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Jungforscher: Zufrieden trotz Stellenmangel?

Der erste Bundesbericht über den wissenschaftlichen Nachwuchs kritisiert, dass in Deutschland viel zu lange Unklarheit über Karriere-Chancen junger Akademiker herrscht. Ihnen fehlen verlässliche Perspektiven.

Die Flut an Daten und Tabellen im ersten Bundesbericht über den wissenschaftlichen Nachwuchs war am Ende wohl so groß, dass es die werbewirksamste Aussage nicht einmal in die Pressemeldung von Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) schaffte: Die Nachwuchswissenschaftler in Deutschland sind mit ihrer Situation deutlich zufriedener als noch vor 15 Jahren. Damals beurteilten sie ihre Lage mit der Schulnote 3,1. Bei einer repräsentativen Befragung von 1500 Nachwuchsforschern im vergangenen Jahr gab es eine 2,5.

Die aufgehellte Stimmung vermag der nun erstmals vorgelegte, 285 Seiten starke Bericht aus der Feder von Hochschulforschern aus Halle, Kassel und München allerdings nicht eindeutig zu begründen. Wozu passt, dass in der Umfrage die Nachwuchskräfte ihre tatsächlichen Arbeitsbedingungen im Detail gar nicht viel anders einschätzen als 1992. Noch immer bietet das deutsche System im Vergleich zu Großbritannien, Frankreich oder den USA für Promovierte die geringste Chance, eine selbstständige und unbefristete Stelle als Hochschullehrer zu bekommen. Nur ein Fünftel der Stellen an Unis sind Dauerstellen für Hochschullehrer; in Großbritannien sind es zwei Drittel, in Frankreich drei Viertel, in den USA mehr als die Hälfte. Der Bericht erklärt dies mit unterschiedlichen Leitvorstellungen: In Großbritannien oder den USA steigen die Mitarbeiter auf festen Stellen im System auf, wenn sie etwas leisten. In Deutschland werde dagegen eine möglichst große Zahl an Kandidaten geschaffen, die erst etwas leisten müssten, bevor sie vielleicht einmal ins System dürfen.

Der Bericht kritisiert darum, in Deutschland lebten Nachwuchsforscher viel zu lange im Unklaren. Es fehlten frühzeitige und verlässliche Perspektiven. Die Chancen für einen Aufstieg können die Jungforscher im Bericht nachlesen: Gut 14 Prozent der Studienabsolventen machen einen Doktortitel. Von diesen bringen 8,6 Prozent die Habilitation hinter sich. Von den Habilitierten erhalten dann immerhin 40 Prozent einen Ruf.

Neue Perspektiven zeigten zwei Trends auf: Zum einen ist die Professur nicht mehr einzige Chance, dauerhaft an einer Universität zu bleiben, seit neue Personalkategorien wie Lecturer oder Lehrprofessuren geschaffen werden. Zum andern werde die Juniorprofessur als Alternative zur Habilitation auch mit der Aussicht auf eine Dauerstellung verknüpft – allerdings nur in acht Prozent der Fälle und damit noch zu selten. Weit besser ergehe es dem Nachwuchs an den außeruniversitären Forschungszentren, der öfter dauerhaft als Mitarbeiter tätig sein könne, auch ohne den Aufstieg auf eine Chefposition. Die Folge: Hier sind die Mitarbeiter noch ein ganzes Stück zufriedener als an den Universitäten.

Den Bedarf an sachkundiger Hilfe belegt der Bericht schon durch seinen Umfang: 90 Seiten benötigt er, um die Flut an Fördermöglichkeiten durch Bund, Länder und Organisationen darzustellen. Bei der Orientierung unterstützen soll künftig das Portal www.kisswin.de. Als hilfreich dürften die jungen Forscher auch einen Tipp empfinden, der sich bereits auf der achten von 285 Seiten findet: „Schaffung zusätzlicher Qualifikationsstellen und Professuren.“ Frank van Bebber

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