkeit „zehn- bis 70-mal“ verbessert, versprechen die Fachleute. Die Astronauten werden ihre Reparaturarbeiten mit „Imax“-Spezialkameras filmen. Einige der Sequenzen sollen dann im Film „Hubble 3-D“ zu sehen sein, der im Frühjahr 2010 in die Kinos kommt.

Gleichwohl war der Wartungsflug innerhalb der US-Raumfahrtbehörde lange umstritten. Nachdem 2003 die Raumfähre „Columbia“ beim Wiedereintritt in die Atmosphäre zerbrach, wurden sämtliche Shuttleflüge gestrichen. Nach umfangreichen Änderungen im Sicherheitskonzept wurde der Flugbetrieb zur Raumstation ISS wieder aufgenommen.

Die Hubblemission ist aber gefährlicher: Das Risiko einer Kollision mit Weltraummüll beziffert die Nasa auf 1:185. Das ist doppelt so hoch wie bei einem Flug zur ISS. Ursache dafür ist die Flugbahn des Weltraumteleskops. Mit 600 Kilometern liegt sie deutlich höher als die der ISS, die rund 350 Kilometer über der Erde schwebt. „In der Bahn von Hubble gibt es viel mehr Trümmerteile alter Raketen und Satelliten“, sagt Rüdiger Jehn vom europäischen Raumflug-Kontrollzentrum. Denn dort oben ist die Erdanziehungskraft geringer, so dass die Partikel länger umherfliegen, bevor sie die Atmosphäre erreichen und verglühen. So werden die Müllwolken immer dichter.

Besonders gefährlich für das Shuttle sind Fragmente zwischen einem und zehn Zentimeter Größe. Sie sind zu klein, um von Radargeräten entdeckt zu werden, könnten aber die Schutzschilde durchschlagen. Obwohl sich die ISS in scheinbar geringer Distanz befindet, könnten die Astronauten im Notfall nicht in die Raumstation flüchten, da die Flugbahn von Hubble eine völlig andere Neigung hat als die der ISS. Trotzdem entschied die Nasa, diesen letzten Flug jenseits der ISS zu genehmigen.

Sicherheitshalber, so lautete die Bedingung, soll in Cape Canaveral ein weiterer Shuttle startbereit gehalten werden, um nach einem möglichen Unglück im All aufzusteigen und die Crew der Atlantis zur Erde zurückzubringen. Für diesen Fall ist vorgesehen, dass der Rettungsshuttle sich der Atlantis bis auf 15 Meter nähert und die Astronauten mit dem Greifarm an Bord nimmt.

Doch der Starttermin im Herbst 2008 musste wieder verschoben werden, weil wenige Tage zuvor das Computersystem von Hubble ausfiel. Den Technikern gelang es zwar, von der Erde aus das betagte Reservesystem zu starten. Der geplante Start war allerdings so nah, dass es nicht mehr möglich gewesen wäre, dem Reparaturtrupp eine neue Datenkontrolleinheit mitzugeben. Die ist mittlerweile fertiggestellt und die Astronauten haben geübt, sie zu montieren.

Umso größer ist die Hoffnung, dass der Serviceflug gelingt und das Leben von Hubble verlängern wird. Und dass die Astronauten am 22. Mai wohlbehalten wieder auf der Erde landen, ohne dass die Raumfähre „Endeavour“ zu einer Rettungsmission aufbrechen muss.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false