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 Friedrich Ebert. Die nach ihm benannte Stiftung feiert heute 90jähriges Jubiläum.

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Jubiläum der Friedrich-Ebert-Stiftung: „Stipendien statt Kränze“

Ziel der Friedrich-Ebert-Stiftung war es von Anbeginn, die Bildungschancen von Arbeiterkindern zu verbessern. Heute wird die Stiftung 90 Jahre alt.

Von Hans Monath

Friedrich Ebert hinterließ eine Botschaft, die bis heute wirkt. Bevor der Sozialdemokrat und Reichspräsident der Weimarer Republik, schwer getroffen von den Attacken seiner Verleumder, am 28. Februar 1925 starb, hatte er einen Wunsch geäußert. Das SPD-Zentralorgan „Vorwärts“ bezog sich darauf in seiner Abendausgabe vom 2. März desselben Jahres: Der SPD-Parteivorstand habe beschlossen, „eine Friedrich-Ebert-Stiftung im Sinne der Lebensarbeit des Entschlafenen zu entrichten“. Statt Kränze zu kaufen und aus allen Teilen des Reiches zur Beerdigung des Präsidenten zu reisen, sollten die Genossen das dafür vorgesehene Geld lieber der neuen Organisation spenden. Ziel der Stiftung war es, Arbeiterkindern im Geist von Demokratie und Pluralismus zu einem Studium zu verhelfen.

Gegen die Benachteiligung von Arbeitern im Bildungssystem

Der „Vorwärts“-Artikel markiert die Geburtsstunde der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES). Neunzig Jahre nach seinem Erscheinen feiert die nach dem Reichspräsidenten benannte Organisation am heutigen Montag in Berlin ihren 90. Geburtstag mit prominenten Gästen. Die Festansprachen halten Bundespräsident Joachim Gauck und der frühere polnische Präsident Alexander Kwasniewski, mit dem den FES-Vorsitzenden Kurt Beck eine lange Freundschaft verbindet.

Ebert hatte die Benachteiligung der Arbeiter im Bildungssystem selbst erlitten. Der Sohn eines Schneiders, der gemeinsam mit sieben Familienmitgliedern in einer 45-Quadratmeter-Wohnung in Heidelberg aufwuchs, erkämpfte sich als Autodidakt den Aufstieg zum Parteichef und Staatsoberhaupt. Den Akademikern, die auf ihn herabsahen, war der überzeugte Kämpfer für politischen Ausgleich dennoch „an politischer und menschlicher Bildung“ überlegen, wie der Historiker Heinrich August Winkler in seinem Buch „Der lange Weg nach Westen“ schreibt.

Etat von 150 Millionen Euro

Rund 5000 Reichsmark kamen durch den Spendenaufruf zusammen. Im ersten Stiftungsjahr, 1926, wurden 54 „junge, befähigte Proletarier“ gefördert, wie die SPD schrieb. Neunzig Jahre später verfügt die FES über einen Etat von rund 150 Millionen Euro, das Geld kommt von Bundesministerien. 2700 Studentinnen und Studenten fördert die FES heute, wobei sie sich dem Gründungsgedanken immer noch verpflichtet fühlt: Fast die Hälfte der Stipendiaten (45 Prozent) stammt aus Familien, die bis dahin keinen Akademiker hervorgebracht haben. Anders als 1926 ist keine „Empfehlung der Parteiorganisation“ mehr nötig, aber auf gesellschaftliches Engagement legt die SPD-nahe Stiftung ausdrücklich Wert.

Von den Nationalsozialisten wurde die Stiftung verboten, doch nach ihrer Wiedergründung 1947 avancierte sie zum Vorbild für die anderen parteinahen Stiftungen in Deutschland. Ihren Auftrag hat sie über die Begabtenförderung hinaus ausgeweitet. Ihre 16 Inlands- und 106 Auslandsbüros betreiben politische Bildungsarbeit, bieten Politikberatung an, engagieren sich in der internationalen Zusammenarbeit und unterhalten das Archiv der sozialen Demokratie in Bonn – immer orientiert an dem Leitbild einer solidarischen und freiheitlichen Demokratie.

"Demokratie braucht Demokraten"

Von Friedrich Ebert stammt der Satz „Demokratie braucht Demokraten“. Angesichts von Pegida und zunehmender Demokratieverdrossenheit sieht der FES-Vorsitzende die politische Bildungsarbeit ganz besonders gefordert. Der prägnante Satz, mit dem der Namensgeber der Stiftung vor neunzig Jahren sein Erbe überschrieb, so glaubt Beck, „gilt in allen Zeiten“.

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