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Ein Vorschlag lautet: Eigene Klassen für Hochbegabte.

© dpa

KMK will leistungsstarke Schüler fördern: Jetzt sind die Hochbegabten dran

Die Kultusminister wollen jetzt auch hochbegabte Schülerinnen und Schüler besser fördern. Ein Problem: Die Lehrkräfte können das Potenzial ihrer Schüler oft nicht gut genug einschätzen.

Früh in die Schule, eine Klasse überspringen, in den Ferien ins Kreativcamp und dann Schnupperkurse an der Uni belegen: Besonders begabte Kinder werden in Deutschland vielfältig gefördert. Doch aus der Sicht der Kultusministerkonferenz (KMK) reichen die Angebote nicht aus. In vielen Ländern fehlten noch spezifische Konzepte und Lernangebote der Schulen für „leistungsstarke und potenziell leistungsfähige“ Schülerinnen und Schüler, heißt es in einer Förderstrategie, die jetzt die Kultusminister der 16 Länder bei ihrer Sitzung in Berlin beschlossen haben. Bislang werde vor allem sozial benachteiligten Kindern und Jugendlichen in der Schule geholfen, sagt KMK-Chefin Brunhild Kurth (CDU), Bildungsministerin in Sachsen. Jetzt sei es an der Zeit „Talente nicht verkümmern zu lassen“. „Auch das gehört für mich zur Bildungs- und Chancengleichheit“, sagt Kurth. Ähnlich hat sich kürzlich auch Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) geäußert.

Defizite bei der Begabtenförderung

Dass es trotz der zahlreichen Möglichkeiten, Hochbegabte und gute Schüler auf besondere Weise zu unterstützen, Defizite bei der Begabtenförderung gibt, liest die KMK etwa aus der Pisa-Studie ab. Während es Deutschland im internationalen Vergleich gelungen ist, etwa in Mathematik den Anteil der leistungsschwächeren Jugendlichen von 21,6  Prozent (2003) im Jahr 2000 auf 17,7 Prozent (2912) zu verringern, stagniert die Gruppe der Leistungsstarken bei 17 Prozent. In etlichen anderen Pisa-Teilnehmerstaaten dagegen sind die Leistungsschwachen und -starken gleichermaßen vorangekommen. Mit der gemeinsamen Förderstrategie der Länder soll das nun auch in Deutschland gelingen.

„Der Standort Deutschland braucht in wirtschaftlicher und wissenschaftlicher Sicht diese leistungsstarken jungen Menschen“, sagt Kurth. Darüber seien sich die Kultusminister über die Parteigrenzen hinweg einig. „Ein bildungspolitischer Schlagabtausch“, wie früher beim Thema „Elite“ üblich, sei in der KMK ausgeblieben. „Es geht auch nicht um die Förderung der Gutbetuchten, sondern um die Gesamtheit eines Jahrgangs.“

Eigene Klassen, Feriencamps für Leistungsstarke

Die Länder wollen sich jetzt über ihre besten Förderinstrumente austauschen, ihre Angebote verbreitern und vorantreiben. Die bereits etablierten Instrumente reichen von der Hochbegabtenberatung für Schüler und Eltern über eigene Schulen oder Klassen bis zu Feriencamps, in denen die Überflieger mit besonders anspruchsvollen oder kreativen Aufgaben „gefüttert“ werden. Die bekommen leistungsstarke Schüler auch im regulären Unterricht, viele Schulen bieten zudem eigene Lerngruppen und AG’s an, kooperieren mit Schülerlaboren und Schülergesellschaften an den Universitäten. Werden große Talente schon in der Kita erkannt, können sie früher eingeschult werden und später Klassen überspringen. „Jedes Land muss jetzt schauen, was bei den Förderstrategien noch fehlt“, sagt Kurth.

Bundesweiten Nachholbedarf sehen die Kultusminister bei der Diagnosefähigkeit der Lehrkräfte. Sie wollen die Lehrerbildung an den Hochschulen entsprechend weiterentwickeln. Denn sie sind es, die das Potenzial der Schülerinnen und Schüler einschätzen, bevor sie Profile mit ihren besonderen Stärken und Interessen erstellen, ihnen individuell herausfordernde Aufgaben geben und sie zur Teilnahme an Schülerwettbewerben motivieren. Wenn eine Förderung ausbleibt, könnten unterforderte Kinder und Jugendliche die Lust zum Lernen verlieren oder ein schwieriges Sozialverhalten entwickeln, warnen die Kultusminister in ihrem Strategiepapier.

Philologenverband fordert Zusatzbudgets

Ziehen die Länder nun mit dem Bund an einem Strang? Johanna Wanka hat unlängst im Interview mit der „Zeit“ angeboten, verschiedene Instrumente der Begabtenförderung könnten mit Unterstützung des Bundes auf ihre Wirkung hin getestet werden, bevor sie in die Schulen kommen. Dies weist Kurth zurück: „Dazu haben wir keine Zeit, wir möchten gleich mit der Umsetzung beginnen.“ Wissenschaftliche Begleitstudien sollten parallel laufen. Kurth will jetzt auf Wanka zugehen, um zu sondieren, wo der Bund „in finanzieller und personeller Hinsicht helfen kann“. Der Vorsitzende des Deutschen Philologenverbandes, Heinz-Peter Meidinger, forderte ein Ende der Begabtenförderung „nach Kassenlage“. Jede Schule bundesweit brauche ein Zusatzbudget von Unterrichtsstunden, um begabte Schüler gezielt fördern zu können.

Auf ihrer Sitzung berieten die Kultusminister zudem, wer künftig die Verhandlungen mit dem zur Frage der Finanzausstattung der Universitätsklinika führt. Neue Verhandlungsführerin wird die Berliner Wissenschaftssenatorin Sandra Scheeres (SPD) sein, für Länder verhandelt ebenfalls die Ministerinnen und Minister aus Bayern, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Hamburg.

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