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Weite Steppen. Das Hochland von Tibet war bereits vor 7400 Jahren besiedelt.

© R. Shone

Keine Spur von Buddha: Steinzeitliche Siedler im tibetischen Hochland

Die Hand- und Fußabdrücke, zu denen tibetische Gläubige pilgern, hinterließen Jahrtausende zuvor Steinzeitmenschen im Kalkstein.

Bereits in der Steinzeit schätzten die Menschen offenbar die heißen Quellen von Chusang auf dem Hochland von Tibet, die bis heute buddhistische Pilger anziehen. Sie vermuten, Siddhartha Gautama und damit Buddha höchstpersönlich habe dort vor rund 2500 Jahren seine Spuren hinterlassen. Tatsächlich haben wohl zwei Kinder und vier Erwachsene ihre Füße und Hände in den weichen Kalkschlamm gedrückt, der aus dem warmen Wasser ausgefallen und innerhalb von einigen Monaten zum Travertin-Kalkstein gehärtet war. Ihre Abdrücke im Sinter sind mindestens 7400, vielleicht mehr als 12 000 Jahre alt, zeigen Michael Meyer von der Universität Innsbruck, Mark Aldenderfer von der Universität von Kalifornien in Merced und ihre Kollegen in der Fachzeitschrift „Science“.

Damit verschieben die Forscher die bekannte Geschichte des Hochlandes von Tibet nicht nur weit über die Zeit von Buddha hinaus, sondern korrigieren auch bisherige Annahmen über Bauern als erste menschliche Bewohner vor etwa 3600 Jahren. Warum aber wollten schon Jahrtausende zuvor die Menschen der Steinzeit so hoch hinauf, bis auf 4270 Meter über dem Meeresspiegel? Eine erste Antwort liefert Blütenstaub, der in dieser Zeit ebenfalls im Kalkschlamm gelandet war. Frank Schlütz vom Niedersächsischen Institut für historische Küstenforschung in Wilhelmshaven findet darin nur wenige Pollenkörner von Bäumen und Sträuchern wie zum Beispiel Wacholder aus der näheren Umgebung. Viel häufiger sind Pollen von Gräsern und Kräutern. „Die Niederschläge reichten damals wohl nicht für Wälder, sondern nur für Hochgebirgssteppen mit vielen Kräutern“, sagt der Biologe.

Für ein Sommerlager war der Weg zu beschwerlich

Auf solchen Steppen weideten Saiga-Antilopen, wilde Esel und Yak-Rinder, die geschickte Jäger erbeuten konnten. Nur rund 250 Meter und gut 900 Meter von den Fuß- und Handabdrücken entfernt fanden die Forscher dann auch an zwei Stellen Steine, die Menschen damals zu Jagdwerkzeugen gemacht hatten. In ihren Mahlzeiten landete durchaus auch Vegetarisches: „Dort wuchsen kniehohe Sanddorn-Sträucher, deren orange-rote Früchte erheblich mehr Vitamin C als Zitronen oder Orangen enthalten“, sagt Schlütz. Lange vor den Bauern hatten also die Jäger und Sammler der Steinzeit die Hochebene von Tibet besiedelt.

Wahrscheinlich lebten sie das ganze Jahr über auf dem kargen Hochland. Um tiefere Regionen zu erreichen, hätten sie zwischen 28 und 47 Tagen über die Pässe im Osten des Himalajas wandern müssen, kalkulieren die Forscher. Diese Pässe waren oft wegen heftiger Schneefälle einen sehr großen Teil des Jahres unpassierbar. Deutlich länger wäre eine Route weiter im Südosten offen gewesen. Für diesen Weg hätten die Menschen aber 41 bis 70 Tage gebraucht. Für ein kurzes Sommerlager dürfte sich die beschwerliche Wanderung mit Kind und Kegel kaum gelohnt haben. Die Abdrücke von Kinderhänden und -füßen deuten also auf eine ganzjährige Besiedlung hin.

Sie begann vor mindestens 7400 Jahren, zeigen die Forscher mit sorgfältigen Analysen von Thorium- und Uran-Isotopen in dem Travertin-Kalkstein. Mit der Kohlenstoff-14-Isotopen-Analyse wiederum finden sie ein Höchstalter zwischen 8200 und 12 670 Jahren. Auf eine solche frühe Besiedlung deuten auch Analysen des Erbguts von heute lebenden Tibetern hin. Zudem war das Klima auf dem Hochland von Tibet vor 11 500 bis 4200 Jahren feuchter als heute. Die Steppen waren daher vermutlich grüner und die Jäger und Sammler fanden mehr Beute, Sanddorn und andere vegetarische Kost.

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