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Kolumne: Aha: Warum knallt die Peitsche?

Die Eröffnungsfeier begann mit einem Knaller. Meterlange Peitschen schwingend, liefen die Lederhosen-Männer zum Mittelkreis des Fußballfelds, setzten Vor- und Rückhandschläge zur Musik: "Goaßlschnalzer".

Bis zur Fußball-Weltmoasterschaft 2006 hatte ich so etwas noch nie gesehen. Geißelschläge aber kannte ich aus der Biologie: Spermien haben ein Köpfchen und einen Schwanz, die Geißel, die sie asymmetrisch hin und her schwingen. Mit dynamischen Schlägen durchqueren die schnellsten Spermien die Gebärmutter binnen Minuten.

„Goaßlschnalzer“ haben eine ausgefeilte Technik. Sie können ein Seil, das an einem biegsamen Stecken befestigt ist, so schwingen, dass sich darin eine u-förmige Schlaufe bildet. „Diese Schlaufe wandert bis zum Peitschenende weiter“, sagt Joachim Scheuren, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Akustik. „Die ganze Energie des Schlags konzentriert sich in einem kleinen Endstück.“

Mit erstaunlichen Folgen. Denn zusätzlich wird die Schlaufe dadurch beschleunigt, dass sich die Schnur zur Spitze hin verjüngt. Öffnet sich die Schlaufe schließlich, kann das Endstück so schnell werden, dass die Schallmauer durchbrochen wird. „Es entsteht ein Überschallknall.“

Schall resultiert aus einer Änderung des Luftdrucks. Wer in die Hände klatscht, verdrängt die Luft zwischen den Handflächen. Die plötzliche Verdichtung der Luft breitet sich aus und gelangt mit einem Tempo von 330 Metern pro Sekunde, der Schallgeschwindigkeit, an unser Ohr.

Es gibt Geräuschquellen, die sind schneller als der von ihnen erzeugte Schall, etwa Kampfflugzeuge. Sie ziehen eine kegelförmige Druckwelle hinter sich her, den Überschallknall. Das Ende der Peitsche kann eine ähnliche Schockwelle hervorrufen. „Früher glaubte man, dass es ausreicht, mit dem Ende in den Überschallbereich vorzudringen“, sagt Scheuren. Neue Messungen haben ergeben, dass der satte Peitschenknall erst zu hören ist, wenn das lose Ende etwa doppelte Schallgeschwindigkeit erreicht. „Goaßlschnalzen“ ist also die Kunst, musikalische Rhythmen mit Höchstgeschwindigkeit in die Luft zu peitschen.

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