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Kinder mit Geburtstagstorte aus Papier

© Kai-Uwe Heinrich

Kleinkinder: Frühe Förderung hilft ein Leben lang

Akademien fordern langfristige Investitionen in hochwertige Kita-Angebote und Familienzentren

Was ein Kleinkind lernt, beeinflusst sein Leben noch Jahrzehnte später. Investitionen in hochwertige frühkindliche Betreuungsangebote versprechen darum besonders reiche Früchte – individuell wie gesellschaftlich. Zu diesem Ergebnis kommt eine Arbeitsgruppe der Nationalen Akademie der Wissenschaften, der Acatech und der Union der deutschen Akademien (hier die gesamte Stellungnahme).

Die Wissenschaftler, ob aus der Neurobiologie, der Psychologie, der Linguistik, der Soziologie oder der Ökonomie, sind sich einig: Anlagen bestimmen den Menschen zwar und können darum auch von vornherein individuelle Möglichkeiten begrenzen. Doch gerade von frühen Erfahrungen hängt es ab, wie gut sich die vorhandenen „Strukturen des Nervensystems“ entwickeln können. „Kleinkinder durchlaufen kritische und sensible Phasen“, sagte Frank Rösler, Neuropsychologe an der Universität Hamburg und Sprecher der Arbeitsgruppe, am Donnerstag in Berlin. „Diese müssen zwingend genutzt werden.“ Später könnten bestimmte Verhaltensweisen gar nicht mehr oder bestenfalls mit Einschränkungen erworben werden.

Grundlagen für perfekte Sprachkenntnisse müssen bei Vierjährigen gelegt sein

Um „perfekt“ in einer Sprache zu werden, müssen bis zum vierten Lebensjahr deren strukturelle Merkmale erworben werden: die Aussprache, die Wortbildung und die Grammatik, erklärte der Bildungsforscher Jürgen Baumert. Sprachdefizite sollten möglichst früh angegangen werden. Und Kindern, in deren Familie nicht die Landessprache gesprochen wird, müsse diese früh verfügbar gemacht werden. Diesen Eltern müsse auch bewusst gemacht werden, dass frühe Zweisprachigkeit keinesfalls das Lernen der Muttersprache behindert. Noch bis zum Ende des sechsten Lebensjahres bilden sich die für die Sprache relevanten Hirnregionen und deren Verbindungen heraus. Schon im Alter zwischen acht und zehn Jahren wird es schwieriger mit dem Fremdsprachenlernen. Angesichts knapper Zeitressourcen für Bildung solle aber der Beherrschung der Landessprache Vorrang bei der Förderung gegeben werden, sagten die Forscher.

Impulskontrolle beeinflusst Lebensweg

Wie die Sprachkompetenzen werden auch die kognitiven Grundlagen, die „allgemeine Intelligenz“, in den Bereichen Schriftsprache, Mathematik und Naturwissenschaften früh erworben, heißt es in der Stellungnahme. Die ersten zehn Jahre seien für die schulische Entwicklung von besonderer Bedeutung. Stimmt die Qualität der Maßnahmen am Anfang, lassen sich später manche Bildungsausgaben reduzieren, sagte Katharina Spieß, Bildungsökonomin am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW).

Ob ein Kind später beruflich, sozial und gesundheitlich eine günstige Entwicklung nimmt, lässt sich den Forschern zufolge schon früh anhand seiner Fähigkeiten zur „Selbstregulation“ vorhersagen, also seiner Kompetenz darin, Impulse und Emotionen zu kontrollieren und die eigene Aufmerksamkeit zu lenken. Vorschulkinder, die hier Schwierigkeiten haben, haben später ein höheres Risiko für schulische, berufliche und soziale Misserfolge. Eine hohe Kompetenz zur „Selbstregulierung“ wird erleichtert durch eine „sichere Bindung“ schon im Säuglingsalter.

Die Forscher gehen davon aus, dass Kleinkinder am besten durch eine enge Verzahnung von Familie und Kita gefördert werden. Die Qualität der Kitas müsse verbessert werden, dazu gehörten auch kleinere Gruppen und Weiterbildungen für Erzieher. Eltern müssten Anreize bekommen, ihre unter Dreijährigen in die Kita zu schicken, und in Familienzentren gut beraten werden.

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