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Dialog. Am Potsdamer Institut studieren künftige Rabbiner verschiedener Glaubensrichtungen.

© Uni Potsdam/Karla Fritze

Jüdische Theologie in Potsdam: Rabbiner von der Uni

In Potsdam wird die "School of Jewish Theology" feierlich eröffnet. Das Ringen um akademische Gleichberechtigung der jüdischen Theologie in Deutschland währt fast 200 Jahre. Und auch die aktuelle Gründung hat eine turbulente Vorgeschichte.

Herausfinden, „was ein Jude in der heutigen Welt zum Inhalt seines Glaubens machen kann“. So beschrieb der britische Rabbiner Louis Jacobs in seinem Grundlagenwerk „Was ist jüdische Theologie“ den Weg, auf den sich Wissenschaftler und Studierende an der Universität Potsdam machen werden. Dort wird die „School of Jewish Theology“, an der sechs Professoren Fächer wie Hebräische Bibel und Exegese sowie Talmud und Rabbinische Literatur unterrichten, am morgigen Dienstag mit einem Festakt offiziell eröffnet.

Als Institut für jüdische Theologie an einer staatlichen Universität ist die School deutschlandweit ein Novum und auch in Europa einzigartig. Zudem vereint sie die bislang allerorten getrennte Ausbildung von Rabbinerinnen und Rabbinern liberaler und konservativer Glaubensrichtungen unter einem universitären Dach. Seit dem Beginn des Wintersemesters lernen rund 50 Studierende an dem Institut.

Die Potsdamer Gründung hat eine turbulente Vorgeschichte. Nachdem der Wissenschaftsrat 2010 empfohlen hatte, neben den evangelischen und katholischen Theologien auch nicht christliche Bekenntnisse an den staatlichen Hochschulen zu etablieren, ging der Staat zunächst nur auf den Islam zu. Der Bund förderte alsbald den Aufbau Islamischer Zentren für die Imam-Ausbildung an einigen Universitäten. Die Initiative der Humboldt-Universität und der Jüdischen Gemeinde zu Berlin für eine „Fakultät für Jüdische Studien“ scheiterte, gab aber den Anstoß für die Gründung eines „Zentrums Jüdische Studien Berlin-Brandenburg“, das Ende Mai 2012 mit einer millionenschweren Bundesförderung gegründet wurde.

Doch der Leiter des daran beteiligten Potsdamer Abraham-Geiger–Kollegs für die Ausbildung von Rabbinern, Walter Homolka, wollte die Fakultätsidee nun in der brandenburgischen Landeshauptstadt vorantreiben. Als die im Prinzip wohlwollende Landesregierung mit der Finanzierung und der Gesetzgebung nicht recht vorankam, machte Homolka Druck. Parallel verhandelte er zuerst an der Universität Erlangen-Nürnberg und dann in Erfurt über jüdische Fakultäten, drohte, notfalls werde auch das Geiger-Kolleg dorthin abwandern. Schließlich machte doch Potsdam das Rennen, allerdings entschied sich die Uni unter Präsident Oliver Günther für die kleinere Lösung einer „School of Jewish Theology“, die als autonomes Institut an der Philosophischen Fakultät angesiedelt ist.

Die Urgeschichte der Potsdamer Institutsgründung beginnt indes vor fast 200 Jahren. Schon 1836 forderte der jüdische Reformer und Rabbiner Abraham Geiger in Berlin eine jüdische Fakultät an der Universität. Der preußische Staat hat sie über Jahrzehnte abgelehnt, bis in die Weimarer Republik aber entstanden an etlichen Universitäten Seminare für jüdische Studien. Die zaghafte Geschichte dieser akademischen Emanzipation wurde im Nationalsozialismus brutal zerschlagen, ebenso wie die 1872 gegründete private Berliner Hochschule für die Wissenschaft des Judentums.

Durch die enge Kooperation des Potsdamer Instituts mit dem Berlin-Brandenburgischen Zentrum für Jüdische Studien, das unter anderem Gastprofessoren einlädt und Juniorprofessoren beschäftigt, ist die jüdische Theologie nunmehr auch mit den drei beteiligten großen Berliner Universitäten verbunden. Um Rabbiner oder Kantor zu werden, werden die jüdischen Potsdamer Studierenden parallel am Abraham-Geiger-Kolleg für die liberale Glaubensrichtung oder am Zacharias-Frankel-College für die konservative Ausrichtung ausgebildet. Das Lehrangebot des Uni-Instituts steht aber auch nicht konfessionell gebundenen Studierenden offen. Amory Burchard

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