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Jugendreport Natur: Und im Norden geht die Sonne auf

Der Jugendreport Natur 2010 zeigt, dass viele Kinder ein immer abstrakter werdendes Bild der Natur haben - und kaum etwas über sie wissen.

Für viele Kinder geht die Sonne im Norden auf. Oder doch im Süden? Oder eher im Westen? Nur knapp 60 Prozent der Elf- bis 15-Jährigen wussten mit „Osten“ die richtige Antwort, als sie für den Jugendreport Natur 2010 von Forschern der Marburger Universität befragt wurden. Demnach haben Kühe oft auch deutlich mehr als vier Zitzen. Und nur ein Fünftel der Kinder wusste, dass Milchvieh keine H-Milch im Euter hat. „Eine erschreckende Naturvergessenheit“, bilanzieren die Initiatoren, zu denen der Jagdschutz-Verband (DJV), der Landwirtschaftsverband i.m.a und die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald gehören.
„Dank Hollywood geht vielen Jugendlichen 'Tyrannosaurus rex' flüssiger über die Lippen als 'Rehkitz', das auch mal schnell zum Hirschling wird“, so DJV-Präsident Jochen Borchert bei der Vorstellung des Reports am Donnerstag in Berlin. Schon seit Mitte der 90er Jahre wird die Befragung in regelmäßigen Abständen gemacht: Zwischen März und Mai 2010 wurden erneut über 3000 Sechst- bis Neuntklässler aus allen Bundesländern mit über 150 Fragen zur Natur konfrontiert.
Was dabei heraus kam, ist nur auf den ersten Blick lustig: So wussten nur sechs Prozent, dass das Junge vom Hirsch mit einem Reh nur entfernt verwandt ist und Kalb heißt - weder Rehkids noch Rehkitz, aber auch nicht Hirschling oder Bambi, wie tatsächlich einige antworteten. Auch legen Hühner danach im Durchschnitt 3,1 Eier pro Tag - bis zu elf, glauben manche. Und auf die Frage, wie die Früchte der Rose heißen, blieben sogar neun von zehn Kindern die richtige Antwort „Hagebutte“ schuldig. „Was für viele früher selbstverständlich war, nämlich im Sommer auf dem Bauernhof zu helfen oder selbst im Garten zu arbeiten, fällt heute unter die Rubrik exotisch“, sagte i.m.a.-Präsident Gerd Sonnleitner.
Bedenklich auch die Ergebnisse zum Thema Nachhaltigkeit: Immer das neueste Handy zu besitzen, hat für knapp jeden zweiten Befragten keine schädlichen Auswirkungen auf die Natur. Der immense Rohstoff und Energiebedarf bleibt unerkannt. Der Natursoziologe Reiner Brämer von der Uni Marburg beschreibt vielmehr ein „Bambi-Syndrom“: Natur werde zur „Heilen Welt“, zum Erholungsraum von hohem Deko-Wert, in der man keine Pflanzen ausreißen dürfe (71 Prozent) und natürlich auch keinen Müll ablade (86 Prozent). Nachhaltigkeit durch Hege und Pflege - also das Fällen von Bäumen und das Jagen von Rehen und Wildschweinen halten jedoch viele generell für schädlich für die Natur.
„Wir müssen das immer abstrakter werdende Naturbild bei Jugendlichen umkehren. Sonst scheitern wir mit der Zukunftsaufgabe Nachhaltigkeit“, bilanziert Brämer. Landkinder schnitten bei der Befragung übrigens nicht besser ab als Stadtkinder. Und begleitende Umfragen Marburger Studenten ließen ähnliche Tendenzen auch unter Erwachsenen erkennen. (dpa)

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