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Ungefährlich. Anders als Röntgenstrahlen gelten Terahertzwellen als harmlos für menschliches Gewebe und werden deshalb bei Sicherheitskontrollen eingesetzt.

© ddp

Körperscanner: Durchblick mit Terahertz

Terahertzwellen eröffnen ganz neue Möglichkeiten in vielen Forschungsgebieten. Mit der Technik aus dem "Nacktscanner" können sogar Moleküle und Galaxien erforscht werden.

Airport Hamburg, vor wenigen Wochen. Der erste Körperscanner an einem deutschen Flughafen nimmt seinen Pilotbetrieb auf. Die Passagiere werden mit Terahertzwellen beleuchtet, die Strahlen durchdringen die Kleidung mühelos und werden reflektiert. Aufgefangen von empfindlichen Sensoren, entsteht ein Bild, auf dem die Kontrolleure versteckte Waffen und Plastiksprengstoff, Flüssigkeiten und Drogen erkennen können. Ohne Metalldetektor und Abtasten wird so der Sicherheitscheck gründlicher und schneller.

Aber die Geräte machen auch die Konturen des Körpers detailgetreu sichtbar. Die Intimsphäre der Fluggäste scheint massiv gefährdet. Um Proteste gegen diese „Nacktscanner“ zu entkräften, erscheint von jeder gescannten Person kein entblößendes Abbild, sondern nur ein Strichmännchen auf dem Bildschirm. Die nackten Rohdaten des Körperscanners werden unmittelbar nach der Durchleuchtung wieder gelöscht.

Viele Menschen fürchten bei dem Gedanken an eine Bestrahlung um ihre Gesundheit. In diesem Fall vermutlich zu Unrecht. „Terahertzstrahlung ist für den Menschen unschädlich“, sagt Elmar Wagner, Terahertz-Forscher und Direktor des Fraunhofer-Instituts für Physikalische Messtechnik IPM in Kaiserslautern. Die Energie der Terahertzwellen reicht gerade dazu aus, um die Moleküle an der Körperoberfläche in Schwingung zu versetzen, zerstört werden sie nicht. Das unterscheidet die Terahertzwellen grundsätzlich von Röntgen oder radioaktiver Strahlung. Im elektromagnetischen Spektrum finden sich Terahertzstrahlen zwischen Infrarot- und Mikrowellen. Sie haben eine Wellenlänge zwischen einem Millimeter und einem Zehntelmillimeter.

Was bei lebenden Menschen funktioniert, kann für Leichen nicht verkehrt sein. Das dachten sich Forscher von den Universitäten in Freiburg und Zürich und entwickelten einen Terahertzscanner für Mumienteile. Viel schonender als mit Röntgenstrahlung konnten sie so zerstörungsfrei in das Innere einer 3000 Jahre alten mumifizierten Hand schauen. Da kein wasserreiches Gewebe die Strahlung verschluckte, drang ihr Terahertz-Blick sogar bis auf die Knochen. Mit den Wellen lassen sich auch Amulette oder Waffen durch die Bandagen einer noch komplett einbalsamierten Mumie erkennen. In Zukunft wollen die Wissenschaftler die empfindlichen Leichname mit einem größeren Terahertzscanner komplett durchleuchten.

Doch allein für Körperscanner und Archäologen wäre die Strahlung viel zu schade. „Mit den Terahertzwellen hat sich ein ganz neues Fenster aufgetan“, sagt Martina Havenith-Newen von der Ruhr-Universität Bochum. So enträtselte ihre Arbeitsgruppe mit der Strahlung einen lange mysteriösen Überlebenstrick von Fischen im antarktischen Eismeer. Damit den Seehechten in dem knapp minus zwei Grad kalten Wasser nicht das Blut in den Adern gefriert, zirkulieren spezielle Proteine durch ihren Kreislauf. Dieses natürliche Frostschutzmittel geht zwar keine Bindungen mit Wasser ein, verändert aber allein durch seine Gegenwart die Bewegungen der Wassermoleküle und unterdrückt so das Erstarren zu festem Eis. „Diesen Tanz der Moleküle konnte man erstmals mit Terahertzwellen sehen“, sagt Havenith-Newen.

Das gelüftete Fischgeheimnis ist nicht nur für Biologen, sondern auch für die Pharmaindustrie interessant. Denn viele biologisch aktive Substanzen führen zu weitreichenden Änderungen in Wassernetzwerken und damit auch im Blut. Genau diese Änderungen lassen sich mit Terahertzwellen besser analysieren als mit anderen Methoden. „Wir erhalten einen neuen Blick auf die Wirksamkeit von Arzneien“, sagt Havenith-Newen. Und damit ein vielversprechendes Werkzeug, neue Medikamente zu entdecken.

Selbst für Arzneien, die sich bereits im Handel befinden, können die Terahertzwellen, nützlich sein. Durch die Packung hindurch liefern die reflektierten Wellen eine Art Fingerabdruck der enthaltenen Substanzen und Hilfsstoffe. „Fälschungen können damit enttarnt werden“, sagt der Fraunhofer-Forscher Elmar Wagner.

Er prognostiziert noch weitere Anwendungen in der Technik. „Mit Terahertzwellen sehen wir andere Dinge als im sichtbaren Licht oder im nahen Infrarot oder im Röntgenbereich.“ Schnell, zuverlässig und zerstörungsfrei kann der Zustand von trockenem Mauerwerk oder die ordentliche Anordnung von Waren in einer Verpackung geprüft werden.

Profitieren wird auch die boomende Branche des Leichtbaus, sei es für Flugzeuge, Autos oder Schnellzüge. Denn mit neuen Werkstoffen, die nicht verschweißt oder verschraubt werden, avanciert das Kleben zu einer immer wichtigeren Technik. „Terahertzstrahlung ist das ideale Werkzeug, um die Qualität von Klebeverbindungen zu prüfen“, sagt Wagner.

Damit diese zahlreichen Anwendungen einsatzreif werden können, suchen Wissenschaftler weltweit nach immer stärkeren und zugleich kleineren Terahertzquellen. Grundlage für den heutigen Terahertz-Boom ist ein Durchbruch aus der Mitte der 1990er Jahre. Damals gelang es erstmals, mit extrem kurzen Lichtpulsen eines Lasers elektrische Ladungen in einem Halbleiter so anzuregen, dass dieser Terahertzwellen aussendete. Aufbauend auf diesem Erfolg, könnten in fünf bis zehn Jahren preiswerte Diodenlaser, die heute sichtbares Licht in jedem DVD-Spieler erzeugen, bis in den begehrten Terahertzbereich getunt werden.

Parallel zu den Terahertzsendern geht auch die Entwicklung hoch empfindlicher Empfänger voran. Die sind vor allem von Astronomen gefragt. Denn Terahertzempfänger gewähren Einblicke in die Kinderstube von Sternen und Galaxien. An Bord des im Mai 2009 gestarteten Satelliten „Herschel“ fangen drei Instrumente Terahertzstrahlung auf. Die registrierten Signale liefern Hinweise auf das Entstehen von Planetensystemen, die Geschichte unseres eigenen Sonnensystems und die chemische Zusammensetzung von Molekülwolken, Sternen und Galaxien.

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